Wirtschaft/Karriere

Ing. und Dipl. Ing: Der Ingenieur hat’s schwer

In Österreich gibt es den Ingenieur. Und den Diplom-Ingenieur. Klingt ähnlich, ist aber etwas ganz anderes. Im Vergleich zum akademischen Titel, dem Dipl.-Ing., hat es der einfache Ing. in seiner Geltung nach wie vor schwer.

Wie alles begonnen hat: Am 14. März 1917, vor 100 Jahren, wurde per kaiserlicher Verordnung die Berechtigung zur Führung der (rechtlich geschützten) Standesbezeichnung "Ingenieur" festgelegt. Schon damals bezeichnete der Titel keinen akademischen Grad. Berechtigt zur Führung waren Absolventen der sogenannten 2. Staatsprüfung an den Hochschulen, die von einer gemischten Kommission aus Professoren und staatlichen Prüfern abgenommen wurde, aber auch Absolventen von Baufachschulen und bestimmter höherer Gewerbeschulen. Erst ab 1938 gesellte sich der Diplomingenieur dazu, er wurde den Hochschulabsolventen einer technischen Fachrichtung verliehen. Den Absolventen der technischen Schulen blieb nach der Reifeprüfung der Titel Ingenieur.

Österreichische HTL-Absolventen betonen, dass ihre Qualifikationen mit Hochschulabschlüssen in anderen Ländern vergleichbar sind. In Österreich gelten sie auch heute nicht als Akademiker (weil ja ohne Studium). Derzeit ist es so, dass alle HTL-Absolventen den Ingenieur-Titel beantragen können, wenn sie eine mindestens dreijährige Praxis nachweisen können.

Aufwertung Mit 1. Mai ist nun ein neues Ingenieurgesetz in Kraft getreten. Dieses lässt den Ausbildungsweg zum Ingenieur unverändert, ordnet den Abschluss im Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) aber auf Stufe sechs ein – auf der gleichen Ebene wie den Bachelor. Statt einer Standesbezeichnung ist der Titel nun eine Qualifikationsbezeichnung, also ein Bildungsabschluss. Damit wurde der Titel aufgewertet, gleichzeitig ist eine paradoxe Situation eingetreten: Zwar wird der Ingenieur-Titel dem Bachelor für den EQR gleichgestellt. Andererseits berechtigt dieser nicht zum Beginn eines Master-Studiums.