Homeoffice-Profi Anitra Eggler: "Du führst dich selbst"
Von Ornella Wächter
Sich jeden Tag in Selbstdisziplin zu üben, ist gar nicht so leicht. Im Homeoffice schleichen sich daher schnell schlechte Gewohnheiten ein. Im KURIER-Interview erklärt Autorin Anitra Eggler, wie das Arbeiten von zu Hause gelingen kann.
KURIER: Sie haben während der Ausgangsbeschränkungen ein neues Buch geschrieben – den Home-Office Survival Guide: Warum fühlt sich die Arbeit von zuhause tatsächlich so an: Nach einem Überlebenskampf?
Anitra Eggler: Für Neulinge fühlt sich das Homeoffice wie ein Überlebenskampf an, weil diese Menschen aus ihrer Arbeitskomfortzone rauskatapultiert wurden in einen regel- und strukturfreien Raum, den sie sich zusätzlich noch mit Kleinkindern, Haustieren und dem Partner teilen müssen – der dort jetzt auch Vollzeit arbeiten will, weil er muss. Die alten Homeoffice-Hasen sind meist selbstständig. Sie kämpfen durch die Coronakrise oft mit wirtschaftlichem Druck, hier geht es für viele ums Überleben, das hat aber nichts mit dem Homeoffice, sondern mit der Wirtschaftskrise zu tun.
Pyjamahose, ungewaschene Haare, unregelmäßige Mahlzeiten – warum verwahrlosen wir im Homeoffice?
Weil wir es können. Warum gehen Menschen ans Telefon, um zu sagen, dass sie nicht rangehen können? Weil sie es können. Das ist nicht smart, aber sehr menschlich. Sobald ein soziales Korrektiv fehlt, kann sich auch destruktives oder dummes Verhalten frei entfalten.
Sie haben zwölf erfolgsentscheidene Skills fürs Homeoffice definiert. Welche sind unabdingbar?
Alle Skills sind wichtig. Es kommt auf die eigene Persönlichkeit an. Ich habe mit meinem Bruder einen Test entwickelt, der eine Antwort auf die Frage gibt, welcher Homeoffice-Typ man ist. Dementsprechend verschieden sind die individuellen Chancen und Herausforderungen. Ein strukturierter Mensch hat per se bessere Selbstmanagement-Skills, fühlt sich aber durch die Strukturlosigkeit im Heimbüro und durch die Vermischung von Arbeit und Privatleben verunsichert. Für diese Menschen sind Regeln wichtig. Ein Freigeist hingegen tut sich schwer mit Selbstmanagement und fokussiertem Arbeiten.
Freizeit und Arbeit verschwimmen daheim. Wie schafft man es vom Arbeitsmodus in den Feierabendmodus zu wechseln?
Hier empfehle ich das Kofferbüro: Alles, was Büro ist, in einen Reisekoffer packen. Koffer schließen. Dann einen kleinen Spaziergang oder eine Runde Sport einlegen, das hilft sehr beim Switchen von einem in den anderen Modus. Und alle, die bis dato noch nicht geduscht hatten, können das jetzt nachholen oder noch besser, sich ein Schaumbad gönnen und den Arbeitstag abwaschen.
Welche anderen Helfer gibt es noch, für einen organisierten und produktiven Arbeitsalltag?
Eine strikte Morgenroutine und ein striktes Abendritual. Ich meditiere jeden morgen zehn Minuten, lese zwei Seiten Weisheiten als Inspiration für den Geist, schreibe To-Dos in meinen Kalender und starte mit der unangenehmsten Aufgabe. Zudem sind regelmäßige Deep-Work-Phasen wichtig, bei deinen man für 15 Minuten alle Störungen – Internet, Handy, Kinder, Partner – abschaltet und konzentriert arbeitet.
Die Homeoffice-Phase hält nun seit Wochen an. Wie hält man sich weiter bei Laune?
Im Homeoffice führst und motivierst du dich selbst. Meine Tipps: Stelle auf deinem Schreibtisch Dinge auf, die dich an Glücksmomente erinnern. Ich habe ein Bild von meinem Lieblingsmeerblick so platziert, dass ich jederzeit Kraft an der Horizontlinie tanken kann. Auch Musik hilft. Ich habe auf Spotify individuelle Listen für alle Lebens- und Arbeitslagen angelegt. Wenn dir eine Aufgabe sehr widerstrebt – fordere dich heraus. Setze dir ein Ziel. Wenn du es erreichst, belohne dich.
Buchtipp:
Anitra Eggler: Home Office Survival Guide: Effektiv, erfolgreich und entspannt zuhause arbeiten.
Der Ratgeber liefert Tipps rund um die Themen Zeit-Management, Produktivität, Motivation und digitale Kommunikation. Like Publishing, 14,95 Euro.
Alle Infos zum Buch und ein Homeoffice-Typ-Test: homeofficesurvivalguide.com