Wirtschaft/Karriere

Grundlagenwissen gegen Effizienz

Der erste Computer an der Universität Linz hatte 16 Kilobyte. Als Heinz W. Engl, Rektor der Universität Wien, 1971 Technische Mathematik zu studieren begann, „war das eine völlig andere Welt als heute“. Dennoch: „Was die Universität damals an Wissen vermittelt hat, war relativ zeitloses Grundlagenwissen.“ Von dem Engl auch viele Jahre später profitierte.

Der KURIER lud zum zweiten Mal zum Talk „Universität Wien im Gespräch“. Die Vermittlung von Grundlagen sei die primäre Rolle eines Universitätsstudiums, sagte der Rektor am Podium im Festsaal der Universität Wien, sie liefere nicht das schnelle Wissen, das die Industrie morgen brauche.

Angebot und Nachfrage

Gerade darin ortete Claus Raidl, Präsident der Österreichischen Nationalbank, der sich selbst als „Anhänger des verschulten FH-Systems“ bezeichnete, ein Grundproblem: „Die Frage ist: Bilden die Schulen und Hochschulen das aus, was die Menschen für ihren Beruf brauchen?“ Schnell war man bei der Diskussion Fachhochschule gegen Uni. Die Universitäten lehrten forschungsgeleitet, die FH praxisorientiert. „Es will nicht jeder Forscher werden. Die Jahre, die man an der Universität verbringt, kann man vielleicht anderswo gewinnbringender verbringen.“ Die Wissenschaft in Österreich sei von Egomanie gelenkt, die Universitäten sollten sich auf die Grundlagenforschung konzentrieren. Heinz W. Engl warb mit der aktuellen AbsolventInnenstudie der Uni Wien das Unistudium: Spätestens vier Monate nach Studienabschluss könnten die Absolventen eine Anstellung vorweisen. Raidl plädierte auch für Zugangsregelungen: „Wir werden von der Politik für dumm verkauft. Aufnahmensbeschränkungen sind an der FH gang und gäbe, an den Unis tabu.“ Susanna Zapreva, Geschäftsführerin der Wien Energie, verteidigte die Unis: „Mir scheint, sie müssen heute alles sein. Es ist aber falsch zu sagen, wenn ich die Uni verlasse, muss ich bereits alles können.“ Die Universität vermittle die Fähigkeit, Probleme zu lösen. Um sich in ein Thema zu vertiefen, sei danach Weiterbildung nötig.

„Die Jahre an der Universität kann man anderswo gewinnbringender verbringen.“ Claus RaidlPräsident der Österr. NationalbankRektor Engl pochte auf die zunehmende Wichtigkeit interdisziplinärer Ausbildungen: „Hier bieten wir als Universität breite Ausbildungsmöglichkeiten.“

Christian Müller-Uri, Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes, sprach vom hohen Bedarf an Pharmazeuten, verteidigte das Pharmaziestudium an den Universitäten: „Dass diese breiten Inhalte – Biologie, Chemie, Pflanzenkunde – auch an der Fachhochschule möglich wären, bezweifle ich.“ Auch Gerhard Riemer, Bildungsexperte der Industriellenvereinigung, plädierte dafür, die Fachhochschulen wegen ihrer Praxisorientierung weiter auszubauen. „Es gibt keine Alternative dazu.“ Grundlagenforschung sei dennoch wichtig, räumte er ein: „Ob Klimawandel oder der Bereich Kommunikationstechnologien – es gibt nichts, was man ohne Grundlagenforschung in den Griff bekommt.“

Auf die Frage von Moderatorin und stv. KURIER-Chefredakteurin Martina Salomon, ob ein Technikstudium den Weg ins Management ebne, sagte Zapreva: „Das Studium alleine genügt nicht, aber es ist eine gute Basis. Man muss zielstrebig sein, ein Organisationstalent.“

Die richtige Auswahl und Kombination von Studienrichtungen sei wichtig, um später gute Chancen am Jobmarkt zu haben, meinte Alexandra Fox, Sinologin und Wirtschaftswissenschaftlerin: „Ich dachte, die Wahl meiner Studien sei für eine internationale Position sinnvoll.“ Zu Recht – sie arbeitet heute beim Feuerfest-Unternehmen RHI-AG. Junge Absolventen mit Ambition zur internationalen Tätigkeit müssten flexibel sein, meinte sie: „Man muss sich präsentieren können, klar kommunizieren, was man möchte.“

Abschließend fragte Moderatorin Martina Salomon nach den Branchen mit den besten Jobmöglichkeiten. Genannt wurden Neue Technologien, Erneuerbare Energien, Umweltberufe, Gesundheitsberufe. Raidl meinte: „Sie können in jeder Branche gutes Geld verdienen.“ Die Frage sei: „Wie kann man die Leute so ausbilden, dass sie die Herausforderungen auf ihrem Gebiet bewältigen können.“