Wirtschaft/Karriere

Glück im Job suchen: Sollte man das überhaupt?

152.000.000 Ergebnisse findet die Internet-Suchmaschine, gibt man das Wort Glück ein. Nur mehr 56.200.000 sind es, wenn man die Suche auf „Glück im Job“ einschränkt. Dieser Logik folgend, könnte man meinen: Glück in der Arbeit zu finden, kommt gar nicht mal so häufig vor. Jedenfalls scheint es in der virtuellen Welt nicht so viele Möglichkeiten zu geben, nach diesem zu suchen.

In der realen Welt ist das Bedürfnis, Glück zu erfahren und dadurch langfristig so etwas wie Zufriedenheit zu finden, tief in uns verankert. Das Streben nach Glück hält mit Karriereratgebern und Lebensberatern ganze Branchen am Leben, in den USA ist es gar Menschenrecht. Hierzulande ist Glück vor allem ein Vogerl, wie es der Wiener Schriftsteller und Liedermacher Alexander von Bisczo einst besungen hat: Es ist schwer zu fangen, fortgeflogen ist es aber gleich.

Glücksphänomen oft erforscht

Die Wissenschaft findet jedenfalls Gefallen am Glücksphänomen. Aus der Studienvielfalt geht recht klar hervor, wodurch man froh wird. Es sind wenige Faktoren: eine funktionierende Beziehung, eine erfüllte Freizeit, Gesundheit. Mehr Geld im Leben zu haben, steht meist hinter diesen immateriellen Einflüssen. Und wie findet man Glück im Job? Macht es überhaupt Sinn, ausgerechnet in der Arbeit welches zu suchen? „Es ist durchaus legitim – schließlich verbringen wir in mehr Zeit dort als mit unseren Freunden und Familien. Man muss den Begriff Glück aber herunterbrechen, sonst ist es so, als würde man Pudding an die Wand nageln“, sagt der deutsche Betriebswirt, Ökonom und Autor Martin-Niels Däfler. Er und Social-Media-Experte Ralph Dannhäuser tun das in ihrem Buch „Glücklicher im Beruf“, indem sie arbeitende Menschen in vier Glücks-Kategorien einteilen: Die materiell und immateriell Zufriedenen im Job – das sind die Superstars; jene, die materiell zufrieden sind, aber immateriell zufriedener sein könnten – die Söldner; jene, denen es mit den immateriellen Umständen gut geht, die das Materielle aber vermissen – die Surflehrer; und jene, die mit beiden Faktoren unzufrieden sind – die sogenannten Sklaven der Arbeit.

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„Je nachdem, in welchem Quadranten man sich befindet, hat man andere Glücksbedürfnisse“, sagt er im KURIER-Gespräch. Einen pauschalen Pfad zum Jobglück für alle gäbe es nicht. Das Gute sei aber: Wir verändern uns ständig, unsere Persönlichkeit ist nie fertig. 50 Prozent unserer Grundeinstellungen sind determiniert, wir bringen sie in unseren Genen mit. Zehn Prozent formt unsere Umwelt – in diesem Rahmen sind wir durch Faktoren wie ein gutes Betriebsklima, Wertschätzung des Vorgesetzten, ein gutes Gehalt und die Übereinstimmung mit den Unternehmenswerten, beeinflussbar. 40 Prozent hängen allerdings von unserer ganz persönliche Einstellung ab. „Manchmal reicht es, bewusst die Perspektive zu ändern.“ Leicht gesagt – aber wie umsetzen?

Glück ist Arbeit

Sein persönliches Jobglück zu finden, ist Arbeit. Harte Arbeit, meint Glückstrainerin Katharina Mühl. „Wir sind Meister darin, Probleme zu sehen. Wir trainieren öfter unser Ärgerzentrum im Hirn als unser Glückszentrum“, sagt sie. Das sei evolutionär bedingt – Probleme und Gefahren zu erkennen, hat in der Steinzeit viele Menschenleben gerettet. Um gute Laune müssten wir uns heute aktiv bemühen. Dadurch würde, so banal das scheint, unser verschlafenes Glücksempfinden angekurbelt. „Es funktioniert wie Muskeltraining“, sagt Mühl. Für das Work-out empfiehlt sie etwa: Vor dem Schlafengehen drei Dinge in ein Tagebuch schreiben, die einem in der Arbeit Freude bereitet haben. „Das schärft die Aufmerksamkeit für das Gute“ – und macht uns sukzessive glücklicher.

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Geld macht übrigens nur bedingt glücklich. Einer Studie nach steigert sich das Wohlbefinden ab einem Einkommen von 60.000 Euro im Jahr nicht mehr. „Wenn ich aber 1200 Euro verdiene und 100 Euro mehr bekomme, macht mich das glücklicher, als wenn ich das Doppelte verdiene und 100 Euro obendrauf bekomme“, sagt Glückstrainerin Mühl. Autor Martin-Niels Däfler findet, Glück im Job zu suchen sei in der Gesellschaft ein immer präsenteres, nach wie vor aber eher ein Orchideenthema: „Wirklich unglücklich macht es Menschen, gar keinen Job zu haben.“

Jeder Dritte arbeitet im falschen Job

650.000 Menschen in Österreich sind überqualifiziert, 500.000 unterqualifiziert

Es sind Zahlen, die stutzig machen: Ein Drittel der Österreicher arbeitet im falschen Job. Heißt: Jeder Dritte ist  entweder über- oder unterqualifiziert für die Tätigkeit, mit der  er sein Geld verdient. Das zeigt der neue, am Dienstag veröffentlichte Arbeitsklimaindex der Arbeiterkammer. Konkret bedeutet das, dass  rund 500.000 Menschen  in Österreich einen Job machen, für den sie formal nicht geeignet wären –  das ist etwa dann der Fall, wenn sie  sich ohne einen Lehrabschluss in eine Position hocharbeiten, für den  sie eigentlich einen Lehrabschluss bräuchten.  „Unterqualifiziert zu sein, heißt jedoch nicht, nicht geeignet zu sein“, betont AK-Oberösterreich Präsident Johann Kalliauer bei der Pressekonferenz. „Es  werden nur die Formalqualifikationen  gemessen.“ Dennoch ergäben sich für  Unterqualifizierte Nachteile. Etwa  beim nächsten Karriereschritt  – es fehlt schlicht die Qualifikation im Lebenslauf – oder beim Jobwechsel, bei dem man möglicherweise niedriger eingestuft wird.

650.000 überqualifiziert

Gleichzeitig sind auch 650.000 Menschen in einem Job, für den sie eine zu hohe Vorbildung haben – Tendenz steigend. Das ist etwa dann der Fall, wenn Akademiker mit dem Taxi fahren, am Bau arbeiten oder im Verkauf tätig sind. Auffallend oft findet sich Überqualifizierung in Österreich in der Kultur, IT, den Medien und der Telekommunikation, in der Gastronomie oder im Dienstleistungssektor. Vor allem  Arbeitslose entscheiden sich dafür, so einen Job anzunehmen – es  sei besser, als ohne Beschäftigung zu bleiben.  Auch Wiener Arbeitnehmerinnen,  Migranten und Teilzeitbeschäftigte arbeiten vermehrt in Jobs, für die sie überqualifiziert sind.  Das bringt  Nachteile für die Wirtschaft mit sich – das Potenzial der höher gebildeten wird nicht ausgeschöpft und es wirft die Frage auf, ob sich  Investitionen in eine höhere Ausbildung lohnen . Zudem schafft es auch viel Frust für die Menschen im „falschen Job“.  Je höher der Bildungsgrad, desto unzufriedener ist man in einem Job, der einem nicht gerecht wird, mit Einkommen, Aufstiegsmöglichkeiten und  sozialer Position.  „Man vergleicht sich dann nicht mit Kollegen aus dem beruflichen Umfeld, sondern mit Kollegen aus der Ausbildung. Und sieht, dass man nicht das Gleiche erreicht hat“, sagt Daniel Schönherr, Sozialforscher bei Sora. Das wiederum kurbelt den Jobmarkt an: Ein Drittel jener, die überqualifiziert sind, möchten im kommenden Jahr den Job wechseln.