Wirtschaft/Karriere

Generationen in der Arbeitswelt: Ich bin mein Broterwerb

„Wenn ich groß bin, werde ich Astronautin.“ Worte, die womöglich jeder schon einmal gehört hat. Oder eine prognostizierte Selbstdefinition, die vom jüngeren Ich sogar selbst formuliert wurde. So bekannt diese Worte auch sein mögen, noch vor einiger Zeit wurde man in seinen Beruf einfach hineingeboren. Wenn der Vater Schneider war, wurde man selbst Schneider. Später, als aus dem Handwerk die Fabriksarbeit wurde, schaffte man sein ganzes Leben lang für dasselbe Unternehmen.

Und heute?

Mittlerweile gehören Jobhopping, Umschulungen und Weiterentwicklung dazu – man ist immer auf der Suche nach der passenden Aufgabe für das eigene Ego. Arbeit ist heute mehr als nur Mittel zum Zweck. „Sie ist bedeutend für unsere Selbstdefinition, denn sie strukturiert den Tag und sorgt für den Erwerb, der die Teilhabe am Leben ermöglicht“, sagt die Linzer Psychologin Christa Schirl.

„Durch die Arbeit erlebt man sich selbst wirksam, und erkennt, dass man selbst Sinn macht“, so Schirl im KURIER-Gespräch weiter. Natürlich sind dabei Trends zu erkennen, sagt die Psychologin. „Sinnstiftung ist wieder voll im Kommen“, stellt sie anhand ihrer Beratungserfahrungen fest.

Während in den 60er-Jahren gearbeitet wurde, um die Familie zu ernähren und sich eine Existenz aufzubauen, müssen das die Jüngeren meist nicht und fokussieren sich auf den tieferen Sinn ihrer Arbeit. Sie identifizieren sich eher mit einer sinnhaften Aufgabe, als mit dem Arbeitgeber.

„Für Mitarbeiterbindung hat es früher ausgereicht, dass Beschäftigte stolz waren, für Unternehmen wie Daimler oder Siemens zu arbeiten. Dies alleine reiche heute nicht mehr, sagt Dieter Kern, Leiter der People &Organisation Excellence Practice der internationalen Unternehmensberatung Mercer. Wer mit dem Chef oder Team unzufrieden ist und sich nicht identifiziert, der wechselt.

Identifikation mit dem Job

Denn die Identifikation mit dem Job, nicht so sehr mit dem Arbeitgeber, ist wichtig für den Erfolg. Schirl erklärt: „Ein Job, mit dem man sich identifiziert, muss zu den eigenen Werten passen. Nur wenn das Wieso, das Was, das Mit-wem, das Wo und das Wie zum Individuum passen, kann man sich identifizieren und erfolgreich sein.“

Wichtig ist dabei, „dass die Aufgabe auch die persönliche Mission erfüllt.“ Diese Parameter verändern sich über die Zeit, zwischen den Individuen, aber auch zwischen den Generationen, so die Psychologin. Mittlerweile ließe sich feststellen, dass viele jüngere Arbeitskräfte andere Prioritäten und Erwartungen an die Arbeit stellen als ältere: Freizeit versus Sicherheit.

Auch durch die Verlängerung der Arbeitszeit bis zur Pensionierung fänden sich heute in einer Firma bis zu vier Generationen gleichzeitig, und alle bärchten unterschiedliche Lebens- und Arbeitseinstellungen mit, erklärt Dieter Kern von Mercer. Das birgt Herausforderungen für den Arbeitgeber – aber dazu später.

Die Definitionen der Generationen sind umstritten, sowohl deren Gültigkeit als auch deren zeitliche Abgrenzungen trifft selten auf Konsens unter den Wissenschaftern. Generationsbezeichnungen wie die sogenannten Babyboomer, Generation X, Y und Z teilen bestimmte Merkmale und Eigenschaften einer Gruppe von Menschen zu, die innerhalb eines gewissen Zeitraums geboren wurden. Diese grobe Verallgemeinerung trifft oft auf wenig Gegenliebe, obwohl sie wichtige Orientierungshilfen für Personalmanager sind, erklärt Helene Einramhof-Florian, Organisations- und Personalentwicklerin.

Die unterschiedlichen Generationen

Generell gilt, eine Generation ist eine Alterskohorte, in der erwiesenermaßen Übereinstimmungen in Ansichten, Präferenzen und Spannungsfeldern erkennbar sind. Babyboomer, deren Geburtsjahr laut der Expertin zwischen 1946 und 1964 liegt, sind besonders stabilitätssuchend und werden in den nächsten zehn bis 15 Jahren aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden.

Gleichzeitig tauchen bereits erste Vertreter der jüngsten Gruppe, Generation Z, in Betrieben auf. Sie sind heute zwischen vier und 23 Jahre alt, digital besonders affin und wollen individualisierte Arbeit und Freizeit. Allerdings fehlen hierzu noch empirische Daten.

Vermutlich werden sie ihren Vorgängern ähnlich sein, den zwischen 1980 und 1995/98 geborenen Ys. „Die Y-Arbeitskräfte streben nach Selbstbestimmung, Perfektionierung und Weiterentwicklung“ und prägten den Begriff des Jobhoppings, erklärt Einramhof-Florian. „Eine Generation und ihre Merkmale sind immer ein Produkt der Vergangenheit und der Gegenwart.“

 

Die Herausforderungen...

...für die Arbeitgeber sind vielschichtig. Sowohl die Mitarbeitersuche, als auch das Binden an das Unternehmen verändert sich mit den Bedürfnissen der Generationen.

„Clevere Unternehmen müssen über die Generationenkonflikte hinausgehen, müssen die Bedürfnisse nach sozialen Faktoren segmentieren“, rät Dieter Kern, HR-Management Experte. Etwa: Angepasste Angebote schaffen. Junge Mitarbeiter wollen Weiterentwicklungs- Freizeit-, sowie Fitnessangebote. Mitarbeiter mit Familien brauchen Flexibilität und Kinderbetreuung. Ältere Angestellte interessieren sich für die Altersvorsorge. Damit müssen Firmen umgehen lernen. Die Bedürfnisse mögen sich über die Lebensphasen verändern. Stabil bleibt die Notwendigkeit, sich mit der eigentlichen Arbeit und Aufgabe zu identifizieren und diese als sinnvoll zu erleben.