Sie sind 75 oder 86 und können nicht loslassen: Gründer, die die Nachfolge bis ins hohe Alter aufschieben und den Jungen nichts zutrauen.
Jedes Jahr steuern rund 6000 österreichische Unternehmen den schwierigen Wechsel von Alt auf Jung an. Doch viele Gründer können nicht loslassen und schieben die Nachfolge auf, bis sie Mitte 70 oder Mitte 80 sind. Das Problem der Gründer-Generation: Meist handelt es sich um Firmen-Patriarchen, die mit eigenen Händen etwas aufgebaut haben und viele Höhen und Tiefen erlebt haben. Die Firma, das ist ihr Lebenswerk. Werden sie älter, kommen sie in die Situation, dass sie loslassen und die Jungen ihre eigenen Fehler machen lassen sollten. Für viele ein hohes Risiko, das sie nicht eingehen wollen. Auf der einen Seite der in die Jahre gekommene Gründer, der die lebenslange Führung des Unternehmens beanspruchen.
Auf der anderen Seite die junge Generation, Sohn oder Tochter, die eine gute Ausbildung hinter sich haben und vieles anders machen wollen. In der Vergangenheit waren es vor allem die Söhne, doch seit einiger Zeit rücken verstärkt Töchter nach. Die Jungen wollen Anerkennung, die Alten fürchten den Machtverlust, halten sich für unentbehrlich und kleben an ihren Sesseln. "Das hat damit zu tun, dass bei jenen, die in der sozialen Rangordnung ganz oben stehen, körpereigenes Dopamin ausgeschüttet wird", sagt Wirtschaftspsychologe Rainer Buchner. Das wirkt wie Rauschgift und macht abhängig von der täglichen Zufuhr. Die tragische Folge: Die Patriarchen verweigern die Realität, die Jungen werden hingehalten und das Unternehmen geht unter Umständen den Bach hinunter. Buchner: "Vor allem jene, die keine Hobbys haben und keine Pläne für den Ruhestand haben sind gefährdet."
Kazuo Kashio ist Mitbegründer des Elektronikkonzern Casio, der Uhren, Taschenrechner und Kameras herstellt. Grundstein des Erfolgs war ein Ring mit aufmontierter Zigarettenspitze. Der Gewinn aus der Erfindung machte den Aufstieg zum Taschenrechner-Giganten möglich, der bisher über eine Milliarde Geräte verkauft hat. Kazuo hat im Vorjahr – nach 58 Jahren an der Spitze des Konzerns – das operative Tagesgeschäft an seinen 49-jährigen Sohn Kazuhiro Kashio abgegeben. Zumindest formal. Denn der 86-Jährige wird Vorstandsvorsitzender und bleibt Geschäftsführer.
Der heute 77-Jährige Günther Fielmann hat den größten Brillenhändler Deutschlands aufgebaut. Vor wenigen Monaten hat er beschlossen, dass sein Sohn Marc in den Vorstand der Fielmann AG aufrückt und vorerst Verantwortung für das Marketing übernimmt. In ein paar Jahren soll der Aufsichtsrat den 27-Jährigen dann zum Vorstandsvorsitzenden berufen, so der Plan. Bis es so weit ist, hat Fielmann Senior das Ruder als Vorstandsvorsitzender ist fester Hand. Wann der Junior seine Rolle übernimmt, bleibt damit offen. Das Unternehmen verfügt über 700 Filialen im In- und Ausland und beschäftigt 17.000 Mitarbeiter.
Erwin Müller hat 1953 mit einem kleinen Friseursalon begonnen. Heute leitet er die drittgrößte deutsche Drogeriemarkt-Kette Deutschlands. 1967 erlangte er als "Rebell von Ulm" Bekanntheit, weil er sein Friseurgeschäft auch montags aufsperrte. Die Friseur-Innung hat ihn daher aus dem Gremium ausgeschlossen. 2013 holte sich der Patriarch zwei Manager an Bord, um die Weichen für die Zeit nach seinem Ausscheiden zu stellen, Wolfgang Lux und Elke Menold. Fünf Monate später schied Lux wieder aus und Menold führt seither die Geschäfte gemeinsam mit dem heute 83-Jährigen. Die Nachfolge ist damit geplatzt. Wie es mit dem Unternehmen mit 742 Drogerie-Filialen in sieben Ländern und 32.000 Mitarbeiter weitergeht, steht in den Sternen.
Just do it
1964 hat Phil Knight gemeinsam mit Bill Bowerman den Sportartikel-Hersteller Nike gegründet und zum größten Sportartikel-Konzern der Welt aufgebaut. Im Juli hat der 77-Jährige, der in den Anfangsjahren Sportschuhe aus dem Kofferraum seines Autos verkaufte, seinen Posten an der Spitze des Verwaltungsrates an Nike-Urgestein Mark Parker abgeben. Mit der Wahl Parkers als Nachfolger sorgte Knight dafür, dass auch künftig alles so läuft, wie er es für gut befindet.Bereits 2004 hat Knight versucht, seine Nachfolge zu regeln. Nach 13 Monaten war sein damaliger Nachfolger, William Perez, wieder Geschichte. Doch auch Parker wird damit leben müssen, dass Knight sich weiterhin ins Geschäft einmischt. So testet Knight auch heute noch künftige Modelle am eigenen Fuß.