Wirtschaft/Karriere

Familienbetriebe: "Frauen müssen ihre Rolle klären"

Familienunternehmen sind das Rückgrat der heimischen Wirtschaft, heißt es: Rund 156.400 Familienbetriebe – exklusive Einpersonenunternehmen – gibt es, das sind 54 Prozent aller österreichischen Unternehmen. Doch die großen, charakteristischen weiblichen Identifikationsfiguren sind auch in diesem Bereich der Wirtschaft selten. Wie steht es also um Frauen in Familienbetrieben? Eine Frage, die sich die beiden Berater Manuela Mätzener und Guido Schwarz, im Rahmen ihres neuen Buchs "Wer ist hier der Boss?", eine Art Gebrauchsanweisung für Unternehmer-Ehepaare, gestellt haben. "In vielen Familienunternehmen arbeitet die Frau, vor allem in der Gründungszeit und der ersten Generation, als Partnerin voll im Unternehmen mit", sagt Manuela Mätzener. "Oft ohne klare Funktion. Zu oft ohne angemessenen Lohn."

KURIER: 61 Prozent der Familienunternehmen werden laut KMU-Forschung von einer prägenden Persönlichkeit geführt. Mir fallen hier großteils Männer ein. Wo stehen Frauen in der Geschichte der Familienunternehmen?

Manuela Mätzener: Die Rollenaufteilung, dass der Mann nach außen hin orientiert und die Frau als Mittlerin zwischen Belegschaft, Unternehmer und Familie fungiert, ist in Familienunternehmen nach wie vor häufig anzutreffen. Dennoch werden Entscheidungen oft maßgeblich von Frauen bestimmt – im Hintergrund und oft "von hinten". Fragen Sie mal einen Patriarchen, die meisten sagen schmunzelnd, dass sie eigentlich eh nichts zu melden haben, sondern die Chefin – und damit meinen sie ihre Frau – alles bestimmt. Viele Patriarchen sagen auch, dass ihr höchster Wert die Familie ist. In einem Unternehmen – und speziell im Familienbetrieb – gehören Positionen besetzt. Welches Geschlecht was macht, ist dabei weniger von Bedeutung.

Dennoch werden Unternehmen eher an Söhne weitergegeben, selbst wenn sie die Zweitgeborenen sind.

Das hat auch damit zu tun, dass nach wie vor die Frauen den größten Teil der Verantwortung für die Erziehung der Kinder tragen. Dem kommen die Rahmen- und Arbeitsbedingungen im Familienunternehmen entgegen. Dennoch trauen manche Seniorchefs die Fortführung des Betriebs den eigenen Töchtern nicht zu. In der Zeit der meisten Firmengründungen – also in den 1950er- bis 70er-Jahren, waren die Gründer fast immer Männer. Die Übergabe macht man gerne an jemanden, der so ähnlich ist wie man selbst, damit die Firma möglichst genauso weiterläuft, wie man selbst sie geführt hat. Je "gleicher" der Übernehmer ist, desto eher wird er das von mir Aufgebaute in meinem Sinne weiterführen. Doch das ändert sich allmählich. Alleine schon dadurch, weil sich heute immer mehr Frauen selbstständig machen.

Haben Frauen die Rolle der Matriarchin denn drauf?

Davon bin ich überzeugt. Frauen sind unglaublich gute Führerinnen, aber sie bringen andere Qualitäten in ein Unternehmen ein – wie etwa Achtsamkeit auf Beziehungen innerhalb der Firma, mehr Vorsicht bei finanziellen Risiken oder ein besseres Gespür für ökonomische Notwendigkeiten. Wir beobachten, dass in vielen Familienunternehmen die Funktionen und Rollen der Frau nicht geklärt beziehungsweise stark vermischt sind.

Frauen versuchen oft in allem perfekt zu sein, als Ehefrau, Mutter, Tochter, Schwiegertochter, Schwägerin, Unternehmerin, Chefin, Nachfolgerin. Wie können Frauen ihren Platz im Unternehmen und in der Familie etablieren?

Unserer Erfahrung nach haben Frauen die größte Belastung im System. Frauen nehmen in Familienunternehmen oftmals eine beratende Funktion ein. Sie sind Vermittlerinnen zwischen den Generationen, zwischen den Systemen, zwischen Mann und Kindern, unter den Kindern, zwischen Mann und Mitarbeitern, zwischen den Mitarbeitern. Ganz wichtig ist, dass Frauen bewusst die Trennung der beiden Systeme Familie und Unternehmen vornehmen.

Wie können sie sich am besten in der Familie und im Unternehmen positionieren?

In dem sie sich ihrer unterschiedlichen Funktionen und Rollen bewusst werden, sie voneinander trennen und Rollenflexibilität entwickeln. Mein Rat ist, dass Frauen ihre unterschiedlichen Rollen auch explizit in ihre Sprache miteinbinden, beispielsweise: "Ich sage Ihnen als Chefin, dass Sie ..." Wichtig ist, dass Frauen ihren eigenen, durchaus weiblichen Weg gehen. Auch wenn der zu Beginn allen Beteiligten ungewöhnlich erscheinen mag. Das ist allemal besser, als zu versuchen, der bessere Chef zu sein. Frau muss nicht alles ständig neu erfinden.

Haben Frauen eher ein Problem damit, die Rollen in Familie und Betrieb zu trennen?

Das ist abhängig von der Größe des Unternehmens. Die Frage ist, ob man das Prinzip "family first" oder "business first" lebt. Je größer das Unternehmen ist, desto wichtiger ist es, auf die Organisationsgesetze zu achten. Frauen sind in der Regel jedoch bemühter darin, auf die Familie zu schauen. Männer haben manche Rollen einfach nie gelernt. Die Frau muss den Distanzaufbau lernen, der Mann den Beziehungsaufbau.

Manuela Mätzener studierte Germanistik, Philosophie und Psychologie. Sie leitet seit 1999 – im Duo mit Babak Kaweh – Systemische Familien-, Struktur- und Organisationsaufstellungen. 2007 gründete sie das Institut für Familien & Betriebe und ist Geschäftsführerin der ifub GmbH.

Tagung
Von 3. bis 5. Oktober findet in Salzburg eine Konferenz des Österreichischen forum Systemaufstellungen zu Familienunternehmen statt. Mätzener wird dort einen Workshop leiten. www.forum-systemaufstellungen.at