Erstmals in Wien: Scooter für alle
Berlin, Barcelona, Mailand und San Francisco haben es bereits – und Wien seit Kurzem auch: Scooter-Sharing. Mit SCO2T (sprich: Scoot, Anm.) hat Thomas Strohmaier gemeinsam mit seinen Freunden, dem Marketing-Spezialisten Michael Koss und dem Techniker Balazs Barany, eine Ergänzung zu Auto, Fahrrad und U-Bahn in Wien geboren. Der Nachteil am mittlerweile etablierten Carsharing in der Bundeshauptstadt sei: "Man steht schnell im Stau und es gibt wenige freie Parkplätze in Wien", sagt er. Techniker Balazs Barany schaffte es, einen kleinen blackbox-artigen Computer im Motorroller zu verbauen, der den Standort und den Benzinstand anzeigt und das Fahrzeug über eine Web-App per Smartphone entsperrt.
Substituieren wollen die drei weder das Carsharing noch die U-Bahn: "Ersetzen wollen wir nur den Stau", sagt Strohmaier. Die Kunden würden flexibel mobil sein wollen, meint Co-Gründer Michael Koss: "Morgens mit der U-Bahn in die Arbeit, dann mit SCO2T zum Termin und abends über Carsharing etwas transportieren." Nach sechs Wochen hat SCO2T bereits fast tausend Kunden, sagt Strohmaier stolz. "Das hätten wir nicht erwartet." Geschäftsleute und Studierende, auch erste Touristen nutzen die Roller.
Lieber ohne Strom
2014 gründeten die drei SCO2T. Nach dem Aufbau der Web-Plattform, dem Basteln an Prototypen und der Betaphase mit ausgewählten Kunden sind sie seit sechs Wochen offiziell auf dem Markt. 25 Moped-Roller mit 50 ccm Hubraum der taiwanesischen Marke Sym haben sie im Sortiment, Ende Juni folgen weitere fünf mit 125ccm Hubraum, die auch für die Stadtautobahn geeignet sind und bis zu 110 km/h schnell fahren. Die Roller werden mit Benzin angetrieben. "Wir wollten ursprünglich Elektro-Roller im Sortiment haben", sagt Strohmaier. Zehn Elektro-Modelle wurden getestet. "Als wir das vierte Mal am Praterstern hängen geblieben sind, haben wir aufgegeben." Die Modelle seien für den "Stop-and-Go"-Einsatz zu wenig belastbar, hätten weniger Reichweite als Benziner und zudem hätte man Ladestationen errichten müssen, weil es zu wenige eTankstellen gibt. Die drei entschieden sich für Benzin-Viertakter – doch sie sind noch weiterhin auf der Suche nach tauglichen Elektromodellen.
Das Mieten wollten sie so einfach wie möglich gestalten: Nach der anfänglichen Online-Registrierung muss man sich nur "einloggen, mieten und losfahren", sagt Strohmaier. Die Web-App zeigt an, wo der nächste Scooter steht. Über die App wird ein Knopf am Roller aktiviert, der die Sitzbank öffnet. Darin sind Schlüssel und Helm. 9,90 Euro kostet die Anmeldung auf www.sco2t.at inklusive einer Stunde Gratisfahrt. 19 Cent zahlt der Kunde pro Minute, 9,90 Euro pro Stunde. Das Parken pro Minute – wenn man den Scooter während eines Termins behält – kostet 9 Cent. Angeboten werden die Scooter innerhalb des Gürtels und im zweiten und 20. Bezirk. Das Team überlegt auch fixe Stationen.
Testen, testen
Feedback haben die Gründer vor allem von Freunden, in der Testphase von einer ausgewählten Kundengruppe erhalten. "Eine Freundin fand es grauslich, den Miet-Helm aufzusetzen", sagt Strohmaier. Daher gibt es Einweg-OP-Hauben im Schließfach, Kunden bekommen ein gratis Bandana-Tuch zugesendet. Über Expansion denken die Gründer bereits nach: Anfragen von potenziellen Franchisenehmern kommen aus österreichischen Städten und anderen Ländern, sogar aus den USA. "Wir sind offen für Franchising", sagt Strohmaier. Mit einigen österreichischen Städten sei man bereits in Verhandlungen, "Innsbruck wäre außerdem für uns interessant." Zur weiteren Finanzierung überlegt das Team Crowdfunding: "Bei Business Angels sind wir vorsichtig, wir wollen lieber selbst die Kontrolle behalten."
1. Finde die richtigen Leute fürs Gründen. Thomas Strohmaier: Jeder von uns hat sein Expertenwissen. Man muss bei Diskussionen die Meinungen gelten lassen. Auch wenn wir befreundet sind: Wir haben vertraglich festgelegt, was zum Beispiel bei einem Ausstieg passiert.
2. Gründe nur mit Geldpolster. Thomas Strohmaier: Wir haben Geld für die Prototypen investiert. Man muss mit einem Totalverlust des Geldes rechnen. Michael Koss: Man braucht genügend Rücklagen und die Unterstützung der Familie.
3. Gehe möglichst schnell auf den Markt. Thomas Strohmaier: Besser ein halbfertiges Produkt am Markt testen als drei Jahre daran forschen.Wir hatten einen klassischen Businessplan. Aber erst wenn man auf dem Markt ist, kann man realistisch planen. Erst dann erhält man Feedback von Kunden und Partnern. Michael Koss: Kommuniziere die Betaphase, sonst schürst du zu hohe Erwartungen bei den Kunden.
4. Nutze das Feedback deiner Kunden. Thomas Strohmaier: Es heißt: Feedback is Champion’s Breakfast. Bedenke, wenn der Kunde kritisiert: Er hat meist recht. Michael Koss: Man darf Kritik nicht persönlich nehmen, sondern sollte hinhören. Nur dann kann man sein Produkt verbessern.
5. Sorge für emotionale Stabilität. Michael Koss: Unternehmersein ist wie eine Achterbahnfahrt, die emotionale Stabilität ist wichtig. Thomas Strohmaier: Es können die Rahmenbedingungen drehen und plötzlich fragt man sich, warum macht man das eigentlich? Dessen muss man sich bewusst sein.