Wirtschaft/Karriere

"Verzichten Sie nicht auf Ihr Geld"

Wir sind die Mehrheit. Mehr von uns machen die Matura und schließen ein Studium ab. Wir übernehmen die Kinderbetreuung und pflegen die Bedürftigen. Wir arbeiten öfter in Teilzeitjobs und nur selten in den gut bezahlten Branchen. Wir sitzen nicht in den Chefetagen und sind keine Entscheider. Wir verdienen im Schnitt weniger.

Wir Frauen.

Am vergangenen Mittwoch war Equal Pay Day. Rein rechnerisch mussten Frauen über den Jahreswechsel hinaus bis zum 19. März arbeiten, um auf das durchschnittliche Gehalt zu kommen, das Männer schon mit Ende des vergangenen Jahres beisammen hatten. Das Einkommen vollzeitbeschäftigter Frauen liegt in Österreich (alle Berufsgruppen) aktuell 21,26 Prozent unter dem der vollzeitbeschäftigten Männer. Ein Unterschied von 12,6 Prozent bleibt auch bestehen, wenn die Unterschiede hinsichtlich Arbeitszeit, Bildung, Branche, Tätigkeit, Alter oder der Dauer der Unternehmenszugehörigkeit bereinigt werden. Manche Berechnungsmethoden kommen sogar auf 40 Prozent Differenz.

Selbst die Generaldirektorin der Statistik Austria Gabriela Petrovic spricht bei den 12,6 Prozent von "Schönfärberei".

Aber gut: Nimmt man die 21,26 Prozent an, ist die Schere seit 2009, seit der Equal Pay Day in Österreich zum ersten Mal berechnet wurde, von 28 Prozent etwas gesunken. Immerhin.

Bewusstseinsbildung

Dass Frauen noch immer weniger verdienen, will das größte internationale Frauennetzwerk "Business and Professional Women" (BPW) so nicht hinnehmen. Daher leistet man ein Mal im Jahr , zusätzlich zum Termin im Herbst (Erklärung siehe rechts), Bewusstseinsarbeit: Am Dienstag wurde ins Parlament zur Veranstaltung "Equal Pay is more than Equal Salary" geladen.

"Was bedeutet weniger Einkommen?", fragte die Österreich-Präsidentin des BPW, Christa Kirchmair. Ihre Antwort: "Geld ist nicht alles. Aber man braucht es, um unabhängig zu sein. Geld ist ein Machtfaktor. Verzichten Sie nicht auf ihr Geld." In ihrer Abschlussrede nimmt sie auch die Frauen in die Verantwortung, sie sollen mehr Mut haben.

In den österreichischen Medien wurde dieser Mittwoch weitgehend ignoriert. Zugegeben, es gab keine Pressekonferenz, zudem wird der Tag in Österreich zwei Mal begangen und der Frauentag ist ja auch noch nicht lange her. Das dürfte die Kritiker beruhigen, die unter anderem den Vorwurf äußern, man würde bei den Berechnungen Birnen mit Äpfel vergleichen und, dass Frauen und Männer im selben Job im Schnitt gleich verdienen würden.

Sie haben damit nicht Unrecht. Nur: Frauen sind nicht in denselben Jobs und nicht in denselben Branchen. Frauen sind in gut bezahlten Jobs unterrepräsentiert. Frauen haben auch nicht die selben Karrierechancen, weil in den meisten Fällen die Gründung einer Familie für sie den Karriereabbruch bedeutet. Und: Frauen arbeiten öfter Teilzeit, weil sie die Betreuung und Pflege nach wie vor zu einem großen Teil übernehmen.

"Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem", sagt Christa Kirchmair. Der einzige Weg: Die Gesellschaft muss sich ändern wollen.

In Österreich wird zwei Mal im Jahr auf die Gehaltsunterschiede zwischen Frau und Mann aufmerksam gemacht: Im Frühling wird festgehalten, wie viel länger Frauen für das gleiche Gehalt im neuen Jahr weiter arbeiten müssen, das Männer schon mit Ende des Jahres beisammen hatten. Im Herbst wird der Tag bedacht, an dem Männer das Gehalt erreicht haben, für das Frauen noch bis Jahresende arbeiten. Wie groß die Gehaltsschere ist, kommt auf die Berechnung an. Aktuell liegt sie bei 21,26 Prozent. Werden Berufsgruppen, Alter, Bildung, Unternehmenszugehörigkeit und Teilzeitfaktor einbezogen, liegt sie bei bereinigten 12,6 Prozent. "Das ist Schönfärberei", so Gabriela Petrovic, Generaldirektorin der Statistik Austria.

Der Equal Pay Day wurde 1966 durch das "National Committee on Pay Equity" in den USA ins Leben gerufen. BPW USA, eine Mitgliedsorganisation des NCPE, initiierte 1988 die "Red Purse Campaign", um auf die bestehenden Unterschiede hinzuweisen – bis heute ist sie ein Symbol geblieben.