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Ein Quantum Glück: 13 Fragen an den Physiker

Der Nobelpreis für Physik ging am Dienstag an die Entdecker des Higgsteilchens, François Englert und Peter W. Higgs. Mit dem wundersamen Higgs-Boson hat Witlef Wieczorek zwar nichts zu schaffen, mit Quantenteilchen aber schon. Als Projektleiter im Bereich Quantenmechanik am Vienna Center for Quantum Science and Technology (VCQ) feuert er Laser auf Minispiegel und testet damit bisherige Erkenntnisse aus der mikroskopisch kleinen Quantenwelt in sichtbaren Dimensionen.

Wie sind Sie auf die Quantenphysik gekommen?

Naturwissenschaft hat mich schon als Schüler interessiert. Auf die Quantenphysik bin ich während des Physik-Studiums auf einer Sommerakademie gestoßen. Ich habe dann meine Doktorarbeit zur Quantenphysik geschrieben.

Wie erklären Sie Ihren Freunden, was Sie gerade tun?

Auf Verständnis auf Partys braucht man nicht hoffen, da ist man als Physiker abgewählt. Freunde finden es spannend, für viele ist es etwas Unfassbares. Dass sie verstehen was man macht, passiert selten.

Wie sieht Ihr Arbeitstag aus?

Bei mir ist er geregelt, weil ich ein Kind habe. Ich bin um neun hier und um 17.30 Uhr auf dem Weg nach Hause. Die meisten Kollegen kommen um zehn, arbeiten bis zehn Uhr. Am Abend arbeite ich meist zu Hause am Computer weiter.

Wie viel Praxis, wie viel Theorie ist es?

Ich würde sagen, fifty, fifty. Derzeit stehe ich viel im Labor. Man muss die Experimente aber auch überlegen, Projektpläne schreiben. Alle drei Monaten reise ich zu Vorträgen und Konferenzen. Unser Feld ist jung, da muss man dranbleiben. Gerade war ich auf Capri, in Südkorea, in Deutschland.

Wie einsam ist der Job?

Ich bin nicht allein, wir müssen uns als Team täglich absprechen. Wir sind zu viert.

Die wichtigsten Fähigkeiten, die man haben muss?

Als Post-Doc muss man gut organisieren können, den Überblick behalten, Ideen haben und sich selbst und die Mitarbeiter motivieren können.

Was erstaunt Sie an der Quantenphysik am meisten?

Dass es Dinge gibt, die man nicht mit seinem Verstand begreifen kann. Und dass man viele neue Sachen rausfinden kann und sich Experimente ausdenken kann.

Woran forschen Sie gerade?

Wir wollen quantenphysikalische Mechanismen, die bereits mit Atomen und Photonen funktionieren, an Minispiegeln testen. Beispielsweise wollen wir zeigen, dass die Spiegel gleichzeitig stark und gering schwingen können – wie es auch Schrödingers Katze besagt (Anm. zur Theorie: Die Katze ist gleichzeitig tot und lebendig).

Wann ärgern Sie sich?

Wenn etwas zu lange dauert oder nicht klappt – beim Justieren des Experiments zum Beispiel. Und wenn andere Forschungsgruppen etwas veröffentlichen, woran man gerade arbeitet. Einmal haben wir eineinhalb Jahre an einem Experiment gearbeitet, dann haben uns andere überholt.

Was gefällt Ihnen am besten am Job?

Dass es immer was Neues gibt. Der Job ist super abwechslungsreich.

Was mögen Sie gar nicht?

Die Unsicherheit. Es gibt nur befristete Stellen.

Wieviel verdienen Sie?

2600 Euro netto per Marie-Curie-Stipendium.

Ihr Ziel?

Natürlich der Nobelpreis (lacht). Erstmal möchte ich mit etwas Glück das Experiment in den nächsten Wochen schaffen.

Witlef Wieczorek wurde am 20. Jänner 1979 in Berlin geboren. Von 1999 bis 2001 und von 2002 bis 2005 studierte er an der Technischen Universität Berlin Physik, von 2001 bis 2002 studierte er ein Jahr in Glasgow. Für seine Doktorarbeit (2006-2009) spezialisierte er sich auf Quantenphysik. Seit Mai 2010 leitet er als Post-Doc am Vienna Center for Quantum Science an d Technology (VCQ) in der Forschungsgruppe von Markus Aspelmeyer das Projekt „Cavity Optomechanics“. Wieczorek erhielt das Feodor-Lynen- Forschungsstipendium der Humboldt-Stiftung und das Marie-Curie-Stipendium der EU.

VCQ in Zahlen

2010 gegründet, ist das Vienna Center for Quantum Science and Technology ein Joint Venture der Uni Wien, der TU Wien und der Österr. Akademie der Wissenschaften. Zwölf Forschungsgruppenbeschäftigen sich mit Fragen der Quantenphysik.