Ein Meister seines Fachs: Bertram K.
Von Andrea Hlinka
Seinen Werdegang hat Bertram K. schnell erzählt. Nicht, weil er ohne Höhen und Tiefen oder mangelhaft an Erlebnissen ist. Er spricht schnell im Takt des Radetzkymarsches, aber mit dunkler, feiner Stimme. Unbemerkt beobachtet er dabei. Er nimmt den belanglosen Griff in den Nacken wahr, um die Haare über die Schulter nach vorne zu streifen. Die Bewegung, die verirrte Stirnfransen aus den Augen verweist. „Das wichtigste Organ eines Friseurs sind die Augen. Ich lasse die Leute gerne ein bisschen sitzen und beobachte sie dabei, wie sie sich angreifen. Wenn ich nicht weiß, wie sie mit ihren Haaren umgehen, kann ich meine Arbeit nicht machen. Außerdem bin ich ein Voyeur“, sagt Bertram K., merklich ohne Unwohlsein. Wer Kate Moss an den Haaren rumfummelt und Models bei Fashionshows von Dior stylt, braucht sich Unsicherheiten nicht leisten.
Heuer feiert Bertram K. sein 25. Berufsjubiläum. Das vergangene Vierteljahrhundert verbrachte der Wiener zumeist im Ausland. Nach der Lehre ging er nach London, zu Tony & Guy, stieg rasch ins Art-Team auf, verbrachte viel Zeit auf der Bühne. „Ich bin viel gereist, habe Seminare auf der ganzen Welt gehalten. Es hat sich damals ein neuer Berufsstand entwickelt, der von Land zu Land tingelte, um die Freude am Beruf zu vermitteln“, erzählt er. Bertram K. scheint sein Beruf nicht anzustrengen, jede Handbewegung ist natürlich und nonchalant – eine Voraussetzung für Entertainer.
Mit 29 Jahren kehrte Bertram K. zurück nach Wien. Kurz darauf suchte L’Oreal die Zusammenarbeit – für den französischen Konzern ist er nach wie vor als internationaler Markenbotschafter unterwegs. Arrogant hat ihn das Ansehen nicht werden lassen. „Wir sind Frisöre, wir haben einen Kamm und Schere und wir werden damit nicht die Welt verändern. Aber wenn ich damit am Tag zehn Leute glücklich machen kann, dann hab’ ich eigentlich mehr erreicht, als viele andere.
Wieso gerade Bertram K.?
Weil er rationalisiert, Prozesse vereinfacht, mit nur fünf Handgriffen dasselbe Ergebnis erzielt, wie andere mit 15. „Das Traurige ist, dass wir in Österreich in einer Neidgesellschaft leben. Die Leute hauen dir lieber ein Hackl ins Kreuz, als dass sie dir auf die Schulter klopfen und fragen ,Wie hast du das gemacht, das würde ich auch gerne können‘“.
Im Mai eröffnete der heute 40-Jährige sein neues Geschäft in der Neubaugasse. Nur ein dezentes Schild in Schwarz-Weiß gehalten, deutet auf die Oase im Innenhof hin. „Das hat eine andere Wertigkeit als ein Salon im Shoppingcenter“, sagt Bertram K.
Abgehoben mutet hier nichts an, eher aufgeklärt, authentisch. „Ich will Kunden haben, die in denselben Boutiquen einkaufen wie ich oder die ich beim Fortgehen treffe. Ich will kein Preisniveau, bei dem nur die Generaldirektorin bei mir Platz nehmen kann – mit einem Klunker am Finger, der mehr kostet als der Jahresumsatz meiner Mitarbeiter beträgt“, sagt er.
Bertram K. polarisiert irgendwie. Alleine der Wiener Spruch konterkariert das gestylte Äußere. „Mir ist lieber es sagt mir jemand ,Du bist ein Trottel‘, als er sagt gar nichts. Mitschwimmer mag ich nicht“, untermalt er.