Wirtschaft/Karriere

Diese Fehler machen Führungskräfte am häufigsten

Fehler macht jeder, auch der Chef oben in der Führungsetage. Völlig umgehen kann man sie nämlich nicht, aber man kann gewisse Fehler vermeiden, in dem man von anderen lernt, die einem zuvor gekommen sind.

Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy präsentiert deswegen die acht weitverbreitetsten Führungsfehler, „um darüber zu lachen und um genauer hinzusehen, ob wir etwas für die eigene Führungspraxis lernen können" – oder eben nicht.

1. Der Känguru-Fehler

Große Sprünge bei leerem Beutel

Als Unternehmer ist man meist ambitioniert und möchte immer weiterwachsen. Seien es Eroberungen neuer Märkte oder die Einführung einer neuen Technologie: „Führungskräfte haben oft unrealistische Visionen und setzen sich zu hohe Ziele, weil sie ihre eigenen Möglichkeiten, die ihres Teams, ihre Ressourcen und finanziellen Rahmenbedingen völlig überschätzen,“ so Barbara Stöttinger.

Alle Inhalte anzeigen
  • Was man daraus lernen kann: Weniger ist mehr

„Führungskräfte, die kleinere Umsetzungsschritte gehen und gleichzeitig ambitioniert, aber realistisch bleiben, verstehen es besser, Ressourcen richtig einzusetzen, auf Veränderungen schnell zu reagieren und damit mehr zu erreichen, als von vornherein große Sprünge zu wagen“, meint Stöttinger: „Oft sind es gerade die großen Investments, die dazu führen, dass der „Budget-Beutel“ leer ist“. Deswegen rät sie dazu vorerst zu experimentieren und zu testen, um flexibel bleiben zu können, mit ausgewählten Pilot-Projekten und „Rapid Prototyping“: „Beobachten Sie Veränderungen am Markt genau und bleiben Sie auch bei kleinen Budgets stets offen für kreative und innovative Wege.“

2. Der Robinson-Fehler

Alle warten auf Freitag

„Thank God it´s Friday“, ist ein Satz, den man am Freitag vorm ersehnten Wochenende in der Arbeit öfter hört. Stöttinger beschreibt das Gefühl so: „Bereits am Sonntagnachmittag überkommt uns ein eigentümliches Gefühl, dass die neue Woche kurz bevorsteht. Montagmorgen ist die reinste Qual und von hier weg versuchen wir uns durch die Woche zu retten, bis es endlich wieder Freitag wird.“ So verliert man laut Stöttinger den Spaß und den Sinn an der eigenen Tätigkeit und verharrt in einer "Schockstarre". Man lebt dann sozusagen nur für das Wochenende.

  • Was man daraus lernen kann: Perspektivenwechsel

Man soll sich -so Stöttinger- fragen welche Rahmenbedingungen oder Anforderungen es sind, die das Unbehagen auslösen: „Sind es eventuell Kollegen, die eigene Führungskraft oder die Aufgaben selbst?“ Wenn man sich hier Klarheit verschafft, könne man leichter, konkrete Maßnahmen ergreifen, um den aktuellen Zustand für sich selbst oder für die Mitarbeiter zu verändern: „Menschen wollen vor allem für ihre Arbeit anerkannt werden und stärkenorientiert eingesetzt sein.", meint Stöttinger.

Feedback, Lob oder Anerkennung für gelungene Arbeit tragen oftmals sehr zur Wertschätzung jedes Einzelnen bei

Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy

Ebenso kann es helfen, sich gemeinsam im Team der Frage zu stellen, wie die Arbeitswoche, der Tätigkeitsbereich oder der Arbeitsplatz gestaltet sein muss, um sich wohlzufühlen. Genauso gilt es, den Belastungen, dem Stress oder negativem Druck auf die Spur zu kommen, um aktiv gegensteuern zu können.

3. Der Darwin-Fehler

Nur die Starken kommen durch

Darwin meinte zwar mit „survival of the fittest“ nicht unbedingt die Stärksten, sondern jene, die sich am besten anpassen können, aber mancherorts würden „Chefs ihre Mitarbeiter gegeneinander ausspielen oder sich selbst überlassen. `Sieger´ befördern und die Verlierer aufs Abstellgleis schieben. Diese Führungskräfte neigen auch dazu, Lob ausschließlich für sich selbst zu verbuchen, Kritik nicht anzunehmen und Fehler elegant auf andere abzuschieben“, sagt Stöttinger.

  • Was man daraus lernen kann: Von “EGO” zu “WE-GO”

„Wenn ich als Führungskraft daran interessiert bin, meine Mitarbeiter loszuwerden, dann ist das Darwin’sche Prinzip die ideale Anleitung“, so die Dekanin. Besser sei „Responsable Leadership“. Hier geht es vor allem darum, Mitarbeiter aktiv zu fördern und dabei zu unterstützen, sich gemeinsam mit dem Team und der Organisation weiterzuentwickeln:

„Für moderne Führungskräfte ist es selbstverständlich, dass Mitarbeiter unterschiedlich sind, sie unterschiedliche Bedürfnisse und Vorstellungen haben. Deshalb führen sie auch stärkenorientiert und stellen persönliche Sympathien (oder Antipathien) hinten an. Sie agieren fair und transparent allen Mitarbeitern gegenüber. Und sie sind mutig genug, eigene Fehler zuzugeben und sie auch anderen zuzugestehen.“

4. Der Sausage-Fehler

Alles ist wurscht und jeder gibt seinen Senf dazu

Das berühmte Prinzip des Italieners Vilfredo Pareto besagt, dass im Schnitt 80 Prozent der Aufgaben mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erledigt werden können. Das gilt insbesondere dann, wenn es darum geht, von der Theorie in die Praxis (also in die Umsetzung) zu kommen: „Viele Führungskräfte neigen dazu unbedingt ihren Senf dazugeben, auch, wenn eigentlich schon alles klar ist. Frei nach dem Motto `Es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem´.“

Zum einen würde es hier um das Thema Anerkennung gehen und zum anderen habe es auch mit Perfektionismus zu tun: „Lösungen, die nicht zu 120 Prozent wasserdicht sind, sind derartigen Führungskräften von Haus aus ein Dorn im Auge“, erklärt Stöttinger.

  • Was man daraus lernen kann: Andere glänzen lassen

Oft gäbe es Situationen mit nur einem Richtig oder Falsch. Der eine hat diese Idee, die andere würde jenen Weg bevorzugen. Und genau das sollten Führungskräfte auch aktiv fördern: Lassen Sie Ihre Mitarbeiter glänzen und unterstützen Sie sie bei ihren Ideen und der Umsetzung ihrer Projekte – auch wenn Sie es mit großer Sicherheit anders gemacht hätten. Sie müssen weder das letzte Wort, noch die beste Idee, noch auf alles eine Antwort haben. Nimmt nicht nur Druck raus, sondern fühlt sich auch für alle Beteiligten gut an“, meint die Dekanin.

5. Der Schaukelstuhl-Fehler

Immer schön in Bewegung sein, aber trotzdem nicht vorankommen

Unter Führungskräften sei das Phänomen des „Pseudo-Aktionismus“ weitverbreitet: „Diese Menschen sind nachweislich sehr beschäftigt und fallen von einer Aktivität in die nächste, betreiben `Meeting-Hopping´ der besonderen Art.“ Hinter dem Beschäftigt sein stecke in der Regel entweder eine gewisse Strategielosigkeit, Inkompetenz oder falscher Fokus und schlechtes Prioritäten-Setzen. Dadurch treten diese Führungskräfte und ihre Unternehmen trotz hohem Arbeitseinsatz und Motivation auf der Stelle oder „bekommen nichts auf die Straße. Hauptsache alle sind emsig und es wird etwas getan.“

  • Was man daraus lernen kann: Die richtigen Dinge tun, anstatt die Dinge richtig tun

Leistung sei in vielen Unternehmen gleich mit physischer Anwesenheit. Die Idee „Nur, wer im Büro ist (und alle sehen können, was eine Person tut), leistet auch etwas“ bleibe oft bestehen: „Ein Grund, warum gerade Führungskräfte oftmals den Drang verspüren, überall dabei zu sein. Zum einen aus Angst, etwas zu verpassen, zum anderen, um zu vermeiden, dass andere denken könnten, sie würden nicht genug leisten", sagt Stöttinger.

So kann es passieren, dass Dinge zwar getan werden, aber eben nicht die richtigen. Für Führungskräfte bedeutet das, dass sie nicht in jedes Detail involviert sein und nicht immer alle Infos zur Verfügung haben müssen. Aber „sie brauchen den Überblick, um die Zusammenhänge zu verstehen, und wissen, welche Informationen sie wann von wem brauchen, um die richtigen Entscheidungen zu treffen.“

6. Friedhofsgärtner-Fehler

Viele Leute unter sich, aber zu keinem richtigen Kontakt

Ab einer gewissen Management-Ebene ist das Führen großer Teams ein fixer Teil des Aufgabenspektrums einer Führungskraft. „Wie Friedhofsgärtner agieren viele jedoch abgekoppelt von den Menschen um sie herum.“ Es fehle an Kommunikation in den Unternehmen, „weil sie (die Führungskräfte) dem Irrglauben verfallen sind, dass die Kommunikation jetzt Aufgabe von Abteilungsleitern oder Teamleadern sei.“

  • Was man daraus lernen kann: Eine echte Open-Door-Policy pflegen

„Sich als Führungskraft ins Kammerl zurückzuziehen und an strategischen Themen zu arbeiten, scheint naheliegend, ist aber leider die völlig falsche Strategie“, so Barbara Stöttinger. Gerade wenn die Teams sehr groß sind, brauche es Führung, die individuell und situativ ist. Empfehlenswert sei es in kleinere Teams zu formen und auf diese Weise sicherzustellen, dass jeder in der Organisation auch einen Ansprechpartner hat.

Vor allem Führungskräfte, die präsent, authentisch und nahbar sind, werden von Mitarbeitern geschätzt und respektiert

Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy

„Vor allem Führungskräfte, die präsent, authentisch und nahbar sind, werden von Mitarbeitern geschätzt und respektiert“, so Stöttinger. „Umgekehrt ergibt sich so für die Mitarbeiter die Möglichkeit, gemeinsam zu wachsen, sich zu entwickeln, Feedback und Wertschätzung zu erhalten."

7. Zitronenpresse-Fehler

Mit genügend Druck lässt sich immer noch etwas herauspressen

Vertrauen ist gut, Kontrolle eindeutig besser? „Leider hängen manche Führungskräfte nach wie vor an hierarchischen Strukturen“, so Stöttinger. Dazu gehören klare Weisungsketten und die Befolgung von festgelegten Arbeitsabläufen. Flexibilität, Innovation, Zusammenarbeit und Eigenverantwortlichkeit der Teams steht eher hinten an: „Und so sind sie immer noch der Meinung, dass man mit dem nötigen Druck stets zusätzliche Leistung aus ihren Mitarbeitern herauspressen könne.“

  • Was man daraus lernen kann: Kontrolle ist gut, Vertrauen besser

Führungskräfte, die vor allem auf Kontrolle setzen, sind oftmals unsicher oder haben Angst, Fehler zu machen, oder keinen Überblick zu haben. Sie glauben, dass mit Kontrolle und Druck die meisten Risiken umschifft werden können. Aber das stimmt nicht“, sagt Stöttinger. Vertrauen, Transparenz, Mitgestaltungsmöglichkeit und die Übertragung von Verantwortung bedeute nämlich nicht weniger Macht, sondern mehr Akzeptanz, Begeisterung und Engagement bei Mitarbeitern. Also in letzter Konsequenz auch mehr Erfolg für das Unternehmen.

8. Der T.E.A.M.-Fehler

Toll, Ein Anderer Machts

 An sich sei Delegieren eine zentrale Aufgabe von Führungskräften, denn nur so können sie sich besser auf die strategischen Aufgaben ihrer Rolle konzentrieren.

„Allerdings kann es zum Problem werden, wenn eine Führungskraft alles delegiert, unzählige Ideen und stets gute Ratschläge für andere parat hat, ohne sich selbst jemals auch aktiv am Geschehen zu beteiligen“, meint Stöttinger. Auf diese Weise signalisiere man den Mitarbeitern, dass man nicht bereit ist, selbst in die Arbeit zu investieren. Was wiederum zu einem Vertrauensverlust bei den Mitarbeitern führe, und das Engagement und die Motivation beeinträchtige.

  • Was man daraus lernen kann: Auf jeden einzelnen kommt es an

Laut Stöttinger zeichnet sich eine gute Führungskraft, damit ist aus, dass sie sich für nichts zu schade ist: "Ein funktionierendes Team hat ein gemeinsames Ziel." Jedes Teammitglied, auch die Führungskraft, habe gewisse Aufgaben, die verteilt werden.

„Als wenig hilfreich erweisen sich hier Besserwisserei und reflexartige Kommandoausgabe“, so Stöttinger. „Diejenigen, die glauben, dass sie allein für den Erfolg verantwortlich sind, wertschätzen nicht, was andere beitragen und werden dadurch das Vertrauen und die Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter verlieren“, führt sie fort.