Die Start-up-Welt braucht mehr Frauen
Von Andrea Hlinka
Manche Geschichten bringen die Gedanken zum Galoppieren, sind fabelhaft facettenreich und wunderlich. Am Ende träumt die Leserschaft sehnsüchtig und inspiriert vom Land der vielen Möglichkeiten. Diese Geschichten erzählt Kathrin Folkendt. Vergangene Woche erschien die erste Ausgabe von 12percent – ein Online-Magazin im Hochglanz-Stil (12percent.org). 14 Geschichten über Entrepreneurinnen finden sich da. Über Frauen, die in der Wiener Start-up-Szene unterwegs sind und die Welt mitgestalten. Über Frauen, wie Kathrin Folkendt eigentlich selbst eine ist.
Am Ledersofa im Co-Working-Space Sektor 5 sitzend, sagt sie: "Ich bin überzeugt, man bekommt jeden Tag neue Karten zugespielt und muss das Beste daraus machen", sagt Folkendt. Je mehr sie von sich erzählt, desto deutlicher wird, dass das nicht nur leeres Weisheitsgedresche ist, sondern sie dieses Lebensmodell ernst nimmt. Zum Beispiel ist sie erst am 1. Juni in Wien gelandet. Die neun Monate davor lebte sie als digitaler Nomade in Chiang Mai, Thailand. Eine Folge einer Liste, auf der sie verschiedenen Ziele formulierte. Noch einmal ins Ausland zu gehen, war einer der Punkte. "Das Leben in Chiang Mai war eigentlich langweilig normal: Aufstehen, im Co-Working-Space arbeiten, Yoga, viel reisen", erzählt sie. Die Kategorie "normal" hat sicherlich eine andere Kragenweite als bei den meisten. In einer schlaflosen Nacht in Chiang Mai etwa, die sie üblicherweise mit Reality Shows füllte, startete sie ein Projekt: "7 Start-ups in 7 Tagen". Jeden Tag gründete sie eine Woche lang ein anderes Start-up.
Ohne Scheu(klappen)
"Ich habe wenig Scheu, die Dinge einfach mal auszuprobieren", sagt Folkendt. Eine Philosophie, die sie früh lernte: Mit 16 Jahren wechselte sie vom oberösterreichischen Gymnasium wegen exzellenter Leistungen auf eines der wenigen United World Colleges in Kanada. Nach zwei Jahren in Kanada, startete sie in Wien das Publizistik-Studium. Sie machte Auslandssemester in Thessaloniki und in München, wo sie auch ihre Diplomarbeit schrieb. Ein Praktikum bei Intel gab ihrer Karriere den Drall Richtung Start-ups. Erfahrung sammelte sie danach bei einer Firma in Zürich und in der Marketingabteilung von HP in Österreich. Schon bei HP verbrachte sie ihre Home Office Tage im Sektor 5. Weil ein guter Freund Gründungsmitglied war und sie die offene Atmosphäre inspirierte.
Ihr Netzwerk, ihr Wissen über IT und die Werkzeuge der Öffentlichkeitsarbeit brachten sie schließlich nach vier Jahren Konzernleben zum Start-up Tupalo. Nach einiger Zeit aber machte sie sich selbstständig und entwickelt seither Online-Kampagnen für europäische und US-Unternehmen und berät Start-ups. Ein Job, der nicht ortsgebunden ist, der ihr dadurch nach sieben Jahren Wien erlaubte, wieder ins Ausland zu gehen – nach Chiang Mai.
Wir sind die 12 Prozent
Seit sie wieder in Wien ist, arbeitet sie an 12percent. Der Name basiert auf einer Studie, die besagt, dass nur zwölf Prozent der Start-up-Gründer in Österreich Frauen sind. "Es wird viel darüber diskutiert, dass es zu wenige Frauen in der Start-up-Szene gibt und es werden immer nur dieselben fünf interviewt. Ich will zeigen, dass es viele weibliche Vorbilder und verschiedenen Rollen in Start-ups gibt. Das ist der kleine Beitrag, den ich leisten kann."
Vierteljährlich soll 12percent nun erscheinen, die nächste Ausgabe folgt Anfang November. Den Inhalt stemmt Kathrin Folkendt derzeit gemeinsam mit Partnern wie www.whatchado.com oder jakkse.com – umgesetzt worden ist das Portal mit der Publishing Lösung pagestrip vom Wiener Startup alice-i. Dass 12percent.org Geld abwirft ist derzeit noch ein Zukunftstraum. In welche Richtung sich 12percent.org entwickelt, ob es etwa auch gedruckt erscheinen, oder auch Frauen am internationalen Start-up-Parkett featuren soll, wird sich in den kommenden Monaten weisen: "Am wichtigsten ist, es muss sich gut anfühlen."
1.Einfach machen: Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Anfang immer am schwierigsten ist. Viele hinterfragen hier zu viel, lassen sich von Zweifeln aufhalten und scheitern an ihrem Anspruch, absolut perfekt zu sein. Mein Tipp hier ist daher: Done is better than perfect. Ich habe sehr wenig Scheu, die Dinge auszuprobieren.
2. Sich nicht entmutigen lassen: Oft funktionieren Dinge nicht auf Anhieb und es kommt Kritik. Ich denke, es ist wichtig, Feedback richtig einordnen zu können, den Unterschied zwischen konstruktiv und Einzelmeinung zu kennen. Ich höre immer öfter auf mein Bauchgefühl. Kopfentscheidungen haben sich oft als nicht richtig herausgestellt.
3. Aufstehen, wenn man fällt: Jede und jeder macht Fehler und scheitert. Manche ein bisschen mehr und ein bisschen öfter als andere. Der Trick ist, wieder aufzustehen, nach vorne zu sehen und nicht aufzugeben.
4. Ein positives Umfeld schaffen: Es hilft enorm, sich mit Menschen zu umgeben, die positiv sind und Dinge bewegen wollen. Ihr Tatendrang ist nahezu ansteckend und man bringt auch selbst mehr weiter. Negative Menschen in seinem Umfeld zu haben, kostet einfach viel zu viel Energie. Ich versuche Negatives von mir fern zu halten.
5.Netzwerken: Ich versuche, so viele Menschen wie möglich mit meinen Ideen zu erreichen, denn man weiß nie, wer einem dann im Endeffekt tatsächlich weiterhelfen kann. Und ja, netzwerken kann man lernen.