Wirtschaft/Karriere

Die Job-Interview-Knacker geben Tipps

Ihr Vorstellungsgespräch ist nicht gut gelaufen? Das liegt nicht unbedingt an Ihnen, meinen die deutschen Journalisten Anne Jacoby und Florian Vollmers in ihrem erschienenen "Jobinterview-Knacker-Buch". Mit dem KURIER sprachen sie über Tricks und geheime Methoden der Personaler.KURIER: Bewerbungsratgeber gibt es zum "Saufüttern", wie man in Österreich so schön sagt. Warum haben Sie trotzdem noch eins geschrieben? Anne Jacoby: Weil in den "Saufütterungsbüchern" immer das Gleiche steht.Florian Vollmers: Wir wollten eben keine Rezepte geben, sondern beleuchten, was im Hintergrund beim Bewerbungsgespräch abläuft. Damit man als Bewerber entspannter reingehen kann.Sie haben Personaler zu ihren Methoden interviewt. Was sind K.-o.-Kriterien, die Bewerber ins Out befördern? Vollmers: Dass die Leute sich nicht vorbereiten, sich nicht über das Unternehmen informieren. Man sollte sich schon einen Tag lang mit der Materie beschäftigen.Jacoby: Die Fragen, die man selbst stellt, sollten zeigen, dass man sich mit dem Unternehmen auseinandergesetzt hat. Bitte nicht: "Was stellen Sie eigentlich her?"Im Vorwort schreiben Sie: Lasst euch niemals unterkriegen – vor allem nicht von Personalern! Ist so eine dramatische Warnung nötig? Vollmers: Ja, weil viele glauben, sie müssten Antworten auswendig lernen und irgendwelche Rezepte anwenden. Wenn’s nicht klappt, denken sie, sie sind selbst schuld. Das ist Quatsch.Jacoby: Häufig bevorzugt der Personaler einen anderen Bewerber subjektiv oder der Stallgeruch passt nicht.Mit "richtigem Stallgeruch" meinen Sie das soziale Milieu des Bewerbers. Vollmers: Ja, Personaler tendieren dazu, Leute einzustellen, die sind wie sie. Sie checken ab, wie der Bewerber spricht, sich bewegt, wie er sich kleidet. Soziologe Michael Hartmann sagt: Dass man sich allein durch Leistung hocharbeiten kann, ist ein Mythos.

Kann nicht ein witziger Typ in Jeans auch Karriere im strengen Konzern machen ?Jacoby: Wenn er ein "gurumäßiger" Experte ist, darf er sich eigenwilliger präsentieren.Gibt es tatsächlich – wie im Buch beschrieben – Personaler, die die Sterne befragen oder Typentests anwenden? Jacoby: Ja, in Einzelfällen.Vollmers: Wir haben die verrücktesten Sachen gehört: Personaler, die etwas dagegen hatten, dass einer Bart trägt oder schwitzt. Das sind irrationale Gründe, die man nicht beeinflussen kann.

Inszenieren die Personaler das Interview nach Vorgabe?Vollmers: Ja. Je größer das Unternehmen, umso stärker sind diese Regeln festgezurrt. Es gibt Personalabteilungen, da sind Fragen und Dramaturgie vorgegeben. Eine Methode, die uns nicht bekannt war, ist die Columbo-Technik: Das Gespräch ist gut verlaufen, der Kandidat entspannt sich, dann die entscheidende Frage des Personalers: "Sind sie bereit, den Wohnort zu wechseln?" Die Bewerberin in unserer Anekdote hat leider gesagt, sie will pendeln. Im Gespräch hätte sie das nicht getan.Wie beantwortet man die Klassikerfrage zu den Schwächen und Stärken – ohne zu bescheiden, arrogant oder langweilig zu wirken? Jacoby: "Perfektionismus" und "Ungeduld" sind als Antworten nicht mehr so geeignet, weil so viele Bewerber sie vorbringen.Vollmers: Die Personaler erwarten sich ehrliche Antworten. Daher sollte man für sich vorher drei Stärken und drei Schwächen mit konkreten Beispielen überlegen. Nicht sagen, ich spreche Fremdsprachen, sondern: Ich hab’ letztes Jahr Verhandlungen im Land Y in der Landessprache geführt.Wie wichtig sind erster Eindruck und Chemie?

Jacoby: Wir haben es nicht mit chemischen Reaktionen zu tun, sondern mit sozialer Interaktion. Ein guter Kontakt entwickelt sich, wenn die Herkunftsmilieus ähnlich sind und die Wertvorstellungen zueinander passen. Das kann man beeinflussen, indem man sich dort bewirbt, wo man sich wohlfühlt.Vollmers: Es ist nicht so, dass man den ersten Eindruck nicht revidieren könnte. Ein Personaler erzählte uns: Ein Bewerber kam rein, er dachte, das ist ein Arschloch. Nach dem Gespräch hat er ihn eingestellt. Passt die Chemie wirklich nicht, ist die einzige Chance: sich nicht anbiedern, selbstbewusst bleiben.Und wenn man ängstlich ist und nicht selbstbewusst? Vollmers: Jeder sollte auf das stolz sein, was er gemacht hat. Vorher darüber nachdenken, was man kann, hilft. Es bringt aber nichts, Selbstbewusstsein vorzuspielen.Wie viel Show muss sein? Vollmers: Für den guten Eindruck muss man bis zu einem gewissen Grad eine Show abziehen. Aber: Auswendig gelernte Floskeln und sich als Superman zu präsentieren sind die häufigsten Gründe für eine Absage.Jacoby: Männer drücken ordentlich auf die Tube, Frauen sind da zurückhaltender.Wie viel Persönliches geht? Jacoby: Wenig. Über die Krankheit der Oma erzählen, die Lippen nachschminken, am Smartphone herumspielen – das geht alles nicht.Personaler googeln offenbar die Bewerber – was tun? Jacoby: Digitale Fußabdrücke im Internet wegputzen. Ein Personaler muss nicht wissen, wie gut man am Strand aussieht.Vollmers: Ich habe umgekehrt vor meinen Vorstellungsgesprächen die Personaler gegoogelt. Dann kann man beim Small Talk das Fußballspiel ansprechen, wenn man weiß, der Personaler mag Fußball. Ist aber kein Muss.Wie reagiert man auf so absurde Denk-Aufgaben wie "Wie viele Smarties passen in einen Smart ?"Vollmers: Mit Brainteasern wird die Reaktion getestet – ob man gleich drauflosrechnet oder verzweifelt aufgibt. Da sollte man sich nicht aus dem Konzept bringen lassen.Eine Absage nimmt man meist persönlich. Ein Fehler?Jacoby: Eine Absage ist nicht automatisch auf fehlende Kompetenz zurückzuführen. Oft ist es einfach Pech. Ärgern und weiter bewerben.

Schreibduo: Jacoby und Vollmers Werdegang Anne Jacoby, geboren 1969, arbeitet als freie Wirtschaftsjournalistin in Frankfurt am Main. Sie schreibt Beiträge und Bücher zu den Themen Management ("Führung neu denken", Campus Verlag 2005), Bewerbung und Persönlichkeitsentwicklung, unter anderem arbeitete sie für den FAZ Hochschulanzeiger. Außerdem unterstützt sie Autoren bei Recherche und als Ghostwriter. Florian Vollmers, 38, ist freier Wirtschaftsjournalist in Bremen und schreibt zu den Themen Bewerbung, Berufseinstieg und Mittelstand unter anderem in der F.A.Z., dem Handelsblatt und der Financial Times. Vollmers ist auch als Übersetzer tätig. 2009 haben die beiden das Buch "Bewerben in schwierigen Zeiten" veröffentlicht.