Die Abschluss-Bilanz des Uni-Managers
Fünf Minister hat Winckler als Rektor erlebt - vom aktuellen, Karlheinz Töchterle, hält er viel.
KURIER: Sie waren zwölf Jahre an der Spitze der Uni Wien - wie hat sich der Job des Rektors geändert?
Georg Winckler: Aus einer repräsentativen und koordinierenden Funktion, die häufig nicht in Bezug stand zur Tätigkeit an den Fakultäten und Instituten, ist ein Amt entstanden, von dem entscheidende Impulse zur Entwicklung einer Universität ausgehen und wo auch zentrale Budget- und Personal-Entscheidungen fallen. Etwa, welche Professoren berufen werden.
Ist ein Rektor heute mehr Manager als Wissenschaftler?
Der Job des Rektors hat heute viele Manager-Elemente. In einem Punkt würde ich zögern: Die Universität ist eine Expertenorganisation, die dann noch einer eigenen Führung bedarf. Es wäre vergleichbar mit einem Unternehmen, wo sich viel Wissen an den einzelnen Arbeitsplätzen befindet und wo Sie die Organisation strategisch ausrichten und ihr eine langfristige Perspektive geben. So muss ein Rektor auch die Entwicklung der Wissenschaften einschätzen können.
Ihre Bilanz über die Uni-Politik der vergangenen zwölf Jahre?
Caspar Einem hat meinen ersten Arbeitsvertrag 1999 unterschrieben. In der Zwischenzeit habe ich mit ihm drei Minister und zwei Ministerinnen erlebt. Ein Meilenstein war die Vollrechtsfähigkeit der Unis mit dem Universitätsgesetz 2002. Da geht es vor allem um die Frage, dass die Unis aus der staatlichen Verwaltung genommen werden, ihre Budget- und Personalentscheidungen selbst treffen können und auch verantwortlich sind für die innere Organisation.
Eines war wohl unter allen Ministern gleich: Sie hätten gerne mehr Geld bekommen.
In der leidigen Frage der Uni-Finanzierung habe ich wenig Änderung von Minister zu Minister erfahren. Sparen war immer angesagt. Was ich bedauerlich finde, ist, dass wir zwar stolz sind in Österreich, dass wir beim BIP pro Kopf unter den führenden EU-Staaten sind - aber in den Aufwendungen für den Hochschul-Sektor nur im Mittelfeld. Da kann man sich fragen: Wird das ernst genug genommen? Meine Sorge ist, dass das politische System eher andere Interessen bedient.
Wieso, glauben Sie, gibt es kein klares Bekenntnis der Politik zu Uni und Forschung?
Für mich setzen die Sozialpartner - Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Gewerkschaftsbund und Landwirtschaftskammer - zu wenig auf Innovation. Es ist wichtig, von einer Strategie der Imitation zu einer Strategie der Innovation zu finden. Letztlich können die Arbeitsplätze und das Sozialsystem nur so erhalten werden. Es geht stark in Richtung Produktinnovation. Da spielt Forschung eine große Rolle.
Waren Sie von einem Minister besonders enttäuscht?
Es ist sicher richtig, dass ich mir nach der Ministerin Gehrer mehr Engagement für die Universitäten erwartet hätte.
Was halten Sie von Minister Töchterle?
Ich hoffe, dass es ihm gelingt, seine Ankündigungen auch umzusetzen. Dann hätte er viel erreicht. Er hat die richtigen Vorschläge im Rucksack. Wenn etwas nicht zustande kommt, liegt es sicher nicht an ihm.
Hätte Sie der Minister-Job eigentlich nie gereizt?
Deswegen nicht, weil ich fand, als Wissenschaftsminister hat man nicht wirklich einen Gestaltungsrahmen.
Sind Sie je gefragt worden?
Dazu will ich jetzt nicht antworten.
Hatten Sie je die Gelegenheit, mit Kanzler Faymann über Uni-Politik zu sprechen?
Nein. Ich hatte nur voriges Jahr im November die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen, im Rahmen des Uni-Gipfeltreffens der Uniko, ÖH und Regierungsspitze. Das war nicht uninteressant, aber es hat nicht viel gebracht.
Kein Vier-Augen-Gespräch?
Das gab's nicht. Es gab eine Reihe von Gesprächen mit Leuten aus dem Umfeld oder mit Finanzminister Pröll. Beim Bundeskanzler würde man schon erwarten, dass er von sich aus Interesse zeigt.
Zur Person: Zwölf Jahre Rektor der größten Universität
Ausbildung Georg Winckler wurde am 27. September 1943 in Ostrau (Ostrava) im heutigen Tschechien geboren, ging in der Steiermark bzw. in Wetzlar in Deutschland in die Schule und studierte an der Universität Wien sowie an der amerikanischen Elite-Uni Princeton.
Aufstieg Seit 1999 war Winckler Rektor der Uni Wien, der größten Hochschule des Landes, und von 2000 bis 2005 auch Vorsitzender er österreichischen Rektorenkonferenz. Der Wirtschaftswissenschaftler ist auch stellvertretender Aufsichtsratschef der Erste Group.
Ausstieg Winckler kandidierte 2011 nicht mehr für das Amt des Rektors; ihm folgt nun der bisherige Vize-Rektor Heinz Engl nach. Winckler wird auch seine Professur an der Uni Wien nicht weiterführen. Im Herbst stehen einige Vorträge auf internationalem Parkett am Programm.