Wirtschaft/Karriere

Der Meister wird so viel wert wie der Bachelor

"Auf internationalen Baustellen sind Innenarchitekten angesehen, als Tischlermeister ist man ein Niemand – bis man durch die Praxis zeigt, dass man doch was kann", sagt Lukas Karner, Inhaber der oststeirischen Tischlerei Lux und Ausbildner des BerufsWM-Gewinners im Tischlern 2016. Das soll sich in den nächsten drei Jahren ändern: Am Dienstag hat der Ministerrat den "Nationalen Qualifikationsrahmen" (NQR) beschlossen. Erstmals werden berufliche Abschlüsse in Österreich – Lehrabschluss, Meister, HTL-Ingenieure – per Gesetz EU-weit vergleichbar.

Ex aequo

Konkret sieht die neue Regelung so aus: Berufliche Abschlüsse werden erstmals in das achtstufige, europaweite Kompetenzsystem (Europäischer Qualifikationsrahmen der EU) eingeordnet – und damit sichtbar. Berufliche Bildung wird mit akademischer auf die gleiche Stufe gestellt: Österreichische Meister und Ingenieure werden damit auf Stufe 6 mit Bachelor-Absolventen europaweit gleichgestellt. Auf Stufe 4 sollen Lehrabschlüsse ex aequo mit der AHS-Matura kommen, auf Stufe 5 die HTL-Matura. "Im angloamerikanischen Raum sind berufliche Abschlüsse im tertiären Sektor eingegliedert, in Österreich hatte bisher die akademische Bildung einen hohen Stellenwert. Das Image der Lehre wird nun aufgewertet", sagt Michael Landertshammer, Chef der Abteilung Bildungspolitik bei der Wirtschaftskammer Österreich.

Unis waren dagegen

Gehobelt wurde lange am Gerüst der neuen Regelung. Die EU wollte die Umsetzung ihrer Empfehlung in den Mitgliedsländern bereits 2010 unter Dach und Fach haben, in Österreich beginnt man im März 2016 damit. Gegen das Gesetz habe es große Widerstände aus der akademischen Welt gegeben, sagt Landertshammer, seit Jahren diesbezüglich Druckmacher auf die Politik. "Die Universitäten hatten Sorge, dass man als Meister künftig ein Masterstudium machen kann. Das ist natürlich nicht so", sagt er. Dennoch gebe es konkrete Vorteile für Praktiker: "Als Tischler- oder Bäckermeister erspare ich mir mühsame Anerkennungsverfahren in anderen EU-Ländern", so Landertshammer.

Die NQR-Koordinierungsstelle wird demnächst geschaffen, bis 2018 sollen alle Berufsabschlüsse eingestuft werden. Auch nonformale Bildung (etwa Lehrgänge) soll Eingang in den Qualifikationsrahmen finden, sagt Landertshammer, auch Chef der Wirtschaftsförderungsinstitute (WIFI). "Bildungsanbieter können Einstufungen beantragen – im Falle des WIFI etwa die Ausbildung zum Bilanzbuchhalter."

Die Aufwertung der Lehre ist auch bei Wiener Betrieben ein wichtiges Thema: 72 Prozent (2013: 72 Prozent) sprechen sich für Maßnahmen zu mehr Qualität in der Lehre aus. In 54 Prozent der Unternehmen sind ehemalige Lehrlinge mit Führungsaufgaben betraut.