Der CEO kommt von außen
Von Nicole Thurn
Ben van Beurden arbeitet seit mehr als 30 Jahren bei Shell. Seit 2014 führt er den laut Forbes größten Konzern Europas an. Warren Buffett kaufte die Investmentfirma Berkshire Hathaway 1965. Er hält sich noch immer an der Spitze der größten Firma in den USA. Matthias Müller begann seine Karriere bei Audi, ehe er zur Konzernmutter VW aktuell der Nummer zwei Europas, wechselte. Nach dem Abgasskandal im Vorjahr wurde er der neue Boss. Jamie Dimon kam 2004 als Vorstandschef der Bank One über eine Fusion zu JP Morgan Chase, der Nummer zwei in den USA. Er wurde ein Jahr später ihr CEO.
Die meisten Firmenchefs sind im Unternehmen aufgestiegen, wurden langfristig aufgebaut. In den USA sind 85 Prozent der aktuellen CEOs intern besetzt, in Deutschland sind es 73 Prozent, zeigt die Studie "The Evolving Path to CEO" der Personalberatung Russell Reynolds Associates. Untersucht wurden tausend CEOs der größten Konzerne in den USA und Europa. Allerdings: Die Tendenz, externe CEOs einzustellen, steigt: Vor 2012 wurden in den USA nur 13 Prozent der Firmenlenker extern besetzt, danach waren es 19 Prozent. In Europa wurden davor 23, danach 34 Prozent von außen geholt. Den größten Sprung gab es in Großbritannien – von 19 auf 46 Prozent. Verantwortlich für externe Besetzungen sind unter anderem die Kurzlebigkeit der Firmen oder Fusionen wie im Falle Jamie Dimon.
Frischer Wind
"CEO-Levels werden zunehmend extern besetzt", bestätigt Alexander Kail, Partner bei Headhunter Stanton Chase. "Durch den Innovationsdruck auf den Märkten wird es erforderlich, die Außensicht ins Unternehmen zu holen." Gerade wenn der Konzern neue Märkte erschließen soll, sei frischer Wind sinnvoll. Mit einem internen Kandidaten würde man andererseits auf Nummer sicher gehen: "Eine externe Besetzung birgt ein riesiges Risiko. Sind der neue CEO und das Unternehmen nicht kompatibel, kracht es gewaltig", so Kail.
Egal ob von intern oder extern kommend, CEOs müssen neue Anforderungen erfüllen. Jeder dritte europäische Firmenboss hat laut Studie keine internationale Erfahrung – was verwundert, handelt es sich doch um globale Firmen. "Auslandserfahrung ist zwar kein Dogma, sich in verschiedenen Kulturkreisen bewegen zu können, allerdings ein Muss", sagt Alexander Kail. Noch wichtiger: In Zeiten des Wandels müssten Firmenchefs Strategieprozesse leiten können. Mit der zunehmenden Digitalisierung in vielen Branchen sei essenziell: "Der CEO muss wissen, wie man Innovation managt."