Das Oberhaupt der Industrie
Von Andrea Hlinka
Georg Kapsch fragt, wo er Platz nehmen soll. Ungefragt den Tischvorsitz zu wählen, ist nicht sein Stil. Einer wie Kapsch, geboren in eine traditionsreiche Unternehmerfamilie, muss seinen Rang nicht mit einem Sitzplatz festigen. Seit einem Jahr ist der Miteigentümer und Vorstandsvorsitzende der Kapsch AG zudem Präsident der Industriellenvereinigung. Ein Liberaler, heißt es, ein Feingeist, ein Intellektueller.
Georg Kapsch ist der Enkel des Gründers, übernahm in den 1980er-Jahren die Führung. „Es war in keinster Weise klar, dass ich die Firma übernehmen werde, es hat sich so ergeben“, sagt er. Die Führung war nicht immer leicht. Vor allem nicht, als er vor dreizehn Jahren gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Kari das Unternehmen komplett umbauen sollte. In Folge übernahmen sie die Anteile der anderen Familienmitglieder.
Auf die erste persönliche Frage antwortet Kapsch: „Mein Privat- und Berufsleben sind völlig voneinander getrennt.“ Kapsch spricht nie über Privates. Bekannt ist: Er ist kein Partytiger, mag das Buch „Der kleine Prinz“ und Maseratis, segeln, jagen und Gustav Mahler, ist verheiratet und hat zwei Söhne.
Am Ende eines Satzes hält Georg Kapsch inne. Er beugt sich nach vorne, versucht im Gesicht des Gesprächspartners zu lesen, ob dieser seinen Punkt verstanden hat. Ein Nicken genügt. Er lehnt sich zurück, fährt fort oder wartet auf die nächste Frage. Er wird sie ebenso präzise, in schönstem Schönbrunnerdeutsch, beantworten.
KURIER: Sie sind für die häufig kritisierte GmbH light. Wieso?
Georg Kapsch: Ich stehe absolut dahinter. Man muss es Menschen nicht schwer machen, ein Unternehmen zu gründen. Wenn Sie unternehmerisch tätig werden, haben Sie immer das Risiko des Scheiterns. Das ist in Wahrheit auch in Ordnung. Jemand der scheitert, hat gezeigt, dass er etwas versucht. Wir werden Unternehmertum nur dann forcieren können, wenn wir ein anderes Verständnis von der Bedeutung des Scheiterns bekommen.
Woran sind Sie je gescheitert?
Ich bin oft gescheitert. Ich habe in Unternehmen investiert, aus denen nichts geworden ist – obwohl ich überzeugt war, das ist eine grandiose Idee. Ich bin vor vielen Jahren gescheitert, als ich Kapsch umstrukturieren wollte. Wir mussten die Eigentumsverhältnisse ändern, damit das möglich war.
Sind Sie heute mit dem Umbau des Unternehmens zufrieden?
Ja. Man muss auch zufrieden sein. Das heißt nicht, nicht weiter zu streben. Aber wenn man immer unzufrieden ist im Leben, dann kann man auch die Leistung nicht bringen.
Wie schnell bekommt ein junger Mensch mit einer guten Idee einen Termin bei Ihnen?
Wenn mein Interesse geweckt ist, dann ist ein Gespräch sehr schnell möglich.
Sind Sie für Studiengebühren?
Natürlich. Alles andere ist asozial. Wäre ich Sozialdemokrat, würde ich hohe Studiengebühren fordern und diesen hohe Leistungsstipendien gegenüberstellen.
Was beschäftigt Sie derzeit?
Wie es mit Europa weitergeht – wirtschafts- und gesellschaftspolitisch. Europa ist unsere Chance und Europa ist unser Schicksal. Entweder Europäer sind gemeinsam erfolgreich oder wir werden im internationalen Spiel nicht bestehen.
Sie sind an vielen Projekten beteiligt. Ist Ihnen schnell langweilig?
Mir war in meinem Leben nie langweilig. Ich glaube auch nicht, dass mir je langweilig sein wird.
Werden Sie je in Pension gehen?
Ich möchte Zeit meines Lebens etwas tun, gefordert sein. Man neigt im Alter jedoch dazu, nicht zu erkennen, wann man anderen auf die Nerven fällt. Ich hoffe, dass es Menschen gibt die mich darauf aufmerksam machen. Und ich hoffe, dass ich Kritik dann so annehmen kann wie heute. Ich muss dann kein Unternehmen führen. Es muss eine erfüllende Tätigkeit sein, die für die Gesellschaft einen Mehrwert bringt. Ich möchte nichts tun, das nur mir was bringt aber sonst niemanden.
Was treibt Sie an?
Ich denke, dass Menschen, die in eine privilegierte Situation gekommen sind, die Verantwortung haben der Gesellschaft etwas zurück zu geben. Ich habe Dinge gesehen, die mir nicht gefallen und leiste meinen Beitrag, um sie zu ändern.
Was gefällt am Unternehmertum?
Das Gestalten können und die Möglichkeit, mit anderen Menschen etwas gemeinsam zu machen. Ich möchte nicht irgendwo alleine etwas tun, ohne in einem Team zu arbeiten.