Wirtschaft/Karriere

Das Ministerium wiederbeleben?

Am 16. Dezember 2013 war es vorbei. An diesem Tag, es war die Angelobung der ehemaligen neuen Regierung, wurde der alleinige Wissenschaftsminister abgeschafft. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner übernahm die Agenden der Hochschulen. Studierende und ÖH traf diese Entscheidung schwer. Wissenschaft zu Wirtschaft – unvorstellbar. Wut und Protest folgten, Uni-Vertreter sahen die Wissenschaft den Bach runtergehen. Einer der wenigen Optimisten in dieser Causa, Alexander van der Bellen, sagte im KURIER-Gespräch damals, alle Hoffnung läge nun bei der Person Reinhold Mitterlehner: "Aufgewertet und im Zentrum der Macht kann er – wenn er will – mehr zugunsten der Universitäten durchsetzen als seine Vorgänger es getan haben".

Am Montag wurde diese Hoffnung Vizekanzler und ÖVP-Obmann und mutierte somit zu einem "Superminister", wie ihn die ÖH höhnisch bezeichnet. Alleine könne er so viele bedeutende Ämter nicht tragen, die Bildung würde verkümmern, so der Tenor der Österreichischen Hochschülerschaft. Jetzt wäre der beste Zeitpunkt, den "fatalen Fehler der Abschaffung des Ministeriums wiedergutzumachen" und das unabhängige Ressort wiederzubeleben. Die ÖH forderte das eigenständige Wissenschaftsministerium zurück. Und bekam Staatssekretär Harald Mahrer.

Lange To-do-Liste

Der ehemalige ÖH-Vorsitzende Mahrer wurde zur Entlastung Mitterlehners ins Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium geholt. Florian Kraushofer vom aktuellen ÖH-Vorsitz-Team erhofft sich viel vom neuen Wirtschafts- und Wissenschafts-Duo. Primär mehr Zeit und Geld für die Hochschulen. Zwar hätte aus ÖH-Sicht die Regierungsumbildung besser für eine Wiederbelebung des Wissenschaftsministerium genutzt werden sollen, aber auch die aktuelle Lösung ist für die ÖH keine unzufriedenstellende. "Beide sollten bei all der Wirtschaft aber nicht vergessen, dass auch die Wissenschaft bei ihnen im Ressort liegt – und auch repräsentiert gehört", mahnt Kraushofer. Mahrer soll unter anderem an der Weiterentwicklung der Forschungspolitik an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten. Reinhold Mitterlehner ist zuversichtlich, dass dadurch viel weitergeht. "Er verkörpert das, was wir als Neugier in der Wissensgesellschaft kennen und wird viele dieser Eigenschaften in seiner neuen Funktion einbringen können", erklärt er.

Beim Blick auf den tertiären Sektor stechen aktuell drei Probleme heraus (siehe Kästen), die es für das Ressort anzupacken gilt. Was das bis dato brisante Thema Zugangsbeschränkungen und neue Studiengebühren betrifft, bleibt Kraushofer gelassen. "Ich glaube nicht, dass sich Mitterlehner da die Finger verbrennen will." Dennoch sagte Mitterlehner beim Forum Alpbach vergangene Woche, das Thema Zugangsbeschränkungen "noch nicht ad acta gelegt" zu haben. Im Herbst will das Ministerium einen Prototyp eines Universitätsentwicklungsplans vorlegen, der die angestrebte Entwicklung und Steuerung von Studierendenströmen behandeln soll.

Die To-do-Liste für das Wirtschafts- und Wissenschafts-Duo Mitterlehner und Mahrer ist lang. Man blickt erwartungsvoll auf ihre Arbeit. Die ÖH will die Wiederbelebung des unabhängige Wissenschaftsministerium weiter verfolgen. Florian Kraushofer: "Spätestens bei der nächsten Wahl werden unsere Forderungen wieder laut."

Dass Mitterlehner politisch aufgestiegen ist, hat aus ÖH-Sicht auch positive Konsequenzen für die Wissenschaft: „Mitterlehner kann sich jetzt nicht mehr hinter zu wenig Kompetenzen verstecken und muss sofort für eine Hochschul-Milliarde eintreten“, sagte Julia Freidl vom ÖH-Vorsitzteam. Auch von Staatssekretär Harald Mahrer erwartet man handeln. Bis das passiert, leidet der tertiäre Bildungssektor aber an Unterfinanzierung. Statt der angesprochenen Milliarde mehr stehen derzeit rund 615 Millionen zur Debatte. Ziel wäre es, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2020 für die Hochschulbildung locker zu machen. Derzeit sind es 1,5 Prozent.

Wenn Studierende an einer Fachhochschule in ihren Rechten verletzt werden (etwa mit ungewöhnlichen Klauseln in ihren Ausbildungsverträgen), ist diese Rechtsstreitigkeit vor einem Privatgericht zu klären. An den Universitäten hingegen sind solche Prozesse im öffentlichen Recht angesiedelt, und somit standardisiert, einfacher zu klären und verursachen keine Kosten. „Jemanden im Privatrecht zu klagen ist für Studierende eine große Hemmschwelle“, sagt Florian Kraushofer vom ÖH Vorsitzteam. Um allen Studierenden gleiche Studienvoraussetzungen zu ermöglichen, soll das Studienrecht der Fachhochschulen in öffentliches Recht umgewandelt werden.

Seit der Donau-Uni Krems das Promotionsrecht eingeräumt wurde, gehen die Wogen zwischen Universitätenkonferenz und Wissenschaftsministerium hoch. Der Wissenschaftsrat spricht sich gegen ein Promotionsrecht für Privat-Unis, Sondermodelle von Universitäten oder Fachhochschulen aus (der Doktortitel würde verwässert). Nur Universitäten sollen, als Nachweis eigenständiger Forschung der Studierenden, Doktorate vergeben dürfen. Die Unis sollen mit den Fachhochschulen aber kooperieren dürfen. „Derzeit gibt es die Idee, Doktorats-Colleges auf FH einzurichten“, so Florian Kraushofer. Ob das tatsächlich passiert, ist fraglich.