Wirtschaft/Karriere

Das Dilemma der professionellen Überläufer

„Die Wette gilt. In spätestens zwölf Monaten werde ich, Katharina Lichtenfels, Staatssekretärin in der österreichischen Regierung sein. Und da werd’s schauen, meine lieben Freunde.“ Eben noch in der Privatwirtschaft und schon auf der Showbühne der heimischen Politik? Durchaus möglich – nicht nur in der Polit-Satire „Quereinsteiger“ von Gerhard Fenkart-Fröschl, aus der die Figur Kathi Lichtenfels und ihr Zitat stammt. Sophie Karmasin, neue Familienministerin, ist dafür ein aktuelles Beispiel. Ihr Wechsel fällt auf, dabei sind Sprünge in eine andere Branche eigentlich alltäglich: Journalisten wechseln gern in die PR, Politiker in die Privatwirtschaft – vice versa.

Sind solche Wechsel gefährlich? Eine berufliche Sackgasse? Karrierecoach Elfriede Gerdenits sagt: „Wenn man durch diesen Wechsel in einen Interessenskonflikt mit früheren Kunden oder Partnern kommt, wird es ein Problem.“ Der Wechsler steckt zwangsläufig in einem Dilemma: Was darf er wissen und verwerten, was nicht? Genau diese Erfahrungen sind der Grund für den neuen Arbeitgeber, den Mitarbeiter zu holen. „Der Marktwert liegt eben darin, dass man sich über die Jahre hinweg Geschäftsbeziehungen aufgebaut hat und Erfahrungen und Wissen sammeln konnte. Deswegen ist man für den Arbeitgeber interessant, deswegen kauft er einen Mitarbeiter ein“, sagt Gerdenits.

Ausnutzen darf der Seitenwechsler sein gesamtes Wissen nicht. „Es gibt in jedem Unternehmen Geheimhaltungserklärungen, die untersagen, dass man gewisse Dinge nach außen trägt“, sagt Renate Krammer, Geschäftsführerin der Iventa Personalberatung in Wien. Sie warnt aber davor, das Einbringen von Branchenwissen rein negativ zu behaften: „Positiver Lobbyismus ist durchaus legitim.“ Für den Wechsler heißt es jedenfalls, professionell zu sein, sensibel zu sein und von vornherein jeglichen Verdacht auf unlautere Praktiken auszuschließen. Sophie Karmasin hat am Tag ihrer Angelobung die Verbindungen zu ihren Firmen gekappt und ihre Firmenanteile an ihren Mann übergeben. Ziemlich sicher wird auch diese Polit-Karriere irgendwann enden. Dann wird auch Karmasin, wie das Gros ihrer Politikervorgänger, zurück in die Wirtschaft wechseln.

Für die Jungen werden viele Karrieren in völlig unterschiedlichen Branchen selbstverständlich sein. „Stromlinienförmige Karrieren werden immer mehr zur Ausnahme“, sagt Renate Krammer. Einerseits wegen der Forderung der Wirtschaft nach mehr Flexibilität und der neuen Realität, dass es Jobs auf Lebenszeit schon lange nicht mehr gibt. Andererseits wegen der stetigen Suche nach etwas Besserem, nach mehr Geld, Prestige, Nervenkitzel, etwas Neuem.

Es handelt sich dabei um eine Vereinbarung, mit der man sich verpflichtet, bis zu einem Jahr nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht in der Branche des alten Arbeitgebers tätig zu werden. Die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft wollen diese Klauseln abschaffen. In einer Wettbewerbsgesellschaft sei es absurd, Menschen ein Jahr lang zu verbieten, in ihrem Berufsfeld tätig zu sein, so AK-Wien-Vizedirektorin Alice Kundtner Ende 2013. Vor unlauterer Konkurrenz durch ehemalige Arbeitnehmer schütze das Wettbewerbsrecht und legitime Vertragsklauseln zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Für die WKO und Industriellenvereinigung war die Kritik nicht nachvollziehbar.