Wirtschaft/Karriere

Büro der Zukunft: „Wir glauben an die Kraft der zufälligen Begegnungen“

KURIER: Herr Höfinger, Remote Arbeiten ist in Zeiten der Pandemie in den Fokus der arbeitenden Bevölkerung gerückt. Und zahlreiche Umfragen beweisen: Homeoffice ist gekommen, um zu bleiben. Sie allerdings haben kürzlich ein 1.000 Quadratmeter großes Büro in der Wiener Innenstadt eröffnet. Braucht es  ein solches  noch?
Markus Höfinger: Die Rückkehr ins Büro bedeutetet nicht die Rückkehr in die alte Arbeitswelt. Präsenzkultur hat ausgedient. Aber es ist wichtig, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu kommunizieren, warum es Sinn macht,  ins Büro zu kommen. Es geht hier  um Kooperation, Kollaboration und Zusammenarbeit, Dinge die aus dem Homeoffice nicht möglich sind. Ich sage immer: Kreativität entsteht durch heterogene Kooperation. Wir glauben an die Kraft der zufälligen Begegnungen. Es lässt sich nun einmal nicht alles in arrangierten Teams-Meetings abbilden. 

Das heißt aber nicht, dass Mitarbeiter wieder fünf Tage die Woche ins Büro kommen werden.
Nein, das sicher nicht. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass reines Homeoffice nicht die Lösung der Zukunft ist. Denn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nur von zuhause aus arbeiten verlieren die emotionale Bindung zum Unternehmen. Und dann ist manchmal der nächste Arbeitgeber  nur einen Zoom-Call weit weg. Das wollen wir nicht. 
Ich bin der Meinung, dass es einen Unterschied macht, ob ich in einer Mannschaft spiele, das kann ich von zuhause aus vor dem Computer auch, oder ob ich als Mannschaft spiele. Und das kann ich am Ende des Tages nur von einem gemeinsamen Ort, dem Büro, aus.

Wie sehen Arbeitsräume  aus, in denen sich Innovation entfalten kann?  
Ich glaube, dass Büros heute verräumlichte Kooperationssysteme sein müssen. Es geht nicht  um ein Aneinanderreihen von Arbeitsplätzen, damit die Mitarbeiter einen Tisch haben, um ihren Computer aufzustellen.  Sondern es geht darum, Räume zu schaffen, die ungezwungene Begegnung fördern. 

Räume für Begegnung und Entfaltung sind das eine. Feste Arbeitsplätze das andere. Braucht heute jeder Mitarbeiter noch seinen eigenen Schreibtisch?
Das kann man pauschal nicht beantworten. Bei uns im Unternehmen gibt es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die wirklich jeden Tag ins Büro kommen. Diese haben natürlich  ihren fixen Arbeitsplatz, den sie  gestalten können, wie sie wollen. Andere  sind zwei Tage die Woche beim Kunden sind, zwei Tage vom Homeoffice aus arbeiten und nur einmal wöchentlich ins Büro kommen. In so einem Fall macht das „Clean Desk“-Prinzip natürlich Sinn. Wichtig ist nur, dass man als Arbeitgeber genau diese Flexibilität bietet.

Welche Rolle spielt das Design für gutes Arbeiten und die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen?

Ein ästhetischer Anspruch ist zumindest unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern durchaus wichtig.  Und damit meine ich nicht unbedingt den materiellen Wert, den Einrichtung haben muss. Vielmehr geht es um ein Gesamtkonzept, das erkennbar sein muss. Büros sollten heute mehr sein, als nur ein Ort, an dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihren Computer abstellen. Sie müssen eine berufliche Heimat bieten, an dem sich die Menschen, die dort regelmäßig ein und aus gehen, wohlfühlen.

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Aber als Arbeitgeber muss man im sogenannten War for Talents doch mehr bieten als nur ein ansprechendes Büro.
Ja, wir merken heute deutlich, dass die Generation Y und die Generation Z in Bezug auf Arbeit und Arbeitgeber heute anders ticken als ältere Generationen. Früher ging es um einen sicheren Arbeitsplatz und um die gute Bezahlung. War das gegeben, blieb man oft ein Leben lang beim selben  Arbeitgeber. Das ist heute nicht mehr so. Jüngere Generationen hinterfragen ihren Arbeitgeber nicht nur viel stärker, sie wollen mit ihrer Tätigkeit auch einen Impact schaffen. Sinnstiftende Arbeit ist das Um und Auf.

Wie hat sich das Recruiting dadurch verändert?
Vorstellungsgespräche laufen heute völlig anders ab, als das noch vor 15 Jahren der Fall war. Ich würde  fast sagen, dass wir als Unternehmen mehr bei den jungen Talenten pitchen als das umgekehrt der Fall ist. Die jungen Leute, vor allem in unserem Bereich der Information Worker, wissen, dass sie extrem gut ausgebildet sind und sie kein Problem haben, einen Job zu finden. Stimmt das Werteset des potenziellen Unternehmens nicht mit dem der jungen Talente überein, hat man  keine Chance mehr, junge Kräfte zu bekommen.


Ein Grund, warum sich viele Unternehmen Werte wie Diversität, Equal Pay oder auch Nachhaltigkeit auf die Fahnen heften.
Durchaus. Aber nur darüber zu reden oder am Christopher Street Day einfach nur sein Firmenlogo mit Regenbogenfahnen zu färben, ist den Jungen  viel zu wenig. Es muss tiefer gehen, wirklich gehandelt werden. Ich etwa führe heute mit meinen Mitarbeitern mehr Diskussionen in Richtung Werteset und Haltung als in Richtung Karriere und Gehalt. Die Prioritäten haben sich  geändert.


Auch von Leadership haben junge Leute heute eine andere Vorstellung.
Definitiv. Ein Titel auf einer Visitenkarte interessiert einen 26-jährigen WU-Absolventen  nicht mehr. Entweder akzeptiert er einen Vorgesetzten aufgrund seiner Kompetenz  oder eben nicht. Führungskräfte sind heute Coaches, die ihren Mitarbeitern auch ermöglichen müssen, Dinge auszuprobieren anstatt diese stur vorzugeben. Nur mit einem kooperativen und agilen Führungsstil bleiben wir  attraktiv.