"Bin ein Arbeitsvieh": Leo Hillingers Weinbusiness in Afrika
Von Irmgard Kischko
Leo Hillinger ist der wohl bekannteste Winzer Österreichs. Der KURIER hat ihn in Kapstadt besucht. Was ihn ausgerechnet hierher verschlagen hat, wie er mit Neid umgeht und was sein Erfolgsgeheimnis ist, erzählt er im Interview.
KURIER: Wir sitzen hier in Ihrem Haus in Südafrika am Strand in Kapstadt, bewundern die Wellen des Pazifiks und blicken auf den Tafelberg. Was tun Sie hier, am anderen Ende der Welt?
Leo Hillinger: Südafrika ist zu meiner zweiten Heimat geworden und auch beruflich bin ich sehr eng mit diesem wunderbaren Stück Erde verbunden. 1993 war ich das erste Mal da, habe auf einem Weingut gearbeitet und war auch auf der Universität in Stellenbosch, in den Winelands von Westkap. Ich habe mich in dieses Land einfach verliebt. Landschaftlich ist Südafrika kaum zu übertreffen – Wüsten, Regenwälder, Gebirge und unendliche Küste: Südafrika ist großes Kino, es begeistert mich jedes Mal aufs Neue durch seine Gegensätze.
Welche Rolle spielt Südafrika für Ihr Weinbusiness?
Die berufliche Verbindung zwischen meiner Heimat Burgenland und Südafrika ist in den letzten fünf Jahren zu einer echten Leidenschaft geworden. Anfangs arbeitete ich mit einem renommierten Winemaker in Stellenbosch zusammen. Das Ergebnis waren zwei großartige Weine, Cape Hill Sauvignon Blanc und Cape Hill Syrah. Seit zwei Jahren mache ich in einem Joint Venture mit dem Traditionsweingut Constantia Glen Weine – aktuell einen Rotwein und einen Weißwein unter der Marke „Constantia Hill“.
Sie besitzen 90 Hektar Weingüter im Burgenland, füllen jährlich über eine Million Flaschen ab und exportieren in über 20 Länder. Sie sind einer der erfolgreichsten Österreicher im Weinbusiness. Will Leo Hillinger noch weiter expandieren?
Es geht dabei weniger ums Expandieren oder Geldverdienen, als um die Herausforderung, mit einem international angesehenen Weingut zusammenzuarbeiten. Ein Weingut übrigens, das ebenfalls einem Österreicher gehört, dem Vorarlberger Textilunternehmer Alexander Waibel. Mein Ansinnen ist auch, die hohe österreichische Weinqualität mit dem enormen Potenzial Südafrikas zu verbinden. Ich bin schlicht ein Weinfanatiker. Und Alexander ist es auch. Man könnte sagen, es ist eine Herzblutangelegenheit für mich.
Was fasziniert Sie so sehr an der südafrikanischen Weinkultur?
Der Weinbau auf West Cape rund um Constantia Valley hat lange Tradition, die bis ins Jahr 1652 reicht. Es herrschen optimale klimatische Verhältnisse für die besten Trauben. Hier werden auch Rebsorten angebaut, die in Österreich nicht vorhanden sind, beim Weißwein etwa Sémillon – für eine perfekte Ergänzung zum Sauvignon Blanc – oder Malbec beim Rotwein.
Was ist das Erfolgsgeheimnis Ihres Geschäfts?
Ich mache nur Weine, die ich persönlich vertreten kann. Meine Methoden zeichnen sich durch tiefen Respekt vor der Traube und den Eigenheiten des Bodens sowie den klimatischen Bedingungen aus. Hinzu kommt, dass ich ein Arbeitsvieh bin, extrem in jeder Hinsicht, im Beruf ebenso wie im Sport. Ich bin mit vollem Einsatz und meiner ganzen Leidenschaft sieben Tage die Woche bei der Sache. Mein Tag fängt um 4.30 Uhr an und endet gegen Mitternacht, ich habe unzählige Sitzungen pro Woche und packe überall mit an.
Schlafen Sie denn gar nicht?
Doch, vier Stunden am Tag (lacht). Ich bin rastlos, allzeit hoch motiviert, mit dem Drive, immer was weiterzubringen. Wenn ich ein Geschäft erkenne, auch als Investor, dann will ich es machen. Das steckt in mir drin, deswegen schaffe ich es gar nicht, nichts zu tun. Und wenn ein Ziel erreicht ist, dann gibt es schon das nächste und übernächste. Alles, was ich mir aufgebaut habe, ist auf meinen Ehrgeiz und meine Konsequenz zurückzuführen.
„Konsequenz, Konsequenz, Konsequenz“ ist auch der Titel Ihrer Autobiografie…
Ja, das ist absolut mein Lebensmotto, egal ob es um Beruf, Privates oder Sport geht. Es gibt super viele Kreative, aber sie sind einfach nicht konsequent. Ich muss wissen, was ich will, wie ich es erreiche, welche Möglichkeiten ich habe. Und ich muss mit uneingeschränkter Konsequenz den Weg zum Ziel gehen. Der kann auch sehr steinig sein, meiner war es jedenfalls.
Inwiefern war Ihr Werdegang steinig?
Ich habe nicht mit Null angefangen, sondern mit einem Minus, als ich einst den Weinhandel meines Vaters übernahm. Mit solchen Schulden ein Business zu starten, war quasi ein Harakiri. Zu Beginn nahm ich jeden Job an, um zu überleben, habe nie aufgegeben, obwohl ich kaum Unterstützung hatte. Außer von meiner Mutter, die immer an mich geglaubt hat, und meiner Familie, die voll und ganz hinter mir steht. Auch heute noch ist es mir wichtig, dass ich keinen brauche, von niemandem abhängig bin. Dadurch kann ich die Struktur durchziehen, die ich für mein Leben im Kopf habe. Weinbau ist mein Herzblut, meine Freude und meine Kraftquelle. Weinbau ist eine Lebenseinstellung und die lebe ich 24 Stunden am Tag.
Kommt dabei Ihr Familienleben nicht zu kurz?
Manchmal schon, klar. Doch dank der Unterstützung meiner Frau Eveline schaffe ich alles. Sie ist die Kraft, die im Hintergrund alles zusammenhält. Wenn ich sie nicht hätte, wäre ich auf persönlicher Ebene beziehungsunfähig und auf beruflicher ohne Stütze. Ich bin 280 Tage im Jahr unterwegs, bin zwei Monate mit der Weinlese beschäftigt, arbeite sehr viel. Dennoch habe ich meine Kinder groß werden sehen, weil ich die Zeit, die ich mit ihnen verbringe, intensiv nutzte. Und bei allen Verpflichtungen: Frühstücken mit meiner Familie hat einen Fixplatz in der Tagesplanung.
Wie gehen Sie mit Rückschlägen im Business um?
Erfolg heißt nicht zuletzt, die eigenen Grenzen zu erkennen und diese zu respektieren. Gott sei Dank habe ich auch Fehler gemacht, denn das macht nur stärker und man lernt viel daraus. Es gibt wenige Menschen, die die Welt verändern können – jene, die es können, sollen es machen. Ich gehöre dazu. Die Weinwelt jedenfalls habe ich verändert. Aufgeben? Nie. Nur einen Brief. Was mich aufregt, sind Menschen, die nur groß reden und nichts tun, um ihre Situation zu verändern.
Viele meinen, Hillinger steht hauptsächlich für perfektes Marketing. Tatsächlich sind Sie ein Vorreiter in Sachen Promotion, nicht zuletzt als TV-Investor. Wie gehen Sie mit Neid um?
Eine Marke zu werden, ist schwer, eine zu bleiben, noch viel schwerer. Dahinter steckt harte Arbeit. Wer etwas anderes glaubt, versteht nichts vom Weinbusiness oder Business generell. Die Qualität meiner Weine hatte für mich immer schon Priorität. Wer meine Weine nicht schätzt, kennt sie nicht. Oder er hat ein Problem mit mir. Man kann meinetwegen über mich höhnen, aber nicht über meinen Wein. Der ist top, dafür sprechen nicht zuletzt die Ergebnisse etlicher Blindverkostungen auf internationaler Ebene. Ihn zu verunglimpfen trifft mich ähnlich, wie wenn man über meine Kinder schlecht redet. Außerdem ist es meinen hart arbeitenden Mitarbeitern gegenüber auch nicht fair. Da bekomme ich einen Anfall. Neid ist etwas, womit ich seit meinen ersten Erfolgen immer wieder konfrontiert bin. In meinem Heimatland ist Missgunst leider weit verbreitet, in Deutschland ebenso. In Österreich kann ich heute eine Lungenentzündung haben – dann neiden sie mir auch die. Doch ich habe damit leben gelernt. Neid muss man sich ja bekanntlich verdienen, nur Mitleid bekommt man geschenkt.
Sonnenstrom für Afrika
Jeden zweiten Tag sammelt Kito die Handys der Bewohner seines kleinen Dorfes im Südwesten Ugandas ein, packt sie in seinen Rucksack und fährt in die gut zehn Kilometer entfernte Nachbarsiedlung. Dort lebt Kovu. Er erzeugt mit seinem Dieselaggregat Strom und übernimmt das Aufladen der Handys für die kleine Region. Denn ans Stromnetz ist keines dieser Dörfer angeschlossen.
Die Menschen betreiben ihre Geräte entweder mit Batterien oder müssen fürs Aufladen der Akkus eben Dritte bezahlen. Und das ist gar nicht so wenig. „Das kann schon zwölf oder mehr Euro pro Monat kosten“, sagt Lukas Grüner. Der gebürtige Oberösterreicher hat Solantis gegründet, ein Unternehmen mit Sitz in der Hauptstadt Ugandas, Kampala. Solantis hat vor drei Jahren begonnen, kleine Solarsysteme für Haushalte, die keinen Anschluss ans Stromnetz haben, zu verkaufen.
„Solche Haushalte gibt es viele in Uganda“, erklärt Grüner. Er schätzt, dass mindestens fünf Millionen Haushalte in den ländlichen Regionen des Landes ohne Elektrizität leben.
Der Markt für seine kleinen Solarsysteme, die er in China einkauft und über derzeit sechs Filialen in Uganda verkauft, ist also riesig. 6000 Solarsysteme hat er inzwischen verkauft. Mit den kleinsten dieser Systeme kann ein Haushalt zumindest eine Glühlampe betreiben und die Handys aufladen. Etwa 20 Euro kostet so eine „Solaranlage“, abzahlbar in zwei Jahren zu etwa ein Euro pro Monat. Größere Systeme, mit denen auch ein Fernseher betrieben werden kann, kosten rund 120 Euro.
Grüner hat große Ziele: 40 Filialen will er bis 2023 in Uganda und eventuell auch in umliegenden Ländern einige Niederlassungen. Doch die Konkurrenz im Solarmarkt ist groß – und einige unterbieten die Preise von Solantis. „Dass wir mehr Service und Gewährleistung bieten, sehen viele nicht. Da zählt der Preis“, sagt Grüner. Dennoch ist er zuversichtlich, dass er sicht mit Qualität durchsetzt.
Rinderfarm mit Hilfe Jesu
Was hat Jesus mit einer Farm in Afrika zu tun? Sehr viel, wenn man das Gemeinschaftsunternehmen des gebürtigen Ugander Patrik Bruni und des Salzburger Investmentbankers Jakob Zenz am Stadtrand von Kampala besucht. Dort sind die beiden jungen Männer gerade dabei, auf 65 Hektar Land eine große Farm zu errichten: mit 150 Rindern, 12.000 Hühnern, 350 Schweinen sowie Plantagen für Süßkartoffel und Gemüse.
Um den beiden den Start zu erleichtern, hat Patrik Brunis Adoptivmutter, die aus Tirol stammende Maria Prean, den Grund zur Verfügung gestellt. Dieser Grund gehört Marias Missionswerk „Vision for Africa“, das gleich neben der Landwirtschaft beheimatet ist.
Und „Mama Maria“, wie sie in Uganda genannt wird, hat dort „mit Jesus Hilfe“ wie sie sagt, Beachtliches geschaffen: Schulen, Kindergarten, Ausbildungsstätten für die Ärmsten der angrenzenden Stadt. Vor 20 Jahren habe Jesus ihr gesagt: „Maria, geh nach Afrika.“ Wie immer in ihrem Leben sei sie Gott gefolgt, sagt die heute 80-Jährige. Und nun wolle sie Bruni den Weg in die Selbstständigkeit erleichtern. Noch blickt sie mit einiger Skepsis auf die Arbeit der beiden jungen Leute. Denn eigentlich wolle sie, dass die Farm möglichst rasch unabhängig werde von ihrer Unterstützung.
Glückliche Hühner
Das aber könnte noch dauern. Denn auch in Uganda, wo reichlich fruchtbares Land und viele billige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, ist Landwirtschaft ein harter Job. Noch probieren die beiden aus, was das Beste und Ertragreichste ist. Jakob Zenz ist ständig am Rechnen und Kalkulieren, Patrik Bruni kümmert sich um die Bauarbeiten. Derzeit wird der erste große Stall für die Hühner errichtet.
„Käfighaltung wäre billiger, aber Mama Maria hat das untersagt“, erklärt Bruni. Und so müssen die beiden einiges mehr investieren, um genügend Platz für Bodenhaltung des Geflügels zu schaffen.
Auch mit den Arbeitskräften für ihre Farm haben es die beiden nicht ganz leicht. „In der Landwirtschaft zu arbeiten, hat in Uganda einen sehr schlechten Ruf“, erklärt Bruni. Die Arbeitslosigkeit im Land ist zwar enorm, doch Arbeitswillige sind dennoch schwer zu finden.
So haben Bruni und Zenz – wieder mit Hilfe von Mama Maria – Häftlinge eingesetzt, die die Farmarbeit verrichten. „Sie freuen sich, wenn sie das Gefängnis für einen Tag verlassen können. Die Wartelisten für diese Arbeit sind lang“, sagt Jakob Zenz. Außerdem ist stets ein Aufseher dabei. Die Häftlinge arbeiten also tatsächlich von früh bis spät. Der Lohn geht ans Gefängnis.
Billiger als andere Arbeitskräfte seien die Häftlinge zwar nicht, aber effizienter, betonen die beiden Jung-Farmer. Mama Maria hat stets ein Auge auf das Fortschreiten des Farm-Projekts. Denn Bruni soll sein eigenes Geld verdienen. Eigentlich wäre der junge Mann lieber Musiker. Das hat er auch studiert. Mama Maria hat ihn sogar in die USA geschickt, um dort sein Studium zu absolvieren. Mit seiner „Family Africa Band“ tourt er regelmäßig durch Europa. Gospel ist sein Genre.
In Kampala aber wird er jetzt auf seiner Farm gebraucht. In Gummistiefeln und Arbeitskleidung legt er selbst Hand an – so wie Österreicher Jakob Zenz auch. Denn nur mit der gemeinsamen Arbeit hoffen die beiden, ihren Traum einer großen, wirtschaftlich gut gehenden Farm zu verwirklichen.