Bildungsreform: "Drei minus"
Von Andrea Hlinka
Ende November präsentierte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner die Eckpunkte der Bildungsreform und die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Vergangene Woche äußerte sich nun Michael Landertshammer, Leiter der Abteilung Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) dazu. Er stellt der Bildungsreform ein eher bescheidenes Zeugnis aus. In Schulnoten ausgedrückt: "Eine Drei bis Vier. Also eine Drei minus." Doch immerhin: Sie sei zwar viel weniger als erhofft, aber mehr als erwartet.
An der Reform positiv bewertet Landertshammer den Bildungskompass, mit dem der Entwicklungsstand jedes Kindes erhoben werden soll und etwa das zweite verpflichtende Kindergartenjahr. Nur eine "leichte Verbesserung" brächte dagegen die Einigung im Bezug auf die Schulautonomie. Dass künftig ein Schuldirektor etwa das Sachbudget selbst verwalten kann, sei zwar "gut, aber nicht das, was wir uns erwartet haben". Im Bereich der Schulverwaltung sei nicht mit einer wirklichen Verschlankung zu rechnen, stattdessen werde es vermutlich da oder dort "neue Türschilder geben", so Landertshammer.
Bessere Lehrer und Lehre
Was dem Bildungsexperten zudem fehlt ist eine bessere Berufsorientierung, verpflichtende Talentechecks und die Verbesserung der Lehrerausbildung. Denn: "Das Bildungssystem und die Reform stehen mit der Qualität der Lehrer", so Landertshammer. In Zukunft müsse man mehr Anreize dahin gehend setzen, dass "die besten Leute" diesen Beruf ausüben. Um die zu finden könne er sich ein Auswahlverfahren ähnlich dem an Fachhochschulen vorstellen. Zudem solle ein breiteres Weiterbildungsangebot für Lehrer angeboten werden.
Ein besonderes Anliegen ist der Wirtschaftskammer naturgemäß die Aufwertung und Imageverbesserung der Lehre. "Das Image der Lehre kann nur angehoben werden, wenn den Jugendlichen nach einem Lehrabschluss alle Wege offen stehen – auch und vor allem in den tertiären Bildungssektor", so Michael Landertshammer. Eben diese Durchlässigkeit aus dem beruflichen Ausbildungsweg in den Hochschulsektor würde noch nicht ausreichend gegeben sein. Mit der Berufsakademie (Infos siehe rechts) will man die Lücke ein wenig schließen.
Ganz ohne Matura zum Master, das ist seit 2014 mit der sogenannten Berufsakademie möglich. Vor fast zwei Jahren wurde sie von der WKÖ in Zusammenarbeit mit dem WIFI und der FHWien der WKW ins Leben gerufen, um die Lücke zwischen Lehre und Hochschule zu schließen und die Durchlässigkeit zu erhöhen. Nun wurde die Berufsakademie evaluiert und von den Studierenden als sehr zufriedenstellend eingeschätzt. Fast drei Viertel der Befragten gab an, dass sie die Berufsakademie wieder machen würden und mehr als zwei Drittel würden sie weiterempfehlen. Die Studierenden sind im Durchschnitt 37 Jahre alt und haben entweder eine Lehre oder mittlere bzw. höhere Schule (zumeist im Handel/kaufmännischen Bereich) absolviert. Fast alle sind vollzeitbeschäftigt, rund 10–15 Prozent sind selbstständig.
Angeboten werden derzeit zweisemestrige Lehrgänge und darauf aufbauend zweisemestrige Master-Programme in den Bereichen „Handelsmanagement“ und „Marketing&Verkauf“. Die Lehrgänge wurden im ersten Jahr ihres Bestehens von knapp 1000 Studierenden belegt. Die Kosten für beide Ausbildung-Jahre belaufen sich auf insgesamt ungefähr 12.000 Euro. Die Absolventen bekommen den Titel Master of Science, einen Weiterbildungs-Master, verliehen.