Bildungs-Auszeit für die Falschen?
Von Ulla Grünbacher
Die Auszeit vom Job für Ausbildungszwecke namens Bildungskarenz boomt. Zwischen Jänner und April 2015 gab es laut AMS 9732 Bezieher. Vor allem jüngere, gut bezahlte Arbeitnehmer – in erster Linie Frauen – nehmen das Angebot, für zwei bis zwölf Monate ihr Studium zu beenden oder einen Weiterbildungskurs zu besuchen, an. Gedacht ist das Modell jedoch für Niedrigqualifizierte, welche die Chance bekommen sollen, sich besser für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren.
Ein Beispiel dafür, wie es sein sollte, ist der Autozulieferer Miba. "Wir haben 2009 in Krisenzeiten damit begonnen, Beschäftigte über die Bildungskarenz weiterzubilden, um die Stamm-Mannschaft erhalten zu können", sagt Personalchef Bernhard Reisner. Auch heuer holen Arbeiter in den oberösterreichischen Werken fehlende Schulungen für den Lehrabschluss zum Metallarbeiter über die Bildungskarenz nach. "Für uns ist das eine Kostenentlastung. In Zeiten mit Umsatzrückgängen können Personal- und Lohnnebenkosten eingespart werden", sagt Reisner. Gleichzeitig können Facharbeiter, die bekanntlich Mangelware sind, herangezogen werden. Die Mitarbeiter werden während der Dauer der Ausbildung geringfügig beschäftigt und gehen dem Unternehmen nicht gänzlich verloren. Vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Krisen kann so temporär Belegschaft abgebaut werden, eine gute Alternative zur Kurzarbeit.
Auszeit vom Job
Wer sich mit dem Arbeitgeber auf eine Bildungskarenz einigt, wird für zwei bis zwölf Monate karenziert und bekommen auch kein Gehalt. Dafür erhalten die Mitarbeiter vom AMS-Weiterbildungsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes. Der konkrete Betrag hängt vom individuellen Einkommen ab und liegt bei mindestens 14,53 Euro am Tag. Finanziert wird die Weiterbildungsmaßnahme aus Arbeitslosenversicherungs-Beiträgen.Das Problem: Viele Arbeitnehmer nützen die Möglichkeit, um eine Auszeit vom Job zu nehmen. 20 Wochenstunden muss man sich weiterbilden, für ein Studium reichen erfolgreich absolvierte Prüfungen über nur vier Semesterstunden (acht ECTS-Punkte ) aus – womit der Studienfortschritt sich in Grenzen hält. Bei guter Organisation bleibt zudem viel Spielraum für Freizeit oder Reisen. Das sieht die AMS-Sprecherin Beate Sprenger anders: "Jeder Ortswechsel muss gemeldet werden – eine Weltreise auf Kosten des Staates ist also kaum möglich." Für das AMS reicht ansonsten eine Bestätigung des Kursbesuchs. "Bei Missbrauch fordern wird das Geld zurück und machen eine Anzeige bei der Staatsanwaltschaft", betont Sprenger.
Es gibt auch Fälle, in denen die Bildungskarenz, die der Arbeitgeber ja bewilligen muss, genutzt wird, um einen neuen Job zu suchen. Auch ist es möglich, eine Sprache zu erlernen, die man für den Job nicht braucht. Diese Freiheit in der Kursauswahl stößt Kritikern bitter auf. Sie fordern, dass die Bildungskarenz viel stärker an den Inhalten, die der Arbeitsmarkt benötigt, ausgerichtet werden sollte.