Wirtschaft/Karriere

Berliner Concept Store landet in Wien

Die hohen Schaufenster des Gassenlokals sind mit Papierbögen verklebt. Im Inneren, abgeschirmt und ungestört, zeigen sich mindestens vier Meter hohe Wände blütenweiß angemalt. Sonst herrscht hier noch Chaos: Verpackungsmaterial, Schnüre, Besen, Werkzeug, Sessel, Wasserflaschen – alles liegt herum.

Mittendrin werkt Christoph Munier in seinem weiß beschmierten Blaumann. Ob das Geschäft bis zur Eröffnung am 25. Juli fertig wird? "Klar", antwortet Christoph Munier, "es ist ja nicht das erste Mal." 15 "Kauf- dich glücklich"-Stores haben er und seine Gründungspartnerin Andrea Dahmen seit 2002 in zehn Städten bereits eröffnet. Hier im Wiener 7. Bezirk, Ecke Lindengasse/Kirchengasse, entsteht gerade Nummer 16, die erste Dependance außerhalb Deutschlands. Auf einer Fläche von rund 280 Quadratmetern wird es eine große Auswahl an Mode, Home-Accessoires, Büchern und Musik geben. "Weil Wien sehr schön ist und hier viele Deutsche leben", sagt Munier, der sich und Dahner am ehesten als Geschäftsleute benennen würde. "Gründer klingt so ehrwürdig."

Von Berlin bis Wien

Die Tür öffnet sich und Jenny, Mitarbeiterin der ersten Stunde, kommt mit einem Netz Erdäpfel in der Hand in den Shop: "Heute gibt es Pellkartoffel mit Quark." Sehr sympathisch, sehr unösterreichische Wortwahl. Obwohl sich heute 300 Menschen Kauf-dich-glücklich-Mitarbeiter nennen, ist man scheinbar familiär und unkompliziert – ganz wie in den Anfangszeiten.

Die beiden Ex-Design-Studierenden Andrea Dahmen und Christoph Munier lernten einander Ende der 90er-Jahre mit Anfang 20 in Berlin kennen. Es muss ein schönes Berlin gewesen sein, nicht so hip wie heute, sondern zurückgelehnt und ein wenig von Leichtsinn überzogen. Christoph Munier erzählt, dass alles machbar war: "Berlin war eine Spielwiese."

Auf dieser Spielwiese erbauten sie ihr Geschäft, wo es zu Beginn nur alte Möbel und Wohnaccessoires gab, aber bald Eis, Waffeln und Kaffee. Dann kamen Schuhe hinzu – ein klassischer Mischladen, bald Concept Store genannt. Wo es dann auch keine Sportschuhe sondern Sneakers und statt Kapuzenpullover Hoodies zu kaufen gab. Kauf dich glücklich war immer hip und funktionierte: Dinge präsentieren und verkaufen, die schön sind und glücklich machen, egal, zu welcher Warengruppe sie gehören – das ist das Konzept.

Schamlos shoppen

Der Name "Kauf dich glücklich" ist Christoph Munier und Andrea Dahmen in der gemeinsamen WG beim Geschirrabwaschen eingefallen. "Es sollte etwas Euphorisches sein", sagt Munier. Dahmen schnitt die Buchstaben aus Zeitungsartikel aus, wie man es von Erpresserbriefen kennt. Bis heute ist der Schriftzug in diesem Design geblieben, manche Monate war er bunt eingefärbt, in anderen nur monochrom. Heute, in einer Zeit, in der Konsum oftmals verteufelt wird, wirkt der Name ein wenig obszön – sagt auch Munier. "Er war schon immer mit einem Augenzwinkern gemeint."

In ihren Läden machen die Gründer so viel wie möglich mit den eigenen Händen. Einige Wochen reisen sie in die jeweilige Stadt, um zu werken und zu feilen. "Boden, Elektrik, Wände, wir machen selber, was geht. Man muss sich und den Mitarbeitern was zutrauen und nicht für jede Kleinigkeit einen Handwerker holen", sagt Munier. Seine Eltern, beide Kunstlehrer, bauen das Schild, das über dem Eingang hängen wird – so wie in den anderen 15 Läden.

Christoph Munier hat nicht den Anspruch, perfekt zu sein: "Das macht uns nicht aus". Kauf dich glücklich setzt lieber auf ein geordnetes Chaos. Wenn eine Ecke bei der Eröffnung nicht fertig ist, wird Munier auch nicht in Hysterie verfallen. "Wir haben schließlich ein paar Jahrzehnte zu leben – das muss man sich doch nett machen."

1. Nicht zu viel planen, nicht zu viel reden, einfach nur machen. Das klappt doch immer: Spring ins kalte Wasser und schwimm.

2. Sieh zu, dass du nach einer gewissen Zeit auch wieder mal frei hast, Ruhe hast. Man muss wirklich haushalten mit den eigenen Kräften. Daher muss man lernen zu delegieren – man kann nicht alles selber machen, muss man auch nicht. Es gibt Leute, die manche Sachen eben besser können als man selbst. Man braucht jemandem, dem man trauen kann, der seine Aufgabe zwar auf seine Art macht aber in deinem Sinne. Wichtig ist auch, die Mitarbeiter wirklich ernst zu nehmen – sei mit ihnen auf Augenhöhe, denn sie haben alle Erfahrung und können viel beitragen.

3. Stell Mitarbeiter nicht nach dem Papier ein, sondern nach ihrem Können, ihrem Talent. Unsere Personalchefin ist etwa Kunsthistorikerin.

4. Verwechsle Umsatz nicht mit Gewinn. Viele schlagen mit den ersten Einnahmen über die Stränge. Wir haben uns privat immer zurückgehalten, keine fetten Karren gekauft oder so. Wer kauft überhaupt noch einen Neuwagen? Das ist so viel Geld, das man wirklich nicht ausgeben muss.

5. Versuch nicht zu perfekt zu sein– wir sind keine Perfektionisten, das sieht man auch in unseren Läden. Wir machen dort alles selber – Böden, Wände, Elektrik. Ach ja, das ist auch ein Tipp: Trau dir was zu und ruf nicht für jede Kleinigkeit einen Handwerker.