Wirtschaft/Karriere

Weniger Bonus, mehr Gehalt

Eigentlich wollte die Politik die Gehalts-Exzesse der Banker stoppen – doch wie es aussieht, geht der Schuss nach hinten los: Weil Boni auf EU-Ebene reguliert werden sollen, wollen etwa ein Viertel der europäischen Finanzinstitute die Fixgehälter der betroffenen Mitarbeiter noch in diesem Jahr anheben. Man ist findig: Sind die Boni begrenzt, erhöht man die fixen Gehaltsbestandteile.

Alle Inhalte anzeigen

2013 wollen 24 Prozent der befragten Unternehmen das Fixgehalt erhöhen, 2014 57 Prozent, so die Ergebnisse der aktuellen Mercer-Studie „Global Financial Services Executive Renumeration Report“, für die weltweit 78 Finanzdienstleister befragt wurden.

Hintergrund: 1:1-Regel

Im Rahmen der Revision der Eigenkapitalvorschriften für Banken hatte das Europaparlament Anfang des Jahres eine Deckelung der Boni von Bank-Managern beschlossen. Die erfolgsabhängigen Zahlungen eines Bankers dürfen demnach ab 2014 im Regelfall nicht höher sein als das fixe Grundgehalt (1:1-Regel), also maximal die Hälfte des Gesamteinkommens ausmachen. Wenn die Aktionäre zustimmen, kann die Grenze für die variable Vergütung auf das doppelte des Grundgehalts angehoben werden. Von der Boni-Deckelung sind alle betroffen, deren Tätigkeit mit besonderen Risiken verbunden ist.

Vor allem Großbritanniens Bankenlobby stemmte sich gegen das Vorhaben und bat um Rücksichtnahme auf die besonderen Bedürfnisse Londons als Finanzhandelsplatz. Der vehemente Widerstand war nicht überraschend, denn 77 Prozent der 3175 europäischen Spitzenbanker, die mehr als eine Million Euro verdienen, sitzen im Vereinigten Königreich (siehe rechts unten). Doch der Protest hat nicht geholfen. Die Boni-Deckelung wurde dennoch beschlossen.

In Großbritannien ist der Trend, die Fixgehälter zu erhöhen bevor die Bonus-Obergrenze in Kraft tritt, deshalb noch stärker ausgeprägt als im restlichen Europa. Dort haben, laut einer Robert- Half-Financial-Services-Studie, die vergangene Woche veröffentlicht wurde, zwei Drittel der Finanzdienstleister vor die Gehälter ihrer Mitarbeiter zu erhöhen – im Schnitt um 20 Prozent.

Lockmittel Geld

Sowohl der Robert-Half-Studie, als auch der Mercer-Studie nach, sorgen sich Unternehmen wegen der regulatorischen Änderungen um ihre Wettbewerbsfähigkeit. 93 Prozent gaben in der Half-Studie an, zu fürchten, dass ihnen ausländische Konkurrenten Mitarbeiter abspenstig machten. Geld ist scheinbar nach wie vor das effektivste Lockmittel in der Banker-Szene. Die europäischen Institute haben Angst, den Kampf um die besten Mitarbeiter gegen US-Institute zu verlieren.

Doch Experten warnen bereits, dass die Banken mit höheren Fixgehältern weniger flexibel reagieren könnten, wenn sie in schlechten Zeiten weniger verdienten.


Andere Anreize

Wichtiger werden nun aber auch nicht-monetäre Leistungen, um Talente zu bekommen und zu halten. Mercer-Manager Bernd Thomaszik: „Da es mit den geplanten regulatorischen Änderungen und der damit einhergehenden Erhöhung der fixen Vergütung unter Umständen teurer wird neue Talente in die Unternehmen zu holen, konzentrieren sich immer mehr Institute darauf, ihren vorhandenen Talentpool stärker an das Unternehmen zu binden“. Flexible Arbeitszeitmodelle und Trainings zur Karriereentwicklung würden in der Vordergrund rücken.

Mehr als 3000 Spitzenbanker in Europa erhalten laut europäischer Bankenaufsicht (EBA) mehr als eine Million Euro Gehalt. Das Gros, 77 Prozent, sitzt im Vereinigten Königreich: 2011 kommen dort 2436 Banker auf einen Jahresverdienst von einer Million Euro oder mehr. Der Durchschnittsverdienst lag – feste und variable Vergütungen inbegriffen – bei 1,44 Millionen Euro.

Gescheiterte Banker sollen nach Vorstellungen der EBA künftig in anderen Ländern Europas nicht ohne weiteres Fuß fassen können. Die Londoner Behörde will im nächsten Jahr eine Datenbank schaffen, in der Eignung und Qualifikation von Bankern verzeichnet sind. Bisher werden solche Infos nicht zentral gesammelt, sondern nur auf Anfrage von den nationalen Behörden weitergegeben.