AMS fordert Geld für Abbrecher zurück
Von Anita Staudacher
Erfolgreicher Abschluss - oder Geld zurück. Eine fragwürdige Richtlinienänderung des AMS Wien bei der Finanzierung von staatlichen "Ersatz-Lehrstellen" in Überbetrieblichen Ausbildungszentren (ÜAZ) sorgt für Aufregung in der Branche. Konkret geht es darum, dass das AMS das Lehrjahr dem Ausbildner nur dann finanziert, wenn der Jugendliche es voll absolviert oder auf eine reguläre Lehrstelle in einen Betrieb weitervermittelt wird.
Für Drop-outs, also Lehrlinge, die ihre Ausbildung vorzeitig abbrechen, fordert das AMS vom Institut das Ausbildungsgeld für das volle Lehrjahr retour. Bei einer Ausfallsquote von rund 20 Prozent stellt die Regelung für einige Institute eine empfindliche Einbuße dar und setzt Lehrlingsausbildner unter zweifelhaften Erfolgsdruck. Wie der KURIER erfuhr, sind viele von ihnen frustriert, weil die Berufsausbildung damit weiter nach unten nivelliert werde. "Wir sollen alle Jugendlichen durchbringen, egal wie", klagt ein Lehrlingsausbildner, der seinen Namen lieber nicht nennen möchte, "aber wie soll ich jemanden zum Abschluss bringen, der wegen vieler Nicht genügend die Berufsschule gar nicht schafft?" Auch disziplinäre Maßnahmen - etwa bei mehrfach unentschuldigtem Fernbleiben - seien mit dieser quasi Erfolgsgarantie nur noch schwer umsetzbar. Eine Weitervermittlung gelinge nur mit guten Lehrlingen.
"Eine qualitative Lehrausbildung ist damit nicht mehr durchführbar", kommentiert ein Institutschef, der ebenfalls lieber anonym bleiben möchte. Spar-Notwendigkeiten beim
AMS und der Wunsch nach niedriger Jugendarbeitslosenquote werden als Hauptgründe für die Maßnahme vermutet.
Bonus-Malus
Beim AMS Wien versteht man die Aufregung nicht. Mit dem neuen Bonus-Malus-System sollten Anreize geschaffen werden, um durch intensivere Betreuung auch schlecht qualifizierten Jugendlichen den Berufseinstieg zu ermöglichen. Dies sei schließlich Aufgabe der ÜAZ. "Die Regress-Regelung ist ein einmaliges Pilotprojekt, das wir erst evaluieren müssen", so Sprecher Sebastian Paulick. In anderen Bundesländern gibt es diese Regelung nicht.
Wiens Wirtschaftskammer-Präsidentin Brigitte Jank hält die AMS-Vorgaben für "nicht den richtigen Weg", die Drop-out-Quoten zu senken. Fördermaßnahmen sollten schon in den Schulen beginnen, um sicherzustellen, dass Lernziele auch erreicht werden.
"Ersatz-Lehre": 12.200 Plätze
ÜAZ Jugendliche, die keine Lehrstelle in einem Betrieb finden, können ihre Ausbildung in einem von 35 staatlich finanzierten Überbetrieblichen Ausbildungszentren (ÜAZ) absolvieren. Aktuell stehen 12.272 Plätze zur Verfügung.
Kosten Das AMS finanziert die Plätze mit 176 Mio. Euro pro Jahr, allein auf Wien entfallen 70 Mio. Euro. Pro Lehrling und Jahr fallen Kosten von rund 18.000 Euro an.