"Als Berater braucht man Biss"
Von Nicole Thurn
Andreas Unger sucht Mitarbeiter. Seit Mitte 2011 ist er Geschäftsführer der Management- und Technologieberatung BearingPoint. Im Interview spricht er über die Veränderungen am Beratermarkt und die künftigen Anforderungen für Management-Berater.
KURIER: BearingPoint ist Management- und Technologieberatung zugleich. Warum diese Verquickung?
Andreas Unger: Es geht um eine ganzheitliche operationale Beratung: Es gibt heute fast keine Business-Strategie, die ohne IT-Systeme auskommt. Auch unterliegt der Beratermarkt starken Veränderungen: Viele Unternehmen haben erfolgreich in Osteuropa investiert, jetzt geht es um den Return of Investment, darum, das Ganze zu operationalisieren, umzusetzen. Da brauchen Unternehmen Beratung auf andere Weise, als es bei der Ausrichtung auf Wachstum der Fall ist. Wir definieren hier mit unserem Business Consulting einen neuen Markt.
Das erfolgreiche Umsetzen war aber doch auch schon bisher ein Ziel der Berater?
Stimmt, viele Berater haben sich das auf die Fahnen geheftet. Sie haben dem Kunden das Kochbuch in die Hand gegeben, ihm aber nicht gesagt, wie er die Zutaten mischen muss, damit der Kuchen was wird.
Inwiefern verändert sich das Angebot am Beratermarkt?
Wir haben in Österreich einen reifen Markt mit starkem Wettbewerb: In Relation zur Anzahl der Kunden gibt es viele Berater – im Vergleich zu Deutschland. Es gibt viele kleine Beraterunternehmen, der Markt differenziert sich mehr. Ich sehe da aber eine gewisse Flurbereinigung in den nächsten drei Jahren. Die Kunden beginnen wieder, global aufgestellte Beratungsunternehmen auszuwählen.
Warum dieser Wandel?
Unternehmen müssen heute aufgrund des globalen Wettbewerbs in kürzeren Zeiten viel agiler, schneller und nachhaltiger reagieren. Die Krise verstärkt das. Dazu brauchen sie ein flexibleres Businessmodell. Das bedeutet auch ein anderes Profil von Beratern für die Zukunft.
Warum gibt es so viele Berater bei uns?
Eine gute Frage. Vielleicht liegt es an der Entwicklung vom Industrie- zum Dienstleistungsland. Da ist das Bild entstanden, dass man mit der Beratung relativ schnell viel Geld verdienen kann.
Was unterscheidet BearingPoint von anderen?
Wir wollen es nicht besser wissen, sondern den Unternehmen helfen, es besser zu machen. Wir sehen uns nicht abgekapselt vom Kunden, sondern erarbeiten mit ihm gemeinsam in gemischten Teams die Projekte.
Was macht einen guten Berater der Zukunft aus?
Er bringt strategisches, aber auch umsetzungsorientiertes Verständnis mit, muss zuhören können, die Sprache des Kunden sprechen. Hier zählt interdisziplinäres Denken, aber auch Empathie, damit es nicht eine Lehrmeisterübung wird. Ich weiß nur, wie die Welt meines Kunden ausschaut, wenn ich selbst mal in seiner Rolle war, z. B. in einer Bank gearbeitet habe.
Sie suchen nach Quereinsteigern aus der Praxis?
Ja, wir bauen weiter aus und wollen Mitarbeitern von Kunden eine zweite Karrierechance geben. Jeder, der Motivation hat, ist herzlich willkommen, sich bei uns zu bewerben. Wir haben schon jetzt gute Erfolge mit Bewerbern von Kunden erzielt.
Jungakademiker sind nicht so gefragt bei Ihnen?
Natürlich rufen wir auch sie auf, sich zu bewerben. Es geht um den Mix zwischen jungen und erfahrenen Leuten. Wir achten bei der Auswahl stark auf Motive und Werte der Bewerber und sind einer der wenigen Managementberater, die auswärtiges universitäres Wissen in unser Unternehmen bringen.
Sie kooperieren mit der Yale School of Management.
Ja, wir bieten für Manager, Senior Berater, Partner verschiedene Trainings in Yale an. Das Ganze ist sehr praxisorientiert.
Der Druck für Berater ist aber groß, hört man.
Man braucht Biss, um die Karriere zu stemmen. Gerade zu Beginn ist ein großer Druck da, da braucht es hohe Motivation. Beratung ist kein Nice-to-have-Beruf, sondern eine Einstellung. Das muss man leben.