Wirtschaft/Karriere

Mehr Jobs durch App-Pioniere

In der Pfenninggeldgasse 15 in Wien wird eifrig diskutiert. Gerade arbeiten die jungen Anfang-Dreißiger an der IOS7-Version ihrer App „Shpock“. Die Adresse ist Goldes wert: Mit dem virtuellen Flohmarkt hat das Start-up „Finderly“ erst Ende August einen finanzkräftigen Investor an Land gezogen. Die Firma Schibsted Classified Media investiert eine siebenstellige Summe, schon zur Gründung vor genau einem Jahr schossen Business Angel Johann Hansmann und Speedinvest eine sechsstellige Summe zu, erzählt Katharina Klausberger, die mit Armin Strbac „Finderly“ gegründet hat. Gestartet haben sie mit einem Eigenkapital von 50.000 Euro. Mittlerweile arbeiten zwölf Leute in ihrem Team. „Im Moment ist die App noch kostenlos, wir verdienen noch kein Geld damit“, sagt die 31-Jährige.

Die App-Industrie boomt, allein im Apple Store waren im Juli 900.000 Applikationen erhältlich. Laut einer Studie des Verbands für App-Entwickler (ACT) wurden in den vergangenen fünf Jahren in Europa durch Apps 800.000 Arbeitsplätze geschaffen – mit einem Umsatz von jährlich zehn Milliarden Euro. Und das ist noch lange nicht das Ende: Bis 2016 soll sich der internationale App-Markt auf das Dreifache vergrößern.

„Das ist ein hartes Business. Man braucht ein sehr gutes Geschäftsmodell.“Albert GerlachUnternehmensberater, WIFI WienDas Potenzial für Apps erkennen auch in Österreich immer mehr Firmen und Gründer. Eine App allein ist jedoch noch kein Garant für Erfolg, sagt Albert Gerlach, der bei der Unternehmensberatung WIFI Wien innovative Gründer berät: „Die Welt ist voller Apps, das ist ein hartes Business. Man braucht ein sehr gutes Geschäftsmodell.“

Eines steht laut dem Experten fest: Man müsse sich den Markt genau anschauen, die App testen. Erfolg bringe sie erst, wenn sie international funktioniere. Und hier beginnen die Schwierigkeiten, so Gerlach: „Oft bedenkt man den Aufwand an Administrativem, Marketing, an Rechtlichem nicht.“ Hat man die geniale App, muss man sie gut vermarkten. „App-Marketing ist eine eigene Marketingschiene“, so Albert Gerlach.

„Shpock“ (Shop in your Pocket) hat sich von Bloggern testen und empfehlen lassen, „vieles läuft über Mundpropaganda“, sagt Klausberger. Auch wenn die Flohmarkt-App schon 1,2 Millionen Downloads verzeichnet: Dranbleiben heißt es dennoch. Mehr als 20 Server arbeiten im Hintergrund, jeden Tag werden Anwendungen weiterentwickelt, erzählt Klausberger: „Wir wollen es weiterhin besser machen, dürfen uns nicht ausruhen.“ Die Community ist alles, sie muss bei Laune gehalten, die Funktionen erweitert werden. Im Laufe der Zeit soll „Shpock“ Geld bringen, zusätzliche Vorteile sollen gegen eine kleine Gebühr angeboten werden.

App-Millionär

Einige Start-ups schaffen es, ihre App auf einen Schlag zu Millionen zu machen: So geschehen ist das dem Schüler Nick d'Aloisio, der seine Text-App „Summerly“ um 30 Millionen US-Dollar an Yahoo verkaufte.

Laut Gerlach sind solche Erfolgsgründer Einzelfälle. Wer eine App anbietet, kann aber über verschiedene Wege zu Geld kommen: Über eine kostenpflichtige Premium-Version, über einzelne kostenpflichtige Module. Oder über Werbung.

Der „BikeCityGuide“, eine Navi-App für Radfahrer, wird so vermarktet: „Wir binden das Logo unserer Vertriebspartner in die App ein“, sagt Co-Gründer Daniel Kofler.

Wer keine Ahnung vom Programmieren hat, kann sich im App-Bauen für Anfänger versuchen:Das holländische Start-up AppMachine hat soeben inÖsterreich, Deutschland und der Schweiz seine Plattform gelauncht. Sie bietet Applikationen zum Selbermachen an.

Nach dem ersten Monat waren es 10.000 Nutzer, heute sind es 1,2 Millionen. 1,5 Millionen Produkte wechselten bisher per Smartphone die Besitzer: Damit ist die Flohmarkt-App Shpock nach eBay der größte mobile Kleinanzeigen-Marktplatz im deutschsprachigen Raum. Im August investierte Schibsted Classified Media eine siebenstellige Summe in die Flohmarkt-App. Oliver Holle (SpeedInvest) und der Business Angel Johann Hansmann investierten Hunderttausende Euro. Stillstand ist unmöglich: „Wir arbeiten jeden Tag intensiv an der Weiterentwicklung der App“, sagt Co-Gründerin Katharina Klausberger (Bild). Ihr Tipp für App-Entwickler: „Klein anfangen, die App am Markt testen und erst dann die Funktionen langsam erweitern.“

Zwei studierende Grazer Fahrradkuriere und ein Softwareentwickler ergibt? Eine Navi-App für Radfahrer. Der „BikeCityGuide“ ist in WienGraz und insgesamt 33 Städten in sieben Ländern – wie Deutschland, Belgien und Frankreich – erhältlich. Die App ist gratis, pro virtueller Stadtkarte zahlt man 4,50 Euro. Der Launch in Kopenhagen steht bevor, Spanien ist nächstes Ziel. Neu ist die rurale Version „BikeNatureGuide“. Richtig Geld verdienen Daniel Kofler und seine 17 Mitarbeiter über Förderungen und den Vertrieb ihrer seit April erhältlichen Smartphonehalterung „Finn“ (um 12 Euro). 43.000 Bestellungen für „Finn“ gibt es bereits aus aller Welt. 50.000 Euro setzt das Start-up im Monat um.

Idee und Umsetzung waren so genial, dass der US-Internetkonzern Yahoo 30 Millionen US-Dollar (22,5 Mio. Euro) dafür bezahlte. Und zwar an den 17-jährigen Briten Nick d’Aloisio, der mit „Summly“ den Nerv der Zeit trifft: Die App verkürzt lange Texte per cleverem Algorithmus auf das Wesentliche. Die App bot der Schüler im Apple-Store an – bis Yahoo darauf aufmerksam wurde. D’Aloisio ist damit einer der jüngsten Multimillionäre der Welt – und mittlerweile der reichste Mitarbeiter bei Yahoo.

Die App startete D‘Aloisio schon im Alter von 15 Jahren mithilfe von großzügigen Financiers: Künstlerin Yoko Ono und Schauspieler Ashton Kutcher gaben ihm mehr als eine Million US-Dollar.