1. Mai – einst und jetzt
Von Ulla Grünbacher
Seit 1890, damals begann sich die Arbeiterschaft vieler Länder gegen 16-Stundentage zu organisieren, wird der 1. Mai als internationaler Tag der Arbeit in aller Welt gefeiert. Zu den Forderungen der ersten Mai-Kundgebungen in Wien zählten neben der Reduktion der täglichen Arbeitszeit auch die Einführung des Wahlrechts sowie der Pensions- und Invaliditäts-, Witwen- und Waisenversorgung. 1919 beschloss die Nationalversammlung die Erhebung des 1. Mai zum "allgemeinen Ruhe- und Festtag". 1933 brachte die Regierung Dollfuß das Ende der Maifeiern: Die Straßendemonstrationen wurden verboten, der 1. Mai zum "Tag der Verfassung" umfunktioniert.
In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen die Feiern langsam die heutige Gestalt an. Sie entwickelten sich wieder zu einer Plattform für sozialpolitische Anliegen und zum Forum innenpolitischer Auseinandersetzung. Die Sozialdemokraten in Wien führen seit 1921 ihren Aufmarsch über die Ringstraße zum Rathausplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfindet – auch heute noch. Doch seit einiger Zeit werden die Maiaufmärsche mehr aus Tradition als aus politischer Motivation abgehalten. Obwohl immer noch viele Menschen zum Rathausplatz strömen, hat der Tag seine ursprünglichen Bedeutung verloren. Zur Unterstützung parteipolitischer Ziele auf die Straße zu gehen, ist in den Hintergrund gerückt. Für viele ist der 1. Mai einfach ein arbeitsfreier Tag.