Wirtschaft

Maut auf der Golden Gate Bridge

Der Chef meldet sich regelmäßig bei Themen der Tagespolitik zu Wort. „Die Chance für einen großen Wurf wurde verschenkt“ lautete das nicht gerade euphorische Statement von Georg Kapsch zum rot-schwarzen Koalitionspakt. Schließlich ist der Vorstandsvorsitzende der Kapsch AG ja auch Präsident der Industriellenvereinigung. Es ist daher sein Job, die wenig innovationsfreudige Bundesregierung zu mehr Betriebsamkeit anzuhalten.

Innovation und Risiko

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Bereitschaft zu Innovation und das damit verbundene Risiko ist für ein Unternehmen wie Kapsch ein notwendiges Geschäftsprinzip. Neben der Kapsch TrafficCom (Maut- und Verkehrsleitsysteme) sind die BusinessCom (Informationstechnologie) und die CarrierCom (Telekommunikation) international im Geschäft. Rund zwei Drittel des Umsatzes von 928 Millionen Euro im Geschäftsjahr 2012/’13 erwirtschaftet der Konzern im Ausland.

Da kann es schon mal vorkommen, dass man – wie in Südafrika – als Anbieter von elektronischen Mautsystemen zwischen die Fronten gerät. Mautgegner gegen Mautbefürworter sowie regionale Machtgruppen gegen die Zentral-Regierung ergaben eine Mischung, die zu einer massiven Verzögerung geführt hat. Zwei Jahre lang ging gar nichts.

Einnahmenverlust

Aus den von der Kapsch TrafficCom eingeplanten jährlichen Einnahmen von 50 Millionen Euro ist nichts geworden. Erst im Dezember ging das Mautsystem für den mehrspurigen Fließverkehr in Betrieb. Der Einnahmenverlust fällt unter politisches Risiko bei Auslandsinvestitionen. Derartige Zwischentiefs schlagen auf das Ergebnis durch. Nach zwei fetten Jahren gab es in der Konzern-Bilanz 2012/’13 beim Umsatz ein Minus von sechs Prozent. Das operative Ergebnis (Ebit) schrumpfte um 62 Prozent auf 25,5 Millionen Euro. Trotzdem stieg die Zahl der Mitarbeiter durch Zukäufe von 4826 auf 5266.

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Mit den Mautsystemen war Kapsch bisher vor allem in Osteuropa erfolgreich. Nun hat man endlich in den USA Fuß gefasst. Die nächsten zwei Jahre bitten die Österreicher auf der berühmten Golden Gate Bridge bei San Francisco die Autofahrer zur Mautkasse. Das „Golden Gate Bridge Highway and Transportation District“ vergab den Auftrag für die Wartung und Entwicklung der Maut-Software.Vor wenigen Wochen erhielt TrafficCom, die etwa die Hälfte des Konzernumsatzes beisteuert, Aufträge für zwei elektronische Mautsysteme in Australien. Im Oktober hat die Russlandtochter gleich vier Aufträge eingeheimst.

Smarte Gewinne

Auch bei der für die Energiewende notwendigen Umstellung auf Smart Meter will der Konzern mit Hauptsitz in Wien kräftig mitmischen. Die intelligenten Stromzähler liefern Verbrauchsdaten, die für die Stabilität von Stromnetzen mit hohem Anteil an erneuerbaren Energieträgern wichtig sind. In Österreich laufen bereits Pilotprojekte. Kapsch will damit auf dem gesamten europäischen Markt neue Kunden gewinnen. Der Schwerpunkt ist Osteuropa.

Nach der TrafficCom ist die BusinessCom ( Informations- und Kommunikationstechnologie) die Nummer zwei im Konzern. Angeboten werden Lösungen im Bereich Datenverarbeitung wie etwa Netzwerke für die Steuerung der Infrastruktur von Gebäuden.

Neue Kooperation

Vor Weihnachten wurde die Kooperation mit dem globalen Technologie-Entwickler Braintribe bekannt gegeben. Es geht dabei um die Zusammenführung verschiedener Datenquellen in einer Anwendung. Der Umsatz von Kapsch BusinessCom steigt von Jahr zu Jahr.

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Das hat die Kapsch CarrierCom mit ihrem Telekommunikations-Geschäft nicht geschafft. Der Umsatz 2012/’13 rutschte um 14 Prozent ab. Immerhin wurde im September bekannt, dass Kapsch um 117 Millionen Euro das slowenische Zugfunknetz erneuern wird.

Seinerzeit

Zugfunk ist für das Unternehmen eine altbekannte Materie. 1970 erhielt Kapsch den Auftrag die ÖBB mit dieser Technologie auszurüsten.

Auch Firmengründer Johann Kapsch setzte auf Informations-Übertragung. Er gründete 1892 in Wien eine feinmechanische Werkstätte, in der Morse- und Telegrafenapparate erzeugt wurden. 1916 wurde daraus die Telefon- und Telegrafen Fabriks- AG Kapsch & Söhne. In den 20er-Jahren gab es dann einen Technologiesprung. Kapsch begann mit der Fertigung von Radioapparaten. Das war damals Hochtechnologie.

Vom Morseapparat zum Smart Meter
Der Konzern mit der Gliederung in Kapsch TrafficCom, Kapsch BusinessCom und Kapsch CarrierCom begann als feinmechanische Werkstätte. Heute beträgt der Umsatz 928 Millionen Euro. Nach Morseapparaten und Telefonen wurden auch Radios hergestellt. Die 5266 Mitarbeiter produzieren längst im Hochtechnologie-Bereich.Dazu gehören auch Smart Meter (intelligente Stromzähler).