"Crash-Propheten müssen warten"
Nach einem guten ersten Halbjahr an den internationalen Aktienbörsen sollte es in dieser Tonart auch in den nächsten Monaten weitergehen. Das meint Alfred Reisenberger, Investmentstratege der Valartis Bank. „Wir erwarten durch eine Beschleunigung der Konjunktur in Europa weiter steigende Kurse.“ Unterstützt werde dieser Optimismus auch durch die jüngsten Maßnahmen der Europäischen Zentralbank. Nicht zuletzt spiegle die hohe Zahl an Börsengängen und Mergers weltweit die sehr gute Marktverfassung wider.
Geopolitische Krisen wie etwa in der Ukraine würden zwar immer wieder für Verunsicherung sorgen, sie sollten aber die Märkte nicht nachhaltig negativ beeinflussen. „Crash-Propheten müssen warten“, meint Reisenberger. Irgendwann werde der Crash zwar kommen, aber dies werde noch lange, lange dauern. „Meistens passiert es nicht dann, wenn man glaubt“, gibt er eine alte Börsenerfahrung wider. So gibt es etwa aus seiner Sicht keine Immobilienblase in Österreich, da sehr viel mit Cash und nicht auf Pump finanziert werde.
Reisenberger empfiehlt Anlegern in erster Linie eine breite Streuung in europäische Aktien, insbesondere Bank-, Auto, Zulieferer und Industriewerte würden vom Konjunkturaufschwung profitieren. Auch Aktien von Emerging Markets könnten wieder von Interesse sein, da sie deutlich günstiger gehandelt würden. „In gemischten Portfolios sollte die Aktienquote fast ausgereizt werden“, sagt der Experte.
Rohstoffe und Anleihen hätten im Gegenzug geringere Gewinnchancen. „Sie bieten kaum noch attraktive Renditen.“ Selbst bei spanischen und italienischen Staatsanleihen, für die man Anfang des Jahres noch vier Prozent Rendite erzielen konnte, fiel sie auf deutlich unter drei Prozent. „Das Chancen-Risikoverhältnis wird durch den stark rückläufigen Zinsertrag immer unattraktiver“, sagt Reisenberger. Er gibt aber zu, dass diese Entwicklung sehr überraschend gewesen sei. Denn die hohen Staatsverschuldungen seien nach wie vor ein Thema, es dürfte aber infolge der besseren Konjunkturstimmung in den Hintergrund gedrängt worden sein.
Dass mit dem Gesetz zu nachrangigen, landesbesicherten Anleihen der Hypo-Alpe-Adria Anleger einen Totalverlust erleiden, sieht Reisenberger äußerst kritisch. „Das könnte negative Auswirkungen auf den heimischen Kapitalmarkt haben.“ Denn wer garantiere, dass sich der Staat künftig an die 100.000 Euro-Garantie bei Spareinlagen halte? „Im Ernstfall könnte er beispielsweise sagen, wir machen nur noch 50.000 Euro.“ Besser seien daher Wertpapiere, die ein Sondervermögen darstellen und im Fall der Insolvenz der Bank davon nicht berührt sind. Obendrein seien die Sparbuchzinsen derzeit ohnehin so gering, dass man reale Verluste erleidet. Dies werde sich auch in den nächsten Jahren nicht ändern.