Käfigeier sind out – oder doch nicht?
Von Simone Hoepke
Eine Palette mit 30 Eiern zum Preis von 2,99 Euro – solche Schleuderpreise gibt es mitten in Wien, etwa am Brunnenmarkt in Ottakring. Zwischen Käse, Obst und Frischfleisch stapeln sich die Eier. Freilich kommen sie nicht aus Boden- oder gar Biohaltung, sondern aus Käfigen. Auch in diversen türkischen Supermärkten in Österreich tauchen diese Eier verstärkt auf, ärgern sich Landwirtschaftsvertreter.
Eines vorweg: Käfighaltung ist in der EU erlaubt. Seit 2012 müssen die Tiere von Gesetzes wegen aber 750 statt bisher 550 Quadratzentimeter Platz haben. Geschätzte 60 Prozent der Legehennen in der EU fristen ihr Dasein in solchen Käfigen – wenn sie Glück haben. Experten schätzen, dass es noch immer eine hohe Dunkelziffer an alten Käfigen gibt. Schließlich würden die Kontrollen fehlen – und Länder wie Italien und Griechenland haben einst unumwunden zugegeben, dass sie es mit dem Umbau der Ställe nicht eilig haben.
Vorreiterrolle
In Österreichs großen Lebensmittelketten, von Billa bis Spar, finden Konsumenten seit Jahren keine Käfigeier mehr im Frischeregal. Die Händler haben damit im internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle. Trotzdem werden jeden Tag rund eine Million Eier ins Land geholt. "Wir importieren jährlich Eier im Wert von 41 Millionen Euro, die Hälfte davon aus Käfighaltung", schätzt Martin Wurzer von der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG). Die größten Lieferantenländer sind derzeit Polen, Spanien und Tschechien, sagt er.
Es liefern aber auch andere – von Ungarn bis zur Ukraine. Der Großteil der Ware landet letztlich in der Gastronomie und in gewerblich oder industriell verarbeiteten Produkten. Sehr zum Ärger von Bauernbund-Chef Jakob Auer, der sich mehr Transparenz wünscht: "Wenn schon Käfigeier aus der Ukraine im Krankenhaus serviert werden, dann sollen sie zumindest als solche gekennzeichnet werden." Für Aufregung sorgten zuletzt polnische Käfigeier, die wegen Salmonellen-Belastung zurückgerufen werden mussten. Die heimische Geflügelwirtschaft appellierte danach wieder einmal, auf den AT-Stempel am Ei zu achten, der die Herkunft kennzeichnet.
Hohe Importquote
Jedes zweite Ei und jedes zweite Huhn, das in der Gastronomie serviert oder in der Industrie verarbeitet wird, stammt aus dem Ausland. Ein Teil der Ware ist um den halben Globus gereist, meist in Form von Trockenei, das bevorzugt aus argentinischer Käfighaltung stammt. Für die Industrie zählt der tiefere Preis.
Elli Köstinger, Abgeordnete im EU-Parlament, fordert daher, dass auch bei verarbeiteten Lebensmittelprodukten die Herkunft der tierischen Zutaten angeführt wird. Und zwar vom Ei bis zum Rindfleisch. In Frankreich ist dazu gerade ein Pilotprojekt für zwei Jahre angelaufen. Allerdings sind Eier im Gegensatz zu Fleisch darin nicht enthalten.
Es ist ein langsames Bohren dicker Bretter: Seit Jahren bemühen sich Bauern, die Konsumenten von regionalen Produkten zu überzeugen. Immerhin hat die Bundesregierung in ihrem Arbeitsprogramm versprochen, beim Einkauf von Lebensmitteln durch öffentliche Institutionen verstärkt das Bestbieterprinzip anzuwenden. Auswahlkriterien sind nicht nur der tiefste Preis, sondern auch die Qualität der Lebensmittel oder ökologische Überlegungen.
Nachholbedarf gibt es vor allem bei Großküchen und in der Gastronomie – auch wenn immer mehr Wirte auf ihrer Speisekarte angeben, woher die Produkte kommen. Der Gastronomie-Großhändler Transgourmet (vormals C+C Pfeifer) hat sein Angebot an heimischen Fleischprodukten ausgebaut. In der Premium-Linie werden nun 34 Schweinefleisch-Artikel mit AMA-Gütesiegel verkauft. Das AMA-Gütesiegel garantiert durch Kontrollen die Herkunft aus Österreich.
Potenzial für Fleisch aus Österreich
Transgourmet-Geschäftsführer Thomas Panholzer sieht eine steigende Bereitschaft, zu heimischen Produkten mit höheren Preisen zu greifen. „Wir haben eine Studie zu diesem Thema machen lassen. Konsumenten, die ins Gasthaus gehen, möchte gerne wissen, wo die Produkte herkommen. Ich erwarte mir jährliche Steigerungen beim Absatz.“ Schon im vergangenen Jahr sei der Umsatz mit österreichischem Schweinefleisch überproportional gestiegen. Derzeit beträgt der Anteil mit garantierter heimischer Herkunft 22 Prozent.
Das Potenzial für Fleisch aus Österreich ist da. Wobei Panholzer gar nicht bestreitet, dass ein derartiges Angebot auch dem Image von Transgourmet zuträglich sein soll. „Es ist uns ein Anliegen und auch ein Werbeargument.“ Große SpannbreiteAusgerechnet bei Fleisch findet ein großer Preiskampf statt, die Spannbreite ist groß: Schweinekarree gibt es zu Nettopreisen von 4,69 Euro bis 20 Euro pro Kilo. Beide genannten Preise stammen von Tieren, die aus dem Ausland kommen. Im vergangenen Jahr hat Transgourmet in Österreich Fleisch um 51 Millionen Euro verkauft. Das sind etwa zehn Prozent des Gesamtumsatzes. Das Unternehmen gehört der Schweizer Coop Genossenschaft mit 2,5 Millionen Mitgliedern.
Für den Diskonter Hofer gehört Österreichs Landwirtschaft zu den besten der Welt. Trotzdem müssen jährlich mehr als 2000 Landwirte ihren Hof aufgeben, ihre Betriebe verkaufen oder verpachten. Da jeder Einzelne dazu beitragen könne, diesen Kurs zu ändern, will sich Hofer heuer diesem Thema widmen. „Genuss aus eigener Hand – gemeinsam für Lebensmittel mit Kultur“ heißt das Leuchtturmprojekt.
Das Ziel ist, aufzuzeigen, woher Lebensmittel kommen und wie sie produziert werden. Bei Hofer stammen sämtliche Frischeier, nahezu 90 Prozent der Backwaren und mehr als 70 Prozent der Fleisch- und Wurstwaren aus Österreich. Bei Milchprodukten sind es auch etwa 90 Prozent. Hofer will das Angebot weiter ausbauen und die lokale Landwirtschaft unterstützen.