Iran: Hohe Mieten und viel Verkehr
Von Christine Klafl
Ein Land mit nahezu 80 Millionen Einwohnern, von denen gut die Hälfte jünger als 30 Jahre alt ist und gerne mehr konsumieren würde. Ein Land, das nach Jahren der Wirtschaftssanktionen dringenden Aufholbedarf hat, weil 80 Prozent der Industrieanlagen als veraltet gelten. Und das sich ein Wirtschaftswachstum von bis zu acht Prozent vorgenommen hat – Sprünge, die mittlerweile selbst China nicht schafft. Das alles bietet aktuell die Islamische Republik Iran. Kein Wunder, dass sich nach der Beilegung des Atomstreits und dem Ende der Sanktionen europäische Wirtschaftsvertreter einen Wettlauf nach Teheran liefern.
Der KURIER sprach mit dem Top-Juristen Theodor Strohal über Chancen für österreichische Unternehmen und über Risiken und Stolpersteine im Geschäft mit dem Iran. Seine Strohal Legal Group betreibt neben Niederlassungen in Österreich, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Singapur und Myanmar seit dem Vorjahr auch eine Kanzlei in Teheran.
KURIER: Ende März hat Irans Präsident Hassan Rohani seinen Österreich-Besuch kurzfristig abgesagt. War tatsächlich eine angekündigte Demo der Opposition schuld daran?Theodor Strohal: Nein. Kurz vor seiner Abreise gab es im Iran einen Aufschrei der Konservativen. Er musste bleiben, um die Wogen zu glätten.
Aber das Parlament ist doch mehrheitlich liberal?
Ja, und auch im Volk hat Rohani die Mehrheit. Aber die Konservativen besetzen viele Regierungsstellen.
Wird es im Iran einen Übergang zu einer Demokratie im westlichen Sinne geben?
Das wird dauern. Aber in fünf bis sechs Jahren könnte das Schiff in die richtige Richtung laufen.
Was braucht der Iran aus wirtschaftlicher Sicht?
Die wollen keine Händler haben, die westliche Produkte verkaufen. Sie sagen: Wir wollen westliches Know-how, also Produktionen vor Ort. Das hat auch steuerliche Vorteile.
Normalerweise macht die Gewinnbesteuerung wie in Österreich 25 Prozent aus. In Produktionen sind es aber bis zu 80 Prozent weniger. Und der Agrarbereich ist überhaupt steuerfrei. Zulieferer sollten also eher vor Ort ein Werk errichten.
In welchen Branchen sehen Sie für österreichische Unternehmen Chancen?
Da gibt es viele Bereiche. Etwa bei Bewässerungsanlagen, bei der Grundwasserentsalzung, bei der Umwelttechnologie oder bei der Technik für den Öl- und Gasbereich. Aber auch bei der Autozulieferung oder bei der Medizintechnik. Und nicht zuletzt beim Ausbau der Infrastruktur. Die Verkehrsstaus sind enervierend, da muss man viel Zeit einkalkulieren. Im Agrarbereich zählen Zuchtrinder zu den Chancen.
Der Iran verfügt über die viertgrößten Ölreserven der Welt. Ist der tiefe Ölpreis nicht ein großes Problem?
In den Sanktionsjahren hat der Iran gelernt, billig zu fördern. Da wurde um zwei bis drei Dollar pro Fass gefördert.
Was fällt im Geschäftsleben im Iran am meisten auf?
Das Wochenende dort ist am Donnerstag und Freitag. Der Samstag ist der erste Arbeitstag einer Woche, da beginnt auch wieder die Schule. Das ist ein bisschen gewöhnungsbedürftig.
Wie schaut es im Umgang mit Frauen aus?
Da ist es viel einfacher als etwa in Saudi-Arabien. Frauen die Hand schütteln, ist kein Problem. Zu einer Frau, die allein im Aufzug steht, zuzusteigen oder sich bei einer Veranstaltung neben eine Frau zu setzen – auch kein Problem. Das alles wäre in Saudi-Arabien undenkbar. Frauen sind im Geschäftsleben im Iran sehr tough. Ich habe in meiner Kanzlei selbst zwei Anwältinnen.
Worauf müssen Frauen achten?
Kopftuch muss sein. Im Flugzeug wird schon zehn Minuten vor der Landung dazu aufgefordert, das Kopftuch aufzusetzen. Im Süden ist es sehr konservativ. Da verhüllen sich Frauen. Je nördlicher, desto liberaler. Da reicht oft ein Burberry-Schal, der um den Rossschwanz drapiert ist.
Wenn Wirtschaftstreibende eine Zeit lang in den Iran übersiedeln – was kommt auf sie zu?
Alkohol ist verboten, auch in den Hotels. Aber es gibt natürlich Schwarzhandel. Die Supermärkte sind noch sehr karg ausgestattet. Und die Mieten in den Städten sind erheblich.
Mit welchen Mieten ist da zu rechnen?
Mit 40 bis 50 Dollar pro Quadratmeter und Monat. Zum Vergleich: Eine Sekretärin verdient um die 600 Dollar, ein junger Anwalt 1500 Dollar.
Sind Hotels eine Alternative?
Die sind auch teuer. Da zahlt man 60 bis 70 Dollar pro Tag für ein Hotel, das gerade noch so geht. Bessere Hotels kosten 150 bis 200 Dollar pro Tag.
Muss man die Landessprache können oder einen Dolmetscher dabei haben, um Geschäfte abzuschließen?
Die gehobene Schicht spricht Englisch. Verhandlungen, Verträge – all das geht auf Englisch. Dann muss allerdings in Farsi übersetzt werden. Denn alles, was zu den Behörden geht, muss in Farsi sein.
Wie kommt man im Iran an Geld? Kann man zum Bankomaten gehen oder Plastikgeld zücken?
Visa ist amerikanisch, das geht nicht. Bankomat geht auch nicht. Es geht also nur Cash, in Dollar oder Euro, das man in Wechselstuben in Rial wechselt.
Was ist mit größeren Beträgen, die man im Geschäftsleben braucht?
Seit zwei Wochen sind wieder Überweisungen an zwei Banken möglich. Ich würde aber dazu raten, da noch abzuwarten.
Ist es schwierig, im Iran Geschäfte zu machen?
Die Wirtschaftsgesetze sind sehr liberal, man braucht auch keinen iranischen Partner. Für Österreicher gilt außerdem noch immer der Freundschaftsvertrag aus dem Jahr 1966, den Bruno Kreisky abgeschlossen hat. Laut dem dürfen Österreicher alles, was sie auch zu Hause dürfen.
Haben Sie da ein praktisches Beispiel?
Wer in Österreich Installateur ist, ist als dieser auch im Iran anerkannt.
International gilt der Iran als ziemlich korrupt. Haben Sie damit Erfahrung gemacht?
Es gibt keine vordergründige Korruption. Aber kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, etwa wenn es um ein rasches Visum geht.
Wie viel Geld muss man in dem Fall dabei haben?
Da geht es nicht um Scheine. Sondern um etwas Schönes aus Europa, zum Beispiel einen teuren Kugelschreiber.
Besteht die Gefahr, dass die konservativen Kräfte wieder gewinnen und es im schlimmsten Fall zu Enteignungen kommt?
Ein Rückschritt zur strengen islamischen Religionsgarde ist sehr unwahrscheinlich. Das würde das Volk nicht dulden.
„Der Iran ist viel europäischer als etwa Saudi-Arabien“, erzählt Jurist Theodor Strohal. Im Vergleich mit anderen Emerging Markets sei das Geschäftsklima sehr angenehm. „Der iranische Geschäftsmann ist überaus höflich und zuvorkommend, die meisten haben Handschlagqualität und sind gebildet.“
Ein paar Tipps des weitgereisten Juristen für das Business im Iran:
EinreiseDa Alkoholverbot gilt, darf kein Alkohol mitgebracht werden. Schweinefleisch übrigens auch nicht.
KleidungFrauen müssen Kopftuch tragen. Bei Herren sind kurze Hosen ein No-Go. Grüne Kleidung sollte vermieden werden – Grün ist die Farbe des Islam.
EinladungenIm Geschäftsleben erfolgen oft auch Einladungen in den privaten Bereich. Diese müsse man aber zunächst einige Male ablehnen, da diese Einladungen häufig einfach Höflichkeitsfloskeln seien, sagt Strohal. „Würde man der ersten Einladung sofort folgen, würde dies in den Augen des Einladenden sehr überraschend, um nicht zu sagen unangenehm sein.“
BenimmregelAls Fauxpas wird schnäuzen bei Tisch empfunden. Und im Gegensatz zu Saudi-Arabien wird nicht gerülpst, um damit zu zeigen, dass das Essen geschmeckt hat.