Wirtschaft

Insider: VW müsste bei Porsche-Börsengang Abstriche machen

Eine Bewertung von 80 Mrd. Euro oder mehr hatten Analysten dem deutschen Sportwagenbauer Porsche zugetraut. Doch davon müssten der Traditionskonzern und sein Eigentümer Volkswagen Insidern zufolge bei einem Börsengang heuer größere Abstriche machen als das bei Emissionen normal ist. Denn der Krieg in der Ukraine, die Inflation und eine drohende Rezession überschatten die Börse.

Der Wert, den die Investoren Porsche zumessen, liege auf jeden Fall unter 80 Mrd. Euro, sagten zwei mit den Vorbereitungen vertraute Personen. Eine von ihnen sprach von 60 Mrd. Euro - und das sei auch die Schmerzgrenze, unterhalb derer der deutsche Autobauer Porsche nicht an die Börse bringen würde.

Der geplante Verkauf von 12,5 Prozent der Anteile - oder einem Viertel der Vorzugsaktien der Porsche AG - könnte damit aber immer noch rund 8 Mrd. Euro einbringen. Seit Volkswagen den Börsengang angekündigt hat, sind die Börsen in die Knie gegangen. VW, damals mit mehr als 100 Mrd. Euro bewertet, kommt inzwischen - einschließlich Porsche, seiner wohl wertvollsten Beteiligung - nur noch auf 85 Mrd. Euro. Doch Analysten von Bernstein Research hatten den fairen Wert für die Porsche AG zuletzt auf 75 Mrd. Euro taxiert.

Bei Börsengängen herrscht in Deutschland 2022 bisher völlige Flaute, Investmentbanker hoffen aber, dass die Porsche AG das Eis brechen könnte. Am Montag hatten Porsche-Chef Oliver Blume und Finanzchef Lutz Meschke potenzielle Investoren und Analysten auf einem Kapitalmarkttag umworben und den Luxusautobauer als Bollwerk gegen einen Abschwung beschrieben.

Familien Porsche und Piech gelten als Börsengang-Befürworter

"Es gibt großen Bedarf an den Kapitalmärkten für stabile Unternehmen - und viel Geld zu investieren", sagte Blume. Er versucht sich gegen die reinen Sportwagenbauer Ferrari und Aston Martin abzugrenzen, mit denen Analysten Porsche gerne vergleichen und deren Aktien in den vergangenen Monaten abgerutscht sind. Porsche strebe mit dem Börsengang nach mehr Beinfreiheit, machten sie deutlich. Über das künftige Zusammenspiel mit VW werde noch verhandelt. Der Porsche-Vorstand versuche derzeit Ankerinvestoren an Bord zu holen, um den Börsengang abzusichern, sagten zwei Insider. Der Golfstaat Katar, der mit 14,6 Prozent an VW beteiligt ist, hat offiziell Interesse an Porsche-Aktien angemeldet, aber offen gelassen, wie viel er auszugeben bereit ist.

Auch die Familien Porsche und Piech gelten als Befürworter des Börsengangs. Die börsennotierte Familienholding Porsche SE würde 25 Prozent der Stammaktien der Porsche AG erwerben, mit einem Preisaufschlag auf die Vorzugsaktien. Der VW-Großaktionär könnte sich damit wieder direkten Einfluss auf den Sportwagenbauer sichern, der einst von Ferdinand Porsche gegründet worden war. Die Entscheidung liegt aber bei VW. Das Dilemma: Die Familie könnte bei einer niedrigeren Bewertung günstiger bei der Porsche AG einsteigen - doch wäre dann der Erlös geringer, mit dem VW den teuren Umbau zum Elektroautokonzern und eine Sonderdividende finanzieren will.

Störfaktor für einige Investoren

Der geringe Einfluss der übrigen Aktionäre stört einige potenzielle Investoren. "Das ist für Anleger uninteressant", sagte der Vertreter eines der 20 größten VW-Anteilseigner der Nachrichtenagentur Reuters. Der Börsengang schaffe langfristig keinen Wert, Porsche sei unter dem Dach von Volkswagen besser aufgehoben.

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Bisher hat Volkswagen den Börsengang für das vierte Quartal angepeilt. Nach dem internen Zeitplan wollen Investmentbanker aber bis Ende August ausloten, ob der Markt aufnahmefähig ist - und zu welcher Bewertung. Der nötige Beschluss des Aufsichtsrats und die offizielle Ankündigung könnten wenig später folgen - im besten Fall könnte Porsche dann Ende September oder Anfang Oktober sein Börsendebüt feiern.