Infineon-Chefin: Standort Villach "auf Jahre abgesichert"
Von Anita Staudacher
Eine Investition in dieser Größenordnung hat es in Österreich schon seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben und bei Infineon überhaupt noch nie: Insgesamt 1,6 Milliarden Euro wird der deutsche Halbleiter-Konzern in den nächsten sechs Jahren in den Ausbau seines Standortes in Villach/Kärnten investieren. Kernstück ist der Bau einer weiteren Chipfabrik für die Massenfertigung von Leistungshalbleitern auf 300 Millimeter-Dünnwafern (Siliziumscheiben, Anm.). Diese, von Infineon entwickelten, besonders dünnen Energiesparchips steuern den Stromfluss in zahlreichen Anwendungen wie Elektroautos, Zügen, Windkraft- und Solaranlagen oder Netzteilen von Smartphones.
Hohe Nachfrage
„Die globale Nachfrage nach Leistungshalbleitern steigt rasant, wir erwarten uns durch die neue Fabrik daher ein zusätzliches Umsatzpotenzial von 1,8 Milliarden Euro“, sagte Infineon-Vorstandsvorsitzender Reinhard Ploss bei Bekanntgabe der Großinvestition am Freitag. Die neue, voll automatisierte Chipfabrik entsteht auf einer extra angemieteten Fläche von 60.000 m2 am Standort Villach, Baubeginn ist in der ersten Hälfte 2019. Durch die hohe Automatisierung entstehen nicht mehr so viele Arbeitsplätze wie in früheren Zeiten, Ploss rechnet mit 400 zusätzlichen, hoch qualifizierten Fachkräften, die für die „Steuerung der Maschinen und Anlagen“ nötig sein werden. In Villach sind derzeit etwa 3100 Mitarbeiter beschäftigt.
Die 300-Millimeter-Technologie wurde 2012 in Villach entwickelt, die Massenfertigung der Chips erfolgte bisher am Standort in Dresden. Dort sei man mit der Produktion aber am Limit, begründet Ploss die Suche nach einem zweiten Fertigungsstandort. Neben Villach stand auch das Werk in Kulim/Malaysia zur Wahl. Hier hätte der Aufbau einer Produktionslinie aber zu lange gedauert, so Ploss. Für Villach habe schließlich „das bereits vorhandene Know-how bei Leistungshalbleitern, die Entwicklungsmöglichkeiten durch neue Halbleiter-Materialen sowie die hervorragenden Rahmenbedingungen dank der Forschungsförderung“ gesprochen. Ploss, der selbst zehn Jahre lang Chef bei Infineon Villach war und mit einer Kärntnerin verheiratet ist, hat in den Standort „100 Prozent Vertrauen“.
Förderzuckerl?
Die anwesende Politprominenz, allen voran Kanzler Sebastian Kurz, reklamierte einen Teil des Ansiedelungserfolges für sich. „Ich bin überglücklich, weil es nicht selbstverständlich ist, dass ein solches Investment in Europa in einer Schlüsseltechnologie stattfindet“, meinte Kurz und erwähnte ein „Paket, das wir gemeinsam geschnürt“ haben. Konkrete Angaben, wie genau das Paket aussieht, gab es nicht. Ploss betonte, dass es kein „Extra-Geld“ seitens öffentlicher Stellen gegeben habe, sondern nur die Standard-Rahmenbedingungen für solche Investments. Neben der 14 Prozent Forschungsprämie kann Infineon aber auch auf großzügige EU-Forschungsgelder hoffen.
Infineon-Österreich-Chefin Sabine Herlitschka sieht im Milliarden-Investment „eine Standortabsicherung für Villach über viele Jahre“. Die Bedeutung für Kärnten und die Region Villach könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Die Investition entspreche immerhin dem achtfachen Villacher Haushaltsbudget. Herlitschka sieht auch einen wichtigen Schritt zur Re-Industrialisierung und Digitalisierung Europas. „Wir liefern nicht nur der Digitalisierung zu, wir stehen für die Digitalisierung.“
Im Zuge der Standorterweiterung in Villach wird es in den nächsten Jahren aber auch zu einer Verlagerung älterer Fertigungslinien nach Malaysia kommen. Die dadurch frei werdenden Kapazitäten sollen für die Entwicklung des „Energiesparchips der Zukunft“ aus neuen Halbleiter-Materialen genutzt werden. Die betroffenen Mitarbeiter sollen möglichst in diese Bereiche wechseln.
Infineon: Vorreiter der Digitalisierung
Die deutsche Infineon Technologies AG ist mit einem Umsatz von 7,1 Mrd. Euro und 37.500 Mitarbeitern weltweit einer der führenden Entwickler von Hochleistungs-Chips. Aktuelle Kernbereiche sind Elektromobilität (Fahrassistenz-Systeme), Energieeffizienz und Sicherheit (Pässe, Ausweise). In Österreich werden an fünf Standorten insgesamt 3800 Mitarbeiter beschäftigt, davon 3100 am zentralen Forschungs- und Produktionsstandort in Villach. Rund 1500 arbeiten in der Forschung. Im Vorjahr setzte Infineon Austria 2,5 Mrd. Euro um.Das Vorsteuerergebnis lag bei 175 Mio. Euro.