Wohn-Hochhäuser zum Geburtstag
Die Unternehmenszentrale des Österreichischen Siedlungswerks (ÖSW) wird demnächst mehr sein als ein gewöhnliches Büro. Am Dach des Gebäudes in Wien-Josefstadt wird bis Ende des Jahres eine Hochleistungs-Fotovoltaikanlage installiert und im Keller eine Speicherbatterie eingebaut. „Unser Haus wird damit zum kleinen Kraftwerk“, sagt ÖSW-Vorstand Wolfgang Wahlmüller. „Wenn es gut funktioniert, werden auch andere Gebäude damit ausgestattet.“
Der ÖSW ist in Österreich mit 450 Mitarbeitern und 300 Millionen Euro Umsatz (2018) der größte gemeinnützige Wohnbaukonzern. Zum 70. Firmenjubiläum herrscht Aufbruchstimmung: Vergangenes Jahr wurden 140 Millionen Euro in den Neubaubereich investiert, die Liegenschaftsreserven belaufen sich alleine in Wien auf 100.000 Quadratmeter, die in den nächsten Jahren entwickelt werden. Derzeit sind beim ÖSW 5.000 Wohneinheiten in Planung oder bereits in Bau.
Dabei stehen vor allem Nachhaltigkeit und langfristiges Denken im Vordergrund. „Viele innovative Projekte sind nur möglich, weil wir aufgrund der Gemeinnützigkeit hohe Kapitalressourcen haben“, sagt Vorstand Michael Pech.
Zum Hintergrund: Gemeinnützige Baukonzerne sind verpflichtet, ihre Gewinne wieder zu investieren und bis auf einen geringen A2nteil nicht an Aktionäre auszuschütten – ganz im Gegensatz zu börsenotierte Konzerne.
Ein Beispiel für die ökologischen Ambitionen ist die „grüne Baustelle“ beim Wohnprojekt Waldmühle Rodaun. Am Gelände eines stillgelegten Zementwerks wurden vor drei Jahren 450 Wohneinheiten gebaut. Das Abbruchmaterial wurde mithilfe neuer Recyclingmethoden zu 75 Prozent beim Neubau wieder eingesetzt.
Auch was Nachverdichtungen betrifft, wagt sich das ÖSW auf neues Terrain: In Innsbruck wurde 2018 eine Tankstelle für ein Studentenwohnheim der Stuwo überbaut. „Wir haben sogar einen Zeitverlust bei der Liegenschaftsentwicklung in Kauf genommen, damit das Projekt so gut werden konnte,“ sagt Pech, „Derzeit arbeiten wir an Nachfolgeprojekten.“
Als Pionier bei Wohntürmen machte sich das ÖSW bereits 2015 einen Namen. Damals wurde der 85 Meter hohe Leopoldtower in Wien-Floridsdorf fertiggestellt. Den Entwurf lieferte querkraft architekten. 2018 folgte Hoch 33 in Favoriten. Derzeit wird am Wohnhochhaus „The Marks“ bei den Wiener Gasometern gearbeitet. Das Gebäude mit 35 Etagen wurde vom Architekturbüro Rüdiger Lainer + Partner entworfen, 2022 soll es fertig gebaut sein. In Linz entsteht parallel dazu bis zum Herbst die „Grüne Mitte“ mit 167 frei finanzierten Wohnungen. „Auch 70 Jahre nach der Gründung steht ein Ziel von damals noch immer im Vordergrund: die Schaffung von leistbaren Wohnraum“, so Wahlmüller.