Wirtschaft/Immo

Wenn die Verwandten den Mietvertrag "erben"

Die Frage, wann Kinder, Lebensgefährten oder Ehepartner in einen bestehenden Mietvertrag eintreten dürfen, beschäftigt immer wieder die Gerichte. Im Vollanwendungsbereich der Mietrechtsgesetzes (MRG), das für vor dem 9. Mai 1945 errichtete Altbauten gilt, ist die Abtretung von Mietrechten in zwei Fällen möglich: Wenn der bisherige Mieter auszieht und die Wohnung an den Eintrittsberechtigten übergibt und wenn nach dem Tode des Hauptmieters ein naher Verwandter einzieht.

1. Voraussetzung: Verwandschaftsgrad

Der neue Mieter übernimmt alle Rechte und Pflichten des Vormieters. Treten mehrere berechtigte Personen ein, dann haftet jeder solidarisch für den Zins und öffentliche Abgaben. Doch nicht jeder Angehörige darf in den Vertrag eintreten. Je nach Verwandtschaftsgrad ist ein gemeinsamer Haushalt mit dem bisherigen Hauptmieter für eine bestimmte Dauer (zwei bzw. fünf Jahre) Voraussetzung. „Diesen Punkt versuchen viele Nachmieter zu umgehen“, sagt Sigrid Räth, Wohnrechtsexpertin der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. „Sie melden sich polizeilich an dieser Adresse, wohnen aber nicht wirklich dort. Doch die Meldung allein reicht nicht aus.“

2. Voraussetzung: Gemeinsamer Haushalt

Gemeinsames Wohnen setzt voraus, dass der Eintrittsberechtigte seinen Lebensmittelpunkt dort hat und mit dem Hauptmieter in einer Wirtschaftsgemeinschaft lebt. Werden die Räume lediglich als Abstellraum oder Zweitwohnung genützt, dann liegt kein dringendes Wohnbedürfnis vor. Eine regelmäßige Verwendung wird dann angenommen, wenn der Betroffene die Wohnung während an mehreren Tagen in der Woche benützt. Hat der Mieter kein dringendes Wohnbedürfnis an der Wohnung, kann er gekündigt werden. „Vermieter befragen im Zweifelsfall Nachbarn sowie Energielieferanten oder beauftragen einen Detektiv, um zu klären, ob der Betroffene tatsächlich dort lebt oder das nur vorgibt“, sagt Räth.

Ausnahme: Verkürzte Dauer

Die Dauer des gemeinsamen Haushalts (zwei bzw. fünf Jahre) als Voraussetzung für den Eintritt kann sich in bestimmten Fällen verkürzen. „Nämlich dann, wenn der Eintrittsberechtigte die Wohnung gemeinsam mit dem Hauptmieter bezogen hat oder wenn ein Ehepartner seit der Vermählung dort lebt“, sagt Christian Boschek, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer. Die Höhe der Verkürzung ist vom Einzelfall abhängig.

3. Voraussetzung: Dringendes Wohnbedürfnis

Eine weitere Voraussetzung ist das dringende Wohnbedürfnis an der Unterkunft. Ob dieses vorliegt wird daran gemessen, ob dem Betroffenen eine andere gleichwertige Bleibe zur Verfügung steht. Wenn ja, dann wird geklärt, ob diese in Bezug auf Größe und Lage den Zweck erfüllt. Die Unterkunft muss nahe des Arbeitsplatzes sein, wenn Kinder vorhanden sind auch in der Nähe der Schule. Ein Garçonnière ersetzt keine Vier-Zimmer-Wohnung.

Tipp: Keinen neuen Vertrag unterzeichnen

Um im Ernstfall belegen zu können, dass man die Wohnung regelmäßig benützt, sollte das dokumentiert werden. „Ich empfehle Eintrittsberechtigten außerdem, keinen neuen Mietvertrag zu unterzeichnen, denn sie treten in den bestehenden Vertrag ein“, betont Boschek. Bei einem neuen Vertrag besteht die Gefahr, dass der Vermieter verschlechternde Klauseln abzuschließen versucht.

Wenn der bisherige Hauptmieter die Wohnung verlässt, können nahe Verwandte den Vertrag übernehmen. Das sind Ehepartner und eingetragene Partner, Kinder, Enkel, Eltern und Geschwister sowie Wahl- und Adoptivkinder. Voraussetzung dafür ist, dass die eintretende Person mindestens zwei Jahre gemeinsam mit dem Hauptmieter im selben Haushalt gelebt hat. Geschwister müssen seit mindestens fünf Jahren Mitbewohner gewesen sein. Kein Recht, in den bestehenden Vertrag einzutreten, haben Lebensgefährten, Stiefkinder und Pflegekinder. Haben Lebensgefährten schon bisher gemeinsam in der Wohnung gelebt und auch den Mietvertrag gemeinsam abgeschlossen, dann kann einer der Lebensgefährten in der Wohnung verbleiben, wenn er und der Vermieter dem Auszug des anderen Lebensgefährten zustimmen.

Informationspflicht

Der ausziehende Mieter ist in jedem Fall verpflichtet, den Vermieter über den Mieterwechsel schriftlich zu informieren. Treten Ehepartner, eingetragene Partner oder minderjährige Kinder in den Vertrag ein, dann darf der Vermieter die Miete nicht erhöhen. Bei Geschwistern und volljährigen Kindern ist die Anhebung der Miete auf den Richtwertmietzins erlaubt.

In die Mietrechte eines Verstorbenen können – im Voll- und im Teilanwendungsgebiet des MRG – nahe Verwandte eintreten. Das sind Ehepartner, eingetragene Partner, Kinder, Enkel, Eltern, Wahl- und Adoptivkinder sowie Geschwister. Auch Lebensgefährten zählen zu den Begünstigten, die Lebensgemeinschaft muss zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits für die Dauer von mindestens drei Jahre bestanden haben.

Wohnbedürfnis & gemeinsamer Haushalt

Voraussetzung für den Eintritt in den Mietvertrag ist, dass ein dringendes Wohnbedürfnis vorliegt und der Eintrittsberechtigte mit dem verstorbenen Mieter zum Todeszeitpunkt zusammen gelebt hat. „Laut Judikatur wird diese Bestimmung nicht mehr so eng ausgelegt“, erläutert Räth. „Die Oma kann auch im Pflegewohnheim verstorben sein, solange der eintrittsberechtigte Enkel die Absicht hatte, mit seiner Oma zusammen in der Wohnung zu leben.“

Gedecktelter Mietzins

Es besteht keine Anzeigepflicht, der Eintritt in die Mietrechte erfolgt automatisch. Der Vermieter kann die Miete nur dann erhöhen, wenn Geschwister oder volljährige Kinder in einen vor 1. März 1994 abgeschlossenen Vertrag eintreten. Eine Erhöhung des bisherigen Hauptmietzinses auf höchstens 3,43 Euro pro Quadratmeter netto im Monat, ist erlaubt. Der Mietzins darf auch dann in derselben Weise erhöht werden, wenn minderjährige Nachmieter volljährig geworden sind. Nicht angehoben werden darf die Miete, wenn Ehepartner, Lebensgefährten oder minderjährige Kinder, des verstorbenen Hauptmieters in die Wohnung einziehen.