Wirtschaft/Immo

Vorsorgewohnung: In guten wie in schlechten Zeiten

Von der Leopoldstadt bis Liesing wird gebaut: Im 2. Bezirk hat die Raiffeisen Vorsorgewohnungserrichtungs GmbH derzeit Objekte im Angebot, die Wiener Privatbank errichtet Vorsorgewohnungen im 23. Bezirk. Doch was ist dran an diesem Konzept? IMMO hat mit namhaften Experten gesprochen.

Wie entwickelt sich der Markt?

„Die Nachfrage ist nach wie vor gut. Aber sie war in den Jahren 2009 und 2010 sicher noch größer“, sagt ÖRAG-Vorstand Stefan Brezovich. Das Unternehmen verwaltet und vermietet Vorsorgewohnungssprojekte für unterschiedliche Errichter und kümmert sich in Einzelfällen auch um den Verkauf.
Vorsorgewohnungen waren schon vor zehn, zwölf Jahren ein attraktives Anlageprodukt. Im Zuge der Krise kam ein weiteres Motiv dazu: Aufgrund der Verunsicherung hinsichtlich der Stabilität der Währung und der Bonität der Banken gab es eine Umschichtung vom Sparbuch ins Grundbuch. „Das hat dem Markt in den vergangenen Jahren einen zusätzlichen Schub gegeben. Heute ist die Nachfrage noch immer gut, aber nicht mehr ganz so stark“, sagt Brezovich. Hinzu kommt, dass vor allem in Wien die Preise für Eigentumswohnungen stark gestiegen sind, die Mieten aber nur moderat. Daher sind die Renditen heute nicht mehr mit jenen vor zehn Jahren vergleichbar. Bei Sparzinsen von einem Prozent sind aber auch drei Prozent Rendite attraktiv.

Wer ist die Zielgruppe?

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Wurden Vorsorgewohnungen vor zehn Jahren noch in erster Linie fremdfinanziert, sind Anleger, die ihr Geld in Sicherheit bringen wollen, heute die größere Gruppe. Dennoch gibt es nach wie vor viele Käufer, die die Wohnung in der Pension selbst nützen wollen oder mit den Mieteinnahmen die Pension aufbessern möchten.
„Eine Vorsorgewohnung ist heute vor allem dann sinnvoll, wenn der Käufer in erster Linie die substanzielle Sicherheit und den Wert einer Immobilie im Kopf hat und nicht primär den Ertrag, den er bekommt. Sollten wir noch eine Abschwächung der Wirtschaft erleben, könnten die Mietpreise sogar sinken. Der Substanzwert der Wohnung bleibt jedoch erhalten. Das Anlagegut selbst geht also nicht verloren, wie es bei der Geldentwertung der Fall wäre“, erklärt Brezovich. Wer eine Immobilie kaufen möchte, sollte dennoch zuerst an den eigenen Wohnzweck denken. „Eine Vorsorgewohnung ist eine tolle Sache, aber es ist bei einer ganz persönlichen Betrachtung nicht sinnvoll, selbst in einer befristeten Mietwohnung zu leben und eine Anlageimmobilie zu kaufen. Die dauerhafte Sicherheit des eigenen Zuhauses sollte vor dem Rendite-Gedanken stehen“, betont Brezovich. „Der Erwerb einer Vorsorgewohnung sollte auch nicht dazu führen, dass man in eine wirtschaftlich angespannte Lage kommt, wenn sich die persönlichen Lebensumstände plötzlich ändern.Wer seine gesamten Ersparnisse für den Eigenkapitalanteil aufwendet, wird unflexibel. In einer Zeit wie heute, mit so schnellen Veränderungen, ist Flexibilität aber wichtig.“

Wie soll die Wohnung aussehen?

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Wer eine Vorsorgewohnung kaufen möchte, darf sich nicht vom persönlichen Geschmack leiten lassen: „Denken Sie daran, dass es sich dabei um eine Wohnung zum Zweck der Vermietung handelt. Spezielle Ausstattungswünsche des Eigentümers sollten hier keinen Platz finden“, sagt Sandra Bauernfeind, Prokuristin bei EHL Immobilien und eine der Autorinnen des Ratgebers „Vorsorgewohnungen“. Bauträgern und Entwicklern rät sie zu neutralen Farben und hochwertiger Ausstattung. Auch Freiflächen wie Balkone oder Terrassen sind wichtig.

Wie funktioniert ein Mietenpool?

Bei einer klassischen Vorsorgewohnung ist man als Eigentümer in die Vermietung wenig bis gar nicht involviert. Viele Anbieter setzen auf einen Mietenpool: Die erzielten Mieteinnahmen kommen in einen Topf und werden nach Nutzwerten auf die Eigentümer aufgeteilt. „Der Vorteil ist, dass man immer einen gewissen Mietertrag hat, auch wenn die eigene Wohnung gerade nicht vermietet ist. Der Nachteil ist, dass auch für die Verwaltung eines Pools Kosten anfallen und man eventuell einen geringeren Mietertrag ausbezahlt bekommt, als man für die eigene Wohnung allein hätte“, erklärt Bauernfeind.

Welche Steuervorteile gibt es?

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„Aufgrund der Lage auf den Kapitalmärkten haben die Kunden in den vergangenen Jahren mit mehr Eigenkapital gekauft, als das bei einer Vorsorgewohnung eigentlich sinnvoll ist“, beobachtet Bauernfeind.
Die Zinsen für die Kreditfinanzierung sind nämlich steuerlich absetzbar. Am Anfang müssen die Mieteinnahmen nicht versteuert werden, weil die Aufwendungen den Einnahmen gegenübergestellt werden und der Eigentümer in Summe keine Gewinne, sondern Verluste macht. Erst nach einigen Jahren wird ein zu versteuernder Gewinn erzielt. „Aus steuerlicher Sicht ist eine fremdfinanzierte Vorsorgewohnung für Menschen in der höchsten Steuerstufe sinnvoll. Wenn das Einkommen gering ist, macht eine höhere Eigenmittelfinanzierung durchaus Sinn. Es muss jedoch immer die individuelle Situation des einzelnen Kunden betrachtet werden“, sagt Elisabeth Binder, Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorgewohnungserrichtungs GmbH.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Käufer einer Vorsorgewohnung einen Vorsteuerabzug geltend machen können. „Falls Sie die Wohnung innerhalb von 20 Jahren verkaufen oder privat nützen, müssen Sie die refundierte Umsatzsteuer teilweise rückerstatten. Bisher lag diese Frist bei zehn Jahren, im Rahmen des Stabilitätsgesetzes in diesem Frühjahr wurde der Vorsteuerberichtigungszeitraum auf 20 Jahre verlängert“, so Binder.
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Wer die Wohnung selbst nützen oder sie seinen Kindern überlassen will, muss unter Umständen weitere steuerliche Nachteile in Kauf nehmen. Bei der Vermietung von Wohnungen verlangt der Fiskus nämlich, dass in einem Zeitraum von 20 Jahren, manchmal auch 23 Jahren, ein Überschuss der positiven steuerlichen Ergebnisse über die negativen erzielt wird.
„Wenn die Einnahmen in diesem Zeitraum geringer sind als die Ausgaben, sprechen wir von Liebhaberei. Man muss dem Finanzamt daher zu Beginn der Vermietung nachweisen, dass kein Fall von Liebhaberei vorliegt“, erklärt Karin Fuhrmann, Buchautorin, Steuerexpertin und Partnerin bei TPA Horwath. „Kann man diesen Nachweis nicht erbringen, refundiert das Finanzamt die Vorsteuer nicht und die Verluste können nicht ausgeglichen werden. Wird Liebhaberei erst später vom Finanzamt festgestellt, kann es zu empfindlichen Nachzahlungen kommen.“

Buchtipp

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Bauernfeind/Fuhrmann/Pirker/ Verweijen:
Vorsorgewohnungen
Manz Verlag, € 28,–

Text: Caroline Kaltenreiner

Vor knapp einem Jahr haben Immobilienmakler Eduard Issel und Finanzexperte Wolfgang Maurer Creditnet gegründet, das unabhängige Portal für Kreditvergleiche. „Wir haben über 100 österreichische Banken im System und suchen das beste Angebot für den Kunden“, erklärt Issel.
Der Kunde übermittelt die persönlichen Daten und Finanzierungswünsche. Der Computer selektiert nach Kriterien wie Postleitzahl, Berufsgruppe und Art der Immobilie, welche Bank infrage kommt. Innerhalb von 24 Stunden bekommt der Kunde eine erste Einschätzung. Währenddessen werden die ausgewählten Banken und Bausparkassen eingeladen, ein konkretes Angebot zu erstellen. Innerhalb von fünf Werktagen bekommt der Kunde die besten Angebote. Für die Interessenten ist dieses Service kostenlos. Bei einem Abschluss bekommt Creditnet einen Teil der Bearbeitungsgebühr von der Bank.
www.creditnet.at