OGH-Urteil zum Thema Sorgfaltspflicht: Eine Frage der Haftung
Fällt es in die Sorgfaltspflicht eines Maklers, sich mit dem Verkehrswert einer zu vermittelnden Immobilie zu beschäftigen? Mit dieser Frage befasste sich vor Kurzem der Oberste Gerichtshof (OGH).
Der Fall
Ein Verkäufer beauftragte eine Maklerin mit dem Verkauf zweier Wohnungen. Er rechnete mit einem Gesamtkaufpreis von einer Million Euro. Ein Mitarbeiter der Maklerin wies ihn jedoch darauf hin, dass der tatsächliche Wert nur 780.000 Euro betrage. Infolgedessen kam ein Alleinvermittlungsauftrag mit einem Mindestkaufpreis in Höhe von 780.000 Euro zustande. Wenige Monate später informierte die Maklerin den Verkäufer, dass es einen Interessenten gebe, der bereit sei, 790.000 Euro zu zahlen. Dieses Angebot nahm der Verkäufer an, die Wohnungen wurden veräußert. Erst später wurde er misstrauisch, weil eine weniger gute Wohnung im selben Haus zu einem höheren Preis verkauft wurde. Er beauftragte zwei andere Makler, die Wohnungen zu schätzen, sie ermittelten weit höhere Verkaufspreise. Die Differenz klagte der Mann schließlich ein.
Argumente vor Gericht
Vor Gericht argumentierte die Maklerin, dass ihr Mitarbeiter nicht erklärt hat, dass der tatsächliche Wert der Wohnungen 780.000 Euro betrage, sondern eine Empfehlung für einen realistischen Vermarktungspreis genannt. Das Verfahren ging bis zum OGH, der feststellte, dass der Umstand, dass der vom Sachverständigen ermittelte Wert von der Einschätzung der Maklerin abweicht, nicht zwingend auf einen Sorgfaltsverstoß der Maklerin schließen lässt. Das setzt jedoch voraus, dass von der Maklerin nachvollziehbare Überlegungen zum Wert der Wohnungen angestellt und der Verkäufer auf eine Schätzungsbandbreite hingewiesen wurde.
Auffällige Preisdifferenz
Da der empfohlene Kaufpreis etwa 20 Prozent unter dem Marktwert liegt, ist von einer auffälligen Preisdifferenz auszugehen. Die Verletzung von Informationspflichten gewährt jedoch nur den Schaden, den der Geschädigte im Vertrauen auf korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten hat. Zu ersetzen ist daher, so der OGH, nur der Vertrauensschaden.