Neue Widmung: Von der Wohnung zur Praxis und zurück
Von Ursula Horvath
Man sitzt beim Arzt im Wartezimmer und stellt sich vor, was für eine tolle Wohnung diese Räumlichkeiten abgeben würden. Hier stünde die Couch, dort der Fernseher. Im Untersuchungsraum wäre das Schlafzimmer und im Besprechungsraum der Essplatz. Tatsächlich eignen sich viele Objekte sowohl zum Wohnen als auch zum Arbeiten – ob als Ordination, Büro oder Geschäftslokal. Wenn die Widmung stimmt.
Wartezimmer statt Wohnraum
Der Wohnungseigentumsvertrag
Ob Räumlichkeiten als Wohnung, Geschäftslokal, Ordination oder Büro gewidmet sind, steht im Wohnungseigentumsvertrag. "Grundsätzlich ist jeder Eigentümer zu Änderungen an seinem Objekt berechtigt – einschließlich einer neuen Widmung", erklärt Nicole Neugebauer-Herl von nmh2 Rechtsanwälte. "Das WEG beschränkt jedoch diesen Anspruch – je nachdem wie stark in die Rechte des Einzelnen oder der Gemeinschaft eingegriffen wird."
Wurde festgehalten, dass die Objekte ausschließlich zu Wohnzwecken verwendet werden dürfen, ist übrigens auch die Nutzung als Arztpraxis genehmigungspflichtig. "Erlaubt der Vertrag die Ausübung geschäftlicher Tätigkeiten, die üblicherweise in Wohnungen ausgeübt werden, so ist nach der aktuellen Rechtsprechung die Nutzung als Ordination eines praktischen Arztes oder als Heilmasseur-Praxis gar keine Widmungsänderung und bedarf daher auch keiner Genehmigung", sagt Neugebauer-Herl.
Vom Büro zur Wohnung
In die andere Richtung braucht man für eine Umwidmung ebenfalls die Zustimmung aller übrigen Eigentümer. Da allerdings bei der Umwandlung von einer Praxis oder einem Geschäftslokal in eine Wohnung wohl kaum mit vermehrtem Lärm und ähnlichem zu rechnen ist, ist das für gewöhnlich der einfachere Weg.
"Ein Einwand wäre höchstens denkbar wenn der änderungswillige Eigentümer nach erfolgter Umwidmung auch eine Neufestsetzung der Nutzwerte begehren würde", erklärt Neugebauer-Herl. "Da nämlich der Nutzwert einer Wohnung meist geringer ausfällt als der eines Geschäftsraumes, wären die übrigen Besitzer insofern beeinträchtigt, als sich eine Umverteilung bei der Kostenaufteilung ergeben könnte. Ob dies letztlich als wesentliche Beeinträchtigung gilt, scheint aber eher fraglich."
Ein Kündigungsgrund?
Mieter haben auf die Widmung keinen Einfluss. In den meisten Verträgen ist festgehalten, dass die Räumlichkeiten ausschließlich zu Wohnzwecken genützt werden dürfen. Dennoch gibt es viele Mieter, die zu hause auch arbeiten. Wer in aller Ruhe am Schreibtisch sitzt und damit keinen stört, braucht auch niemanden um Erlaubnis zu fragen. Anders sieht es aus, wenn es regelmäßigen Kunden- oder Patientenkontakt gibt. Wer also zum Beispiel vorhat, einen Raum als Psychotherapie-Praxis zu nutzen sollte dies vertraglich vereinbaren.