Mietzinsminderung: Wenn Mieter weniger zahlen
Von Ursula Horvath
Jeden morgen wird man vom Baulärm aus dem Schlaf gerissen. Das Stiegenhaus ist voller Schmutz und Staub. Und zu allem Überfluss funktioniert tagelang die Stromversorgung nicht. Da zahlt man Monat für Monat Miete - und dann das? Als Mieter kann man solche Probleme zwar selten lösen, aber man kann weniger zahlen. Mietzinsminderung heißt das Zauberwort.
Denn der Vermieter hat dafür zu sorgen, dass die Wohnung in einem brauchbaren Zustand übergeben wird und dieser auch erhalten bleibt. Außerdem darf der Mieter nicht im Gebrauch der Wohnung gestört werden. "Kommt es zu einer Beeinträchtigung, für die der Mieter nichts kann, steht ihm eine Mietzinsminderung zu. Er kann seine Zahlungen so lange kürzen, bis der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt ist", sagt Barbara Walzl-Sirk, Wohnrechtsexpertin und Obfrau des Mieterschutzverbandes. Dieses Recht erstreckt sich nicht nur auf Mängel in der Wohnung, sondern auch auf Störungen von außen - etwa Lärmbelästigung durch andere Mieter oder den Krach von einer Baustelle.
Berechnet wird die Mietzinsminderung immer von der Brutto-Miete. Kann die Wohnung überhaupt nicht genutzt werden - weil zum Beispiel die Gasleitungen undicht sind oder die Decke einsturzgefährdet ist - muss man überhaupt keine Miete zahlen.
Wann kann ein Mietzinsminderung beantragt werden?
Doch meistens ist es etwas komplizierter: "Leider gibt es keinen Katalog, der regelt, wie viel Prozent man bei welchem Mangel oder welcher Störung einbehalten kann", so Walzl-Sirk. Wie viel gerechtfertigt ist, hängt immer vom Einzelfall ab. In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Verfahren und aus den Entscheidungen der Gerichte kann man sehr wohl Richtwerte ableiten. Eike Lindinger hat diese im Wiener Mietzinsminderungsspiegel in ihrem Buch zusammengefasst.
Hier einige Beispiele:
- Nervt der Lärm von einer Baustelle, darf man nur fünf Prozent der Miete einbehalten. Macht jedoch der Nachbar solchen Krach, dass man es als Mobbing ansehen kann, sind bis zu 15 Prozent zulässig.
- Ist die Wohnung schlecht beheizbar (Raumtemperatur von maximal 18 Grad Celsius) sind zehn Prozent Mietzinsminderung in Ordnung. Fällt die Heizung im Winter komplett aus, sind 100 Prozent vertretbar.
- Bei Schimmelbefall kommt es auf die Intensität an: Ist es so schlimm, dass die Wohnung unbrauchbar wird, ist eine Minderung um 100 Prozent erlaubt. Gibt es einen erheblichen Schimmelbefall in allen Räumen, kann man 75 Prozent der Miete einbehalten. Bei Oberflächen-Schimmel, der leicht beseitigt werden kann, hat der Mieter aber keinen Anspruch auf Mietzinsminderung.
Wie geht man am besten vor?
Wer einen Teil der Miete einbehalten will, muss dem Vermieter den Mangel oder die Störung zuerst schriftlich mitteilen und ihn auffordern, den Mangel zu beheben oder die Störung zu unterbinden. "Mit diesem Schreiben gibt der Mieter entweder die Höhe seiner Mietzinsminderung bekannt oder er teilt mit, dass er den Mietzins derzeit unter Vorbehalt weiter bezahlt und sich das Recht der Mietzinsminderung ausdrücklich vorbehält. Nur dann kann er auch eine rückwirkende Mietzinsminderung geltend machen", erklärt Walzl-Sirk.
Der Vermieter muss eine Mietzinsminderung auch dann akzeptieren, wenn er gar nichts für das Problem kann - etwa bei anhaltendem Lärm durch Bauarbeiten. Er kann jedoch eine Räumungsklage und/oder Mietzinsklage einbringen, wenn der Mieter nicht oder zu wenig zahlt. "Im Zuge dieses Verfahrens muss der Mieter dann einwenden, dass er nicht säumig ist, sondern von seinem Mietzinsminderungsrecht Gebrauch gemacht hat", erklärt Walzl-Sirk. "Dann prüft das Gericht, ob ihm dieses Recht tatsächlich zugestanden hat und ob das Ausmaß der Mietzinsminderung in Ordnung war." Ist das nicht der Fall, muss man die zu viel einbehaltene Miete bezahlen.
Buchtipp
Dieses Praxishandbuch gibt einen Überblick über die Mietzinsminderung. Mit vielen
Praxistipps und Checklisten.
Eike Lindinger
Mietzinsminderung.
Manz Verlag, 28 Euro