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Haus der Geschichte: 100 Jahre auf 60 Laufmeter

Der Weg zum Eingang des neuen „Haus der Geschichte Österreich“ (HDGÖ) ist nicht ganz einfach zu finden. Deshalb wartet Johann Moser von BWM Architekten vorsichtshalber am Beginn der langen Prunkstiege in der Neuen Burg am Heldenplatz. „Man kommt sich hier unten vor, wie ein kleiner Untertan, “ sagt Moser, „oben angekommen fühlt man sich aber erhaben.“

Lichtinstallationen und Monitore leiten die Besucher – das Museum öffnete am 10 November erstmals seine Pforten – durch die historischen Gemäuer bis in den ersten Stock zum Eingangsportal.

Das unter Denkmalschutz stehenden Prunkgebäude, Moser nennt es eine „Höhle der Monarchie“, wurde ursprünglich als Wohnhaus des Kaiserpaars geplant. Für die Ausstellungsgestaltung tut sich hier ein Spannungsfeld auf: „Die Frage war, wie man mit diesem imperialen Kontext angesichts des zeitgenössischen Selbstverständnisses des Hauses der Geschichte zurechtkommt,“ sagt Johann Moser.

Die Wiener BWM Architekten, von denen Moser einer von vier Partnern ist, gewann im Juli 2017 den EU-weit ausgeschriebenen Wettbewerb zur Ausstellungsarchitektur.

Gleich im Foyer des Museums wird das historische Ambiente aber in den Hintergrund gedrängt: Die Besucher treten auf flauschigen Teppichböden, Vorhänge baumeln von den Wänden und ein modern eingerichtetes Cafe lädt zum Verweilen ein. Johann Moser: „Wir wollten hier eine hohe Aufenthaltsqualität schaffen. Die Ausstellung ist sehr dicht, daher ist es wichtig, dass Besucher eine Pause machen können.“

Auf der relativ kleinen Fläche von 750 Quadratmetern wird die Geschichte seit dem Geburtstag der Republik am 12. November 1918 bis zum heutigen, modernen Österreich erzählt.

In diesen historisch bedeutsamen Tag stolpern Besucher regelrecht hinein: Im ersten Ausstellungsraum stehen zwei riesige Leinwände, wo Filme von den Aufmärschen am 12. November 1918 vor dem Parlament gezeigt werden. Dazu sind Straßenschilder, Plakate, Wappen und viele andere Stücke aus jenen bewegten Zeiten zu sehen. Die prunkvolle Architektur wurde belassen, weil sie gut zum Thema passt. Die Ausstellungsmöbel haben Rollen. Johann Moser, der selbst vor vielen Jahren ein paar Semester Politikwissenschaften studierte: „In diesem Raum ist alles verschiebbar. Damit symbolisieren wir, dass jene Zeit sehr unsicher und labil war.“

Die Rollen haben noch einen praktischen Nebenaspekt: Da die Ausstellung in der Burg zeitlich begrenzt ist, muss sie möglicherweise in den nächsten Jahren umziehen. Wohin, ist noch offen.

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Der Hauptraum der Schau hingegen ist als komplett neutraler Raum ohne jeglichen imperialen Prunk gestaltet. Er sieht aus wie ein modernes Museum, das auch irgendwo anders auf der Welt sein könnte: Weiße Decken, weiße Wände, weiße Böden, keine Fenster. Die Architektur soll an ein Labor erinnern, ein Geschichtslabor sozusagen. Zwei Erzählstränge lotsen Besucher durch die Geschichte: In der Raummitte gibt es sieben Themeninseln, etwa zu „Identität“, „Wirtschaft“, „Diktatur, NS-Terror, Erinnerung“, „Gleiche Rechte“ und „Grenzen“.

Bei diesen Themeninseln ziehen verschiedene Mikroinszenierungen – wie eine abstrahierte Almhütte – die Aufmerksamkeit der Besucher auf sich. Auch auf eine Selfie-Station in Form eines Sessellift-Sitzes wurde nicht vergessen. „Die Architektur weist auf ein Thema hin und soll beim intuitiven Verstehen unterstützen“, erklärt Moser.

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Ein optisches Highlight ist das Hrdlicka-Pferd, ein hölzernes Pferd, das der Bildhauer Alfred Hrdlicka aus Protest gegen den späteren Bundespräsidenten Kurt Waldheim 1986 schuf. „Die Ausstellungsgestaltung ist wie eine Filmproduktion“, meint Moser, „die verschiedenen beteiligten Leute legen ihre besten Stücke auf den Tisch und dann entstehen die Ideen gemeinsam.“ Auf der rechten Seite sind parallel zu den Themeninseln kleine Kojen zu einem 60 Laufmeter langen Regal wie bei einer Zeitleiste aufgebaut. Auffällige Neon-Jahreszahlen in Zehnjahresschritten geben Orientierung über 100 Jahre Historie.

In jeder der Kojen finden sich unzählige Materialien wie Filme, Hördokumente und Plakate zu den einzelnen Jahren. Auch Stücke wie ein alter Wurlitzer und das Kleid von Conchita Wurst beim Song Contest werden gezeigt.

2018, das letzte Jahr in der Zeitleiste, endet mit dem Thema „Demokratie in Zeiten von Social Media.“ Johann Moser, der seit 25 Jahren Ausstellungsarchitektur macht, betont: „Es war nicht leicht, die so komplexe Geschichte Österreichs zu reduzieren.“

Die Schau endet bei einer Tribüne, wo Gruppen das Gesehene nacharbeiten können. Auf einer künstlerisch gestalteten Wand dahinter prangert eine Frage, die noch beim nach Hauseweg nachwirkt: „Wofür lohnt es sich zu kämpfen?“