Wirtschaft/Immo

Künftig zwei Steuerklassen beim Erben

Vererben und verschenken an Familienmitglieder wird angeblich nicht teurer. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass der von Finanzstaatssekretär Jochen Danninger (ÖVP) zur Begutachtung verschickte Gesetzesentwurf bald vom Parlament beschlossen wird und noch vor Anfang Juni dieses Jahres in Kraft tritt.

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Entscheidend für die Höhe der Grunderwerbssteuer, die beim Verkauf, Vererben oder Verschenken von Immobilien anfällt, ist die Berechnungsbasis. Die Steuer kann nach dem realen Wert (Verkehrswert) der Immobilie berechnet werden, oder nach dem deutlich niedrigeren Einheitswert. Die Einheitswerte werden vom Finanzamt ermittelt und nur für die Berechnung von Steuern verwendet.

Zwei Steuerklassen

Für die Weitergabe von Immobilien im Familienverband soll wie bisher der niedrigere Einheitswert als Berechnungsgrundlage herangezogen werden. Der Verkehrswert gilt künftig, wenn an Fremde verkauft wird. Der Unterschied bei der Steuerbelastung ist beträchtlich:

Beispiel1: Beim Verschenken oder Vererben einer 70--Eigentumswohnung z. B. in Koblach (Vorarlberg) im Familienkreis würde bei einem Einheitswert von 11.000 Euro eine Grunderwerbssteuer von über 2123 Euro anfallen. Gerichtsgebühren und Notariatskosten sind bereits eingerechnet.

Würde die Steuer vom Verkehrswert von 180.000 Euro berechnet, würde sie inklusive aller Gebühren, Gutachter- und Notariatskosten für diese Eigentumswohnung 8146 Euro ausmachen. Die Erben müssten um gut 6000 Euro mehr an Grunderwerbssteuer an den Staat zahlen.

Beispiel 2: Bei einem Einfamilienhaus mit einer Nutzfläche von 240 auf einem 800--Grundstück in z. B. Pöttelsdorf (Burgenland) beträgt der Einheitswert 28.200 Euro. Die Grunderwerbssteuer macht daher 4323 Euro aus. Geht man bei der Abgaben-Berechnung vom Verkehrswert von 420.000 Euro aus, so müssten die Kinder 16.114 Euro an den Fiskus abliefern.

Beispiel 3: Bei einer 400--Kleingartenanlage mit einem Häuschen mit 90 Nutzfläche z. B. in Wien wurde ein Einheitswert von 16.000 Euro festgelegt. Daraus ergibt sich für die Kinder eine Grunderwerbssteuer von 2788 Euro. Deutlich höher ist die vom Finanzamt verlangte Summe, wenn der Verkehrswert von 270.000 Euro herangezogen würde. Dann müssten 11.311 Euro überwiesen werden.

Ob künftig der höhere oder weiter der niedrigere Steuersatz in der Familie zur Anwendung kommt, wird in den nächsten Wochen entschieden. Ein neues Modell zur Bemessung der Grunderwerbssteuer ist notwendig, weil das derzeit noch gültige Gesetz im Dezember 2012 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Bis Ende Mai haben die Politiker noch Zeit, ein neues Gesetz zu beschließen. Sonst wird künftig auch für die Weitergabe von Immobilien in der Familie die Steuer nach dem Verkehrswert berechnet. Das gilt natürlich auch für Unternehmen oder in der Landwirtschaft.

Neue Erbschaftssteuer

Der Präsident vom Haus- und Grundbesitzerbund, Martin Prunbauer, nennt das Szenario mit dem Scheitern des geplanten Gesetzes die "Rückkehr der Erbschaftsteuer durch die Hintertür". Das derzeitige Berechnungsmodell bringe nicht nur Wohlhabenden Vorteile, sondern der Mehrheit der Bevölkerung. "Etwa 60 Prozent wohnen in Österreich im Eigentum." Prunbauer hat ausgerechnet, dass beim Vererben eines Zinshauses in Wien die Grunderwerbssteuer nach dem Verkehrswert nahezu 50 Prozent der jährlichen Mieteinnahmen ausmachen würde.

"Wir wollen sowohl die Familien als auch die Betriebe nicht noch zusätzlich belasten", lautet die Kurzversion der Argumentation von Staatssekretär Jochen Danninger. Es stünden ja auch viele Betriebsübergaben an. "Es ist daher wichtig zeitgerecht eine Lösung für die Grunderwerbssteuer zu finden." Zumal das geplante Gesetz ja auch weniger Bürokratie bedeute.

Sollen Eltern ihren Kindern rasch die Erbschaft übertragen?
Das hängt vom Vertrauen in die Regierung ab. Wer der Regierung vertraut, wird davon ausgehen, dass das geplante Gesetz rechtzeitig beschlossen wird und sich an der Rechtslage nichts ändert. Erben in der Familie wird nicht teurer. Alle, die der Handlungsfähigkeit der Regierung kritisch gegenüber stehen, können aktiv werden. Schließlich ist das geplante Gesetz noch nicht beschlossen. Es wird von der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer kritisiert. Vor allem wird wohl jene Gruppe rasch handeln, die Immobilien an Nicht-Familienmitglieder verschenken oder vererben will. Denn eine niedrige Grunderwerbssteuer gibt es nach dem Gesetzentwurf, der ab Juni gelten soll, nur noch für die Weitergabe in der Familie.

Wer zählt zur Familie?
Die neue Regelung ist noch großzügiger als die derzeit geltende. Zur Familie zählen Ehegatten oder eingetragene Partner und Lebensgefährten, sofern es einen gemeinsamen Wohnsitz gibt. Dazu kommen Kinder und Enkel und deren Ehepartner sowie eingetragene Partner. Auf der Liste stehen auch Stief-, Wahl- oder Pflegekinder oder deren Kinder, Ehegatten oder eingetragene Partner, sowie Geschwister, aber auch Nichten und Neffen.

Ist das geplante Gesetz verfassungskonform?
Das wird sich zeigen, wenn es zu einer neuen Prüfung durch das Höchstgericht kommt. Es gibt Experten, die davon ausgehen, dass auch das geplante Gesetz aufgehoben wird. Allerdings entspricht der Entwurf den Vorstellungen von Notaren, Anwälten und Wirtschaftstreuhändern.