Bioplastik und künstliche Intelligenz: Möbelmacher Kartell wird 70
Von Julia Beirer
KURIER: Kartell feiert heuer 70-jähriges Bestehen. Was müssen Möbelhersteller heutzutage leisten, um in der ersten Liga mitspielen zu können?
Lorenza Luti: Unser Vater hat uns beigebracht, dass wir uns nicht auf unseren Erfolgen auszuruhen und auch nicht zurückzublicken sollen. Stattdessen arbeiten wir ständig an Innovationen, neuen Materialien und halten Design auch in den einfachsten Objekten hoch.
Industrielle Produktion, die Qualität und einen leistbaren Preis vereint, ist natürlich wesentlich. Mein Bruder und ich diskutieren oft, was wir bisher gemacht haben und wenn wir es besser machen können, tun wir das auch.
Kartell hat den Componibili am Salone del Mobile in Bioplastik vorgestellt. Werden in Zukunft alle Produkte aus Bioplastik gefertigt?
Wir arbeiten seit drei Jahren an diesem Material. Der Herstellungsprozess war kompliziert und viel Arbeit. Nun sind wir beinahe dort, wo wir hinwollen. Wir werden das Bio-Plastik wahrscheinlich auch in anderen Produkten einsetzen, aber das bedeutet nicht, dass die Materialien, die wir derzeit verwenden, nicht gut sind.
Das Polycarbonat, das wir verarbeiten, ist komplett rezyklierbar. Ich weiß nicht, ob die Zukunft aus Bio-Plastik besteht oder wir andere Ideen entwickeln, aber natürlich wollen wir nachhaltig sein. All unsere Objekte sind so gemacht, dass sie Begleiter für viele Generationen sind.
Mittels künstlicher Intelligenz haben Sie in Zusammenarbeit mit Philippe Starck den Stuhl „AI“ entworfen und produziert. Wie funktioniert dieser neue Designprozess?
Das war ein großes Experiment für uns und wir testen immer noch. Künstliche Intelligenz kann beim Entwerfen eines neuen Produkts eine große Hilfe sein. Normalerweise dauert der Prozess vom ersten Entwurf bis zur Marktfreigabe zwei Jahre. Künstliche Intelligenz verkürzt diesen Prozess um die Hälfte. Wir werden den neuen „AI“ Sessel Ende des Jahres launchen, haben aber erst im November letzten Jahres begonnen.
Wird Kartell in Zukunft verstärkt auf diese Technologie setzen?
Das haben wir noch nicht beschlossen, es könnte aber bei schwierigen Projekten hilfreich sein, ja.
Sie arbeiten in der dritten Generation im Familienunternehmen mit. Wie formen Sie die Marke Kartell?
Mein Großvater war sehr innovativ, was die Materialwahl betrifft. Plastik war in den 50er Jahren schließlich gerade erst entdeckt worden. Als mein Vater gekommen ist– er feiert heuer 50 Jahre im Unternehmen – hat er erstmals mit internationalen Designern zusammengearbeitet.
Für mich und meinen Bruder gilt ebenfalls, innovativ zu arbeiten und neue Lösungen zu finden, aber auch online stark vertreten zu sein. Das bringt neue Kommunikations- aber Verkaufsprozesse.
Woran arbeiten Sie gerade?
Wir launchen jetzt die Wood-Kollektion. Der Componibili aus Bio-Plastik kommt im Oktober und der „AI“ Sessel Ende des Jahres. Außerdem arbeiten wir an Produkten für den nächsten Salone del Mobile und ich veröffentliche 2020 ein Kartell-Buch.