Balkon: Entspannung oder Krise mit dem Nachbarn?
Von Ursula Horvath
Endlich: Der Wäscheständer steht nicht mehr im Wohnzimmer herum. Hose und Hemd können wieder im Freien trocknen. Natürlich ist es auch erlaubt, die Wäsche auf dem Balkon oder Terrasse zu trocknen.
Doch manche Nachbarn streiten sogar darüber: "Der Mieter in einer Wohnung im zweiten Stock hängt häufig seine Bettwäsche und Vorhänge so übers Geländer, dass beim Bewohner darunter die Lichtzufuhr beeinträchtigt ist", bringt Barbara Walzl-Sirk, Wohnrechtsexpertin des Mieterschutzverbandes ein Beispiel aus ihrer Beratungspraxis.
Dem betroffenen Bewohner hat sie geraten, zuerst das Gespräch zu suchen: "Oft ist dem Nachbarn gar nicht bewusst, welche Beeinträchtigungen mit seinem Verhalten einhergehen. Hilft ein Gespräch nicht, müsste der betroffene Mieter leider den Gerichtsweg beschreiten. Oft genügt aber auch schon die Androhung einer Unterlassungsklage."
Lärm als Klassiker
Der Klassiker unter den Nachbarschaftsstreitigkeiten ist die Lärmbelästigung: Natürlich darf man auf dem Balkon frühstücken und auf der Dachterrasse mit Freunden ein Glas Wein trinken. Wer zu lange und zu laut feiert, muss mit einer Anzeige bei der Polizei rechnen. Stellen die Beamten fest, dass der Lärm das ortsübliche Maß übersteigt, ist eine Geldstrafe fällig.
Wer sich schon auf die erste Grillparty freut, sollte vorher noch einen Blick in die Hausordnung werfen. Der Vermieter kann das Grillen draußen untersagen, wenn dadurch Brandgefahr für das Haus besteht. In manchen Hausordnungen sind auch fixe Zeiten für das Teppichklopfen festgelegt.
Doch nicht nur Lärm, auch Gerüche können zum Problem werden. Immer mehr Bewohner leiden unter Nachbars Nikotinsucht. "Ein Mieter raucht ziemlich viel auf seinem Balkon, auch in der Nacht. Dadurch wird aber der Bewohner in der darüberliegenden Wohnung massiv gestört, weil der Rauch bei seinem offenen Schlafzimmerfenster hineinzieht", erzählt Walzl-Sirk. In diesem Fall kann der Betroffene nur auf ein gutes Gespräch und nachbarschaftliches Entgegenkommen hoffen – verbieten kann man das Rauchen auf dem Balkon nämlich nicht.
Blumenkästen und Topfpflanzen zur Balkon-Behübschung sind natürlich erlaubt. Doch was auch immer gepflanzt wird – es sollte allerdings lieber in seinem Topf bleiben und die Hausmauern verschonen: "Kletterpflanzen wie Efeu oder Wilder Wein sind problematisch, weil es dadurch zu einer Schädigung der Bausubstanz kommen kann", warnt die Wohnrechtsexpertin.
Gerümpel
Mit einem Liegestuhl, Tisch und Sesseln kann man es sich am Balkon gemütlich machen. Es ist auch in Ordnung, das eine oder andere Stück draußen zwischenzulagern. Wer den Freiraum jedoch als Müllplatz verwendet, muss mit Beschwerden rechnen. Ein Bewohner hat trotz vieler Bitten sein Gerümpel nicht vom Balkon entfernt. Irgendwann gab es nicht nur Geruchsbelästigung, sondern sogar einen schlimmen Ungezieferbefall. Der Eigentümer brachte eine Räumungsklage wegen nachteiligen Gebrauchs des Mietgegenstandes ein und bekam recht. Der Mieter musste ausziehen.
Sobald es um das äußere Erscheinungsbild des Hauses geht, haben die anderen ein Wörtchen mitzureden. Mieter müssen sowieso um Erlaubnis fragen, wenn sie umbauen wollen. Aber auch Eigentümer brauchen die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer, wenn sie zum Beispiel die Loggia verglasen wollen.
"Heute wird streng kontrolliert, ob alles passt"
Der Architekt und Sachverständige, Wolgang Mayr, sprach mit IMMO über den nachträglichen Anbau eines Balkons.
Warum wünschen sich so viele einen Balkon?
Ein Balkon bringt nicht nur Freiraum, er erweitert auch den Wahrnehmungsraum: Man spürt die Witterung, sieht den Himmel. Das ist wichtig für das Wohlbefinden des Menschen.
Was ist zu tun, wenn man einen Balkon anbauen will?
Dafür ist ein Einreichverfahren bei der Baubehörde notwendig, weil sich das äußere Erscheinungsbild des Hauses ändert. Es bedarf auch der schriftlichen Zustimmung aller Haus- bzw. Wohnungseigentümer. Das ist meistens die größte Hürde. Für die Einreichung braucht man aber diese Unterschriften, die Pläne und eine Vorbemessung vom Statiker.
Wie realistisch ist es, dass ein Balkon genehmigt wird?
Es wurde viel Unfug getrieben, daher wird heute streng kontrolliert, ob alles passt. Straßenseitig, wenn sich der Balkon direkt über dem Gehsteig befinden würde, ist ein Anbau meist unzulässig. Hofseitig spricht meist nichts dagegen. Innerhalb von einem halben Jahr ab Vorlage der Unterlagen muss die Behörde das Vorhaben genehmigen oder ablehnen. Man sollte einen guten Baumeister oder Architekten haben, der sich um die Einreichung kümmert.
Wie wird ein Balkon am Haus befestigt?
In der Regel werden Klebeanker verwendet, um den Balkon am Mauerwerk zu befestigen. Im ersten Stock wird man vielleicht eine Stütze aufstellen, aber in den oberen Geschoßen wird die Konstruktion immer an der Fassade befestigt.
Mit welchen Kosten muss man rechnen?
Grundsätzlich gilt: Je schwerer erreichbar, umso teurer. Wenn man ein Gerüst aufstellen muss, kostet das mehr als ein Steiger, also Fahrzeuge mit Hebebühne. Ab 10.000 Euro geht es los, dafür bekommt man einen kleinen Balkon mit etwa fünf Quadratmetern Nutzfläche. Aber meistens muss man aus einem Fenster eine Tür machen. Und oft ist unter dem Fenster ein Heizkörper, den man erst versetzen muss. Insgesamt landet man meist bei 15.000 bis 25.000 Euro.