Alles über Genossenschaftswohnungen
Von Ursula Horvath
Sie werden von namhaften Architekten wie Albert Wimmer oder Querkraft geplant. Die meisten haben einen Balkon oder eine Terrasse. Und das Wichtigste: Sie sind leistbar. Doch nicht jeder bekommt eine geförderte Wohnung. IMMO beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wer baut Genossenschaftswohnungen und wie viele gibt es eigentlich?
"In Österreich gibt es 193 gemeinnützige Bauvereinigungen. 99 davon sind echte Genossenschaften, die andere Hälfte sind gemeinnützige Kapitalgesellschaften", sagt Eva Bauer vom Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen (GBV). Umgangssprachlich ist in beiden Fällen von Genossenschaftswohnungen die Rede.
In den vergangenen fünf Jahren wurden durchschnittlich 14.300 geförderte Wohnungen pro Jahr errichtet, mehr als die Hälfte davon Mietwohnungen mit Kaufoption. In Wien sind Neubauprojekte in den gefragten Bezirken innerhalb des Gürtels selten. Abgesehen von Projekten im zweiten (Nordbahnhof) und dritten Bezirk (Eurogate) werden die meisten geförderten Objekte außerhalb des Gürtels errichtet.
Wo findet man eine geförderte Wohnung und wer bekommt überhaupt eine?
Am besten wendet man sich direkt an den Bauträger. Eine Liste aller gemeinnützigen Bauvereinigungen gibt es beim GBV. In manchen Bundesländern wird eine bestimmte Anzahl der Wohnungen von der Wohnbauförderungsstelle oder der Gemeinde vergeben. In Wien werden etwa ein Drittel aller Objekte, die mit Wohnbauförderung errichtet wurden, vom Wohnservice Wien vergeben.
Mieter und Käufer dürfen gewisse Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Diese sind je nach Bundesland und Förderungsart unterschiedlich und liegen für eine Person zwischen rund 25.000 und rund 45.000 Euro netto pro Jahr. Je mehr Personen im Haushalt leben, desto höher ist die Grenze. Informationen gibt es bei der Wohnbauförderungsstelle des Landes.
Es kommt vor, dass Mieter innerhalb des Hauses in eine andere Wohnung umziehen. Weil dann ein neuer Mietvertrag abgeschlossen wird, werden die Einkommensgrenzen wieder überprüft.
Wie hoch ist die Miete bei einer geförderten Wohnung?
Für 75 Quadratmeter mit Balkon zahlt eine Kollegin 494 Euro Miete pro Monat. "Für eine freifinanzierte Mietwohnung mit Balkon oder Terrasse muss man mit elf bis zwölf Euro pro Quadratmeter rechnen, bei einer vergleichbaren geförderten Wohnung zahlt man etwa sechs bis sieben Euro pro Quadratmeter", so Bauer.
Dafür müssen Mieter einen Eigenmittelanteil für Grund- und Baukosten bezahlen; durchschnittlich zwischen 50 und 500 Euro pro Quadratmeter. Objekte mit einer sogenannten Superförderung kann man später nicht kaufen. Wer nach zehn Jahren Eigentümer werden will, hat nur dann einen gesetzlichen Anspruch auf den Kauf, wenn der Finanzierungsbeitrag über 60,80 Euro pro Quadratmeter liegt.
Ist es sinnvoll, die Wohnung nach zehn Jahren zu kaufen?
Hat die Wohnung eine sogenannte Miet-Kauf-Option, kann man nach zehn Jahren die Seiten wechseln und Eigentümer werden. "Man muss aber nicht selbst so lange in der Wohnung gewohnt haben. Auch derjenige, der im neunten Jahr nach der Fertigstellung einzieht, kann dann im 11. Jahr kaufen", so Bauer. Das Miet-Kauf-Modell gibt es seit über 15 Jahren, rund 40.000 Wohnungen könnten derzeit gekauft werden. "Genützt haben diese Möglichkeit aber nur 25 Prozent der Mieter ", berichtet Bauer.
Manchmal wird bereits beim Abschluss des Mietvertrages ein Fixpreis vereinbart, manchmal wird der Kaufpreis erst nach Ablauf der zehn Jahre bekannt gegeben. In jedem Fall wird davon der Eigenmittelanteil (minus einer jährlichen Abschreibung von einem Prozent) abgezogen. Die bezahlte Miete wird nicht angerechnet. "Wenn eine offenkundige Unangemessenheit vorliegt, könnte man den Kaufpreis vom Gericht überprüfen lassen. In der Praxis kommt das aber kaum vor. Ist die Wohnung zu teuer, gibt es einfach keine Nachfrage", weiß Nadja Shah, Bundesgeschäftsführerin der Mietervereinigung.
Wer nicht genug Geld auf der hohen Kante hat, sollte sich gut überlegen, ob er die günstige Miete gegen eine Kreditrate eintauscht. Kaufinteressenten sollten sich auch erkundigen, wie die anderen Bewohner vorgehen. "Wenn weniger als die Hälfte der Mieter die Wohnung kauft, bleibt die Genossenschaft Mehrheitseigentümer. Die einzelnen Eigentümer werden dann bei vielen Entscheidungen überstimmt, müssen aber bei jeder Investition mitzahlen", gibt Shah zu bedenken. "Nach zehn Jahren werden allmählich die ersten Reparaturen fällig - als Mieter fällt das finanziell nicht zusätzlich so ins Gewicht."
Bauer sieht dieses Problem nicht - im Gegenteil: "Wenn die Genossenschaft Mehrheitseigentümer bleibt, werden wenigsten Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten durchgeführt. In Eigentumshäusern ist das nicht garantiert, weil die Entscheidungs- und Finanzierungsfreude von Eigentümern begrenzt ist - vor allem, wenn sie ihre Wohnungen vermietet haben."
Was gibt es zu bedenken, wenn man wieder auszieht?
Wer auszieht, bekommt innerhalb von acht Wochen den Finanzierungsbeitrag minus einer jährlichen Abschreibung von einem Prozent zurück. "Ob man einen Nachmieter vorschlagen kann, ist Vereinbarungssache", erklärt Bauer. Oft wird den Mietern zwar kein Weitergaberecht, wohl aber ein Vorschlagsrecht eingeräumt. Manchmal bestimmt auch die Genossenschaft den neuen Mieter selbst, erlaubt aber dem scheidenden Mieter, mit seinem Nachfolger eine Vereinbarung über verbleibende Einrichtungsgegenstände zu treffen.
Grundsätzlich muss man die Wohnung nämlich geräumt und im ursprünglichen Zustand zurückgeben. Man muss also alle beweglichen Sachen entfernen - dazu gehören zum Beispiel auch die teure Einbauküche oder ein hochwertiger Sonnenschutz. Werden Möbel oder Investitionen vom Nachmieter abgelöst, sollte man diese Vereinbarung schriftlich festhalten. Für eine Ablöse muss es immer einen Gegenwert geben. Allein für die Tatsache, dass man jemanden als Nachmieter vorschlägt, darf man kein Geld verlangen.
GEWINNSPIEL
Gewinnen Sie einen Ratgeber: IMMO verlost zehn Exemplare von "Genossenschaftswohnungen". Erhältlich beim VKI, Preis: € 14,90, www.konsument.at
Schicken Sie ein eMail an immo@kurier.at oder eine Postkarte an IMMO-KURIER, 1072 Wien, Lindengasse 52. Bitte geben Sie Ihre Adresse an, die Gewinner erhalten das Buch per Post. Einsendeschluss: 25. Februar.
Weitere Informationen zum Thema
www.gbv.at
www.wohnservice-wien.at
www.akwien.at (Broschüre "Wohnrecht für Mieter von Genossenschaftswohnungen" zum Gratis-Download)