Shoppingcenter versus Innenstadt: Wettstreit um Kundschaft
Von Vanessa Haidvogl
Nach mehreren Jahren der Zurückhaltung genießen Konsumenten wieder die Vorzüge des stationären Handels. Insbesondere Lebensmittel, Kosmetik sowie Schmuck und Luxuswaren werden vor allem aufgrund des besseren Services und des Gesamterlebnisses wieder vermehrt im Geschäft gekauft. „Die physischen Geschäfte erleben ein Revival“, ist Walter Wölfler, Head of Retail, CBRE Austria betont positiv.
Luxus boomt
Trotz der Teuerung boomt die Nachfrage nach Luxusbrands. Immer mehr internationale Luxus-Händler etablieren sich in den A-Lagen der innerstädtischen Fußgängerzonen. Andere Branchen hingegen wie etwa Bekleidung oder Schuhe ziehen sich zusehends aus den Innenstadtlagen zurück. Ein Grund sind die hohen Mietpreise. So müssen Mieter zum Beispiel in der Kärntner Straße in Wien oder in der Getreidegasse in Salzburg 150 bis 200 Euro pro Quadratmeter pro Monat hinblättern. Die Spitzenmieten liegen laut dem Retailmarktbericht von CBRE sogar bei 360 Euro.Auch die Shoppingcenter und Fachmarktzentren am Stadtrand ziehen Mieter aus den Innenstädten ab.
Wie sieht also die Zukunft der Innenstädte als Shoppingzonen aus? Wir haben bei der Expertin Monika Hohenecker von RegioPlan Consulting nachgefragt.
„Wichtig ist, dass wir uns vom Gedanken der Einkaufsstädte verabschieden. Der Handel hat sich an den Stadtrand und zum Online-Handel hin verlagert. Menschen kommen nicht mehr zum Einkaufen in die Innenstadt, sondern um sich zu treffen, sich auszutauschen und etwas zu erleben. Die Innenstadt muss sich somit auf sehr wesentliche und grundlegende Funktion eines Ortszentrums rückbesinnen – Orte der Begegnung, für Kultur und Kunst, Kulinarik und Freizeitgestaltung sind gefragter denn je“, so Hohenecker.
KURIER: Welche Konzepte braucht es, um Leerstände in den Cities wieder zu füllen?
Monika Hohenecker: Für die Belebung von Leerständen ist es wichtig, die Eigentümer der leer stehenden Liegenschaften anzusprechen und mit ihnen in den Dialog zu treten. Gute Anfänge sind oft temporäre Nutzungen, für die noch keine hochwertigen Sanierungen und somit noch keine hohen Investitionen erforderlich sind. Auf solchen temporären Nutzungen kann man dann in weiterer Folge aufbauen.
Welcher Branchenmix passt in eine Innenstadt?
Das hängt von den Zielgruppen ab, die in dieser Innenstadt Angebote nutzen soll. Ortskerne mit weniger kaufkräftigem Publikum brauchen andere Angebote als beispielsweise Tourismusorte, die auch viel überregionalen Besuch bekommen. Ortskerne mit Bildungsangeboten, die viel junges Publikum anziehen, brauchen einen anderen Branchenmix als Innenstädte, die viele Angebote für Golden Ager haben. Bei der Gestaltung des Branchenmix sollte auch die Identität des Ortes und der Region eine Rolle spielen – das kann sich beispielsweise in Geschäften mit regionalen Schmankerln oder Trachtenmode zeigen.
Welche Stadt in Österreich hat die Umkehr schon geschafft?
Von einer wirklichen Umkehr sind wir noch weit weg. Für eine wirkliche Trendwende in den Ortskernen ist in Österreich der Trend zum Bauen auf der grünen Wiese noch viel zu stark vorherrschend. Positiv ist aber, dass in vielen Städten, aber vor allem auch in kleineren Gemeinden zum ersten Mal seit Jahren eine deutlich wahrnehmbare Änderung im Mindset stattfindet.
In Bregenz etwa hat Bürgermeister Michael Ritsch – auch gegen viel Widerstand – die Erweiterung der Fußgängerzone durchgeboxt und damit wesentlich zur Aufenthaltsqualität in der Stadt beigetragen. Linz und Graz zehren heute noch von ihrer Rolle als Kulturhauptstadt, als hier mutige Leuchtturmprojekte umgesetzt wurden, die bis heute gut funktionieren und beweisen, wie sehr eine Innenstadt von qualitativ hochwertigen Kulturangeboten profitieren kann.
Was ist das Fazit?
Die Umkehr startet mit vielen kleinen oder großen, einzelnen Projekten, die aufgrund ihrer Strahlkraft die Dynamik eines Ortskerns nachhaltig positiv beeinflussen können.