Wirtschaft

Ifo-Chef hält Türkei-Krise für hochgefährlich

Der Chef des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Clemens Fuest, hält die Türkei-Krise für hochgefährlich und rät dem Land dazu, Hilfen beim Internationalen Währungsfonds (IWF) zu beantragen. "Wir müssen uns massiv Sorgen machen", kommentierte Fuest im Handelsblatt vom Montag den jüngsten Absturz der türkischen Lira und die Wirtschaftsprobleme des Landes. Er sprach von einer "klassischen Wirtschafts- und Währungskrise".

Die Ankündigung von US-Sanktionen gegen die Türkei, die seit Montagmorgen gelten, seien der "Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat". Die Türken sollten nun um Hilfe beim IWF ansuchen. "Die Europäer sollten diesen Weg unterstützen." Einfache Lösungen gebe es nicht. Letztlich hält Fuest eine Zinserhöhung der Notenbank für das Richtige, die aber das Risiko einer Rezession mit sich bringe.

Wichtiger Handelspartner

"Langfristig hilft der Türkei nur ein grundlegender Politikwechsel", sagte Fuest. Es sei auch im Interesse der Europäer, einen wirtschaftlichen Absturz des Landes zu verhindern: "Die Türkei ist ein wichtiger Handelspartner." Zudem habe das Land eine große geopolitische Bedeutung. Theoretisch könnten die Europäer der Türkei auch mit Euro-Darlehen helfen und dafür Bedingungen formulieren. Angesichts der aktuellen Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan wären solche europäische Hilfen aber wohl sehr unpopulär, räumte der Ifo-Chef ein.

Was die Wirkung der Türkei-Krise für Deutschland angeht, lautete Fuests Befund: "Insofern halte ich das Problem für überschaubar." Das ökonomische Gewicht der Türkei sei dann doch nicht so groß, als dass die dortige Krise eine Rezession in Deutschland oder Europa auslösen müsse. Andererseits verschärfe die dortige Entwicklung aber eine ohnehin schon schwierige Lage für die Weltwirtschaft, die schon durch die US-Strafzölle und den Brexit belastet sei. Auch in Europa sei die wirtschaftliche Lage fragil. "Eine Stabilisierung der Türkei liegt in unserem Interesse."

Milliarden stehen am Spiel

Es geht um kleinen Beträge, die sich die Türkei rund um den Erdball bei Banken geliehen hat. Hochrechnungen zufolge soll es sich um umgerechnet knapp 194 Milliarden Euro handeln. Besonders groß ist die Zitterpartie derzeit wohl in den spanischen Geldhäusern. Sie haben laut einen Bericht der Welt eine Summe von 80 Milliarden Dollar (71 Mrd. Euro) ausständig, bei französischen Instituten soll sich der Betrag auf 35 Mrd. Dollar, bei italienischen auf 18 Mrd. und bei deutschen auf 13 Mrd. Dollar summieren.

Die italienische Bank-Austria-Mutter UniCredit bekommt weiterhin die Auswirkungen der Turbulenzen rund um die türkische Landeswährung Lira zu spüren. Die italienische Bank, die in der Türkei die Tochter Yapi Kredi kontrolliert, meldete zu Handelsbeginn an der Mailänder Börse am Montagvormittag einen Kursverlust von 2,7 Prozent auf 13,4 Euro.