Wirtschaft

Eine schmutzige Kampagne

In der Hypo erinnert man sich ungern an die Zeit nach der Notverstaatlichung im Dezember 2009. Der damalige VP-Finanzminister Josef Pröll installierte zur Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit der Bank die "CSI Hypo". Diese Expertentruppe unter dem Kommando von Wolfgang Peschorn, dem mittlerweile heftig umstrittenen Chef der Finanzprokuratur, arbeitete auf Hochtouren.

Diskretion wäre gerade bei einer Bank oberstes Gebot gewesen. Doch ständig poppten Ermittlungsergebnisse in der Öffentlichkeit auf. "Das war für das Geschäft extrem kontraproduktiv", klagt man heute noch in der Bank. Die Hypo hatte in Österreich Tausende Kunden und man rätselte über die undichte Stelle.

Der ehemalige BZÖ-Abgeordnete und Haider-Intimus Stefan Petzner will das Leck entdeckt haben. Eine Wiener PR- und Lobbying-Agentur erhielt 2010 einen Auftrag über knapp 140.000 Euro. Von der Hypo, die auch das Honorar zahlte. Tatsächlich aber seien die Auftraggeber im Kabinett des damaligen Finanzministers Josef Pröll gesessen, samt Wolfgang Pesch­orn. Sagt Petzner.

Der Agentur-Chef erklärt dazu, er sei von Ex-Aufsichtsratspräsident Johannes Ditz an einen Mitarbeiter im Ministerkabinett und von diesem an Hypo-Chef Gottwald Kranebitter verwiesen worden. Nur mit ihm habe er den Auftrag verhandelt.

"Das Kabinett des Ministers hat sich mit Sicherheit nicht in Auftragsvergaben eingeschaltet", beteuert Daniel Kapp, ehemaliger Pressesprecher von Pröll. Trotzdem durchaus möglich, dass die Agentur mit Hinweis aufs Ministerium Druck gemacht hat. Einfach, um an den Auftrag zu kommen.

Petzner, der sich zum Hypo-Aufdecker erklärt hat, fährt mit schweren Vorwürfen auf. Man habe "nicht nur Unterlagen weitergegeben, die dem Bankgeheimnis unterliegen, sondern teilweise Vorwürfe frei erfunden, um politisch Kapital daraus zu schlagen". Etwa gegen den ehemaligen Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, inzwischen rechtskräftig verurteilt (Styrian Spirit, Vorzugsaktien). Dafür habe er Zeugen, die das vor Gericht bestätigen würden.

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Im dem KURIER vorliegenden, penibel geführten Leistungsverzeichnis der Agentur (Auszüge daraus siehe Faksimile) finden sich tatsächlich seltsame Zufälligkeiten.

22. November 2010: Kulterer, gerade aus der U-Haft entlassen, kündigt für 26. November eine Pressekonferenz an.

24. und 25. November: Im Leistungsverzeichnis ist vermerkt: "Maßnahmen Kulterer".

26. November: Noch vor Kulterers Pressekonferenz berichtet das Ö 1 Morgenjournal über eine Anzeige, die am Vortag bei der Staatsanwaltschaft gegen ihn eingebracht wurde. Von der Hypo in Klagenfurt wurden 2005 rund drei Millionen Euro an die Tochter in Liechtenstein überwiesen. Die Staatsanwaltschaft habe jetzt erstmals Beweise dafür, dass Kulterer das Geld abgehoben und im Koffer abtransportiert habe.

Sowohl die Hypo als auch Kulterer wussten ganz genau, wer der Eigentümer der drei Millionen war. Durften aber wegen des Bankgeheimnisses nicht reden. Spätestens im Dezember wussten das auch die Ermittler und die CSI. Doch noch am 6. Jänner 2011 sprach Peschorn, der häufig im Leistungsverzeichnis aufscheint, gegenüber der APA von Geldwäsche.

Der KURIER enthüllte am 9. Jänner 2011, wer der wahre Besitzer des Geldes war – der Waffenindustrielle Gaston Glock. In der Agentur und in der Bank war Feuer am Dach. Dokumentiert unter Mail-Debatten wegen des KURIER-Berichts zu "Konten Glock". Am nächsten Tag wird Termin Glock/Kranebitter vermerkt. Der Hypo-Chef musste ausrücken, um den tobenden Industriellen, der stets auf Diskretion bedacht war, zu beruhigen.

Für die Bank war die Geschichte ein Desaster, sie verlor einen ihrer größten Kunden. Glock begann, seine Gelder abzuziehen, mittlerweile sind alle Geschäftsbeziehungen beendet. Das Geldkoffer-Verfahren gegen Kulterer wurde eingestellt.

Peschorn war zu keiner Stellungnahme bereit. Die Agentur erklärt, man habe nichts mit der Causa Kulterer zu tun gehabt. Der Auftrag sei vielmehr gewesen, die Bank zu schützen. Unter Finanzministerin Maria Fekter erhielt die Agentur übrigens einen Auftrag über rund 70.000 Euro. Offiziell für Medien-Beobachtung, teilweise sei aber auch Stimmung gegen die Hypo gemacht worden, wissen Insider. Was natürlich ebenfalls dementiert wird.

Petzner kündigt eine Strafanzeige einer Wiener Anwaltskanzlei an. Wegen des Verdachts auf Verletzung des Bankgeheimnisses, Amtsmissbrauch, Kreditschädigung und übler Nachrede. Gegen Peschorn, einen Kabinetts-Mitarbeiter, einen CSI-Anwalt und die ehemalige Justizministerin Bandion-Ortner. Auch das Justizministerium ist im Leistungsverzeichnis angeführt. Sowie gegen Josef Pröll. Den hat Petzner aber ohnehin schon etliche Male angezeigt, es kam nie zu einem Strafverfahren.

Seit 2009 gab die Hypo rund 250 Millionen Euro für die Aufarbeitung der Vergangenheit aus. Darunter auch für Berater, die nicht nur für die Bank, sondern zugleich auch für das Finanzressort tätig waren. Deren Kosten musste die Bank tragen, obwohl die Aufträge mehrheitlich vom Eigentümer, dem Finanzministerium, erteilt worden waren. Der Bank-Vorstand hatte bei der Auswahl der Experten oft kein Mitspracherecht.

Das Nachrichtenmagazin profil berichtet über ein Gutachten des Unternehmensrechtlers Martin Karollus, das im Fall eines U-Ausschusses erheblichen Erklärungsbedarf bescheren könne. Ein einseitiges Weisungsrecht der Republik sei rechtlich nicht gedeckt. Es könne nicht die Aufgabe der Bank sein, zitiert profil aus dem bisher in der Hypo gut verwahrten Gutachten, "auf ihre Kosten dem Bund die Aufgabe der Strafverfolgung abzunehmen".

Kritisch sieht Karollus laut profil auch die Rolle des "Sonderkoordinators" Georg Krakow, der 2012 die CSI ablöste. Krakow wurden durch einen Notariatsakt umfassende geschäftsführende Agenden eingeräumt, was im krassen Widerspruch zum Aktienrecht stehe.